Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
kräftezehrende Angelegenheit. Und wir wissen nicht, was uns am Ziel erwartet.«
»Spart Eure Kräfte, Magister«, sagte Fi und trat an die Seite Gilraens. »Meine Mutter hat mir alles beigebracht, was ich wissen muss. Außerdem wird mir Gilraen helfen. Sicher werden wir eher am Ziel sein als ihr.«
Eulertin blickte nachdenklich in Richtung Wald, dann lächelte er. »Langsam begreife ich, was du meinst, Fi. Im Namen der Feenkönigin, dann lasst uns keine weitere Zeit verlieren. Kriwa!«
Die Möwe flatterte aus der Dunkelheit heran und Eulertin schwang sich auf ihren Rücken. Dystariel gab Kai unwirsch die Mondsilberscheibe zurück.
»Verirr dich nicht zufällig, Bürschchen«, drohte die Gargyle dem Droschkenlenker. Kai blickte sich verwirrt um und stellte fest, dass er offenbar der Einzige war, der noch immer nicht verstand, welche Kräfte Fi zu Hilfe rufen wollte. »Könnt ihr mir bitte mal verraten, wovon ihr eigentlich sprecht?«
»Wir drei werden den Weg der Bäume gehen«, erklärte Gilraen kühl und begann, seine Waffen abzulegen.
Wundervolle Erklärung. Kai verstand immer noch kein Wort, doch er hatte nicht vor, Gilraen gegenüber sein Unwissen einzugestehen. Er deutete stattdessen auf das Drachenjunge.
»Und was machen wir mit ihm?«
»Tja«, sagte Magister Eulertin. »Ich denke, du wirst dich von nun an um ihn kümmern. Wer sonst? So, wie es aussieht, mag dich der Kleine«, und deutete auf das Drachenbaby, das Kai auf unsicheren Beinen hinterher watschelte.
»Ich soll mich um einen Drachen kümmern?«, rief Kai entgeistert. »Ich weiß doch gar nicht, was so ein Drache braucht. Geschweige denn, was er frisst.«
»Na, solange er noch so klein ist, reichen sicher Mäuse«, antwortete Eulertin und musterte den Kleinen interessiert. »Komplizierter wird es erst später. Warum betrachtest du das Ganze nicht einfach als großes Privileg, Junge? Es ist viele hundert Jahre her, seit sich ein Drache das letzte Mal einen Magier als Vertrauten ausgewählt hat.«
»Als Vertrauten?« Kai starrte fassungslos auf die kleine Feuerechse herab, die ihn noch immer unverwandt anstarrte und aufgeregt mit den Flügelchen schlug. »Wie niedlich«, rief Fi. »Schau, der Kleine scheint zu spüren, dass du aufbrechen willst.«
»Tut nicht alle so, als wäre das bereits beschlossene Sache«, brauste der Zauberlehrling auf und deutete abwehrend auf das Drachenbaby, das ihn erwartungsvoll anstarrte. »Und du, Kleiner, bleib schön dort am Feuer liegen.«
Irgendwie schien der Drache die Geste misszuverstehen. Denn kaum hatte Kai den Finger ausgestreckt, entfaltete dieser seine rotgoldenen Schwingen und stieß sich vom Boden ab. Der kleine Drache flatterte auf ihn zu und krallte sich in seinen Arm. »Aaauutsch«, fluchte Kai und so, als spürte der kleine Drache, dass er ihm wehtat, zog er seine Krallen wieder ein und schmiegte sich an ihn. Zwei warme Rauchkringel wallten vor Kais Gesicht herum und er fächelte sich missmutig frische Luft zu. »Ich glaube, er hat Hunger, der arme Kleine«, sagte Fi. »Außerdem solltest du herausfinden, wie er heißt.«
Kai stellte überrascht fest, dass auch Fi ihre Waffen abgelegt hatte und nun dabei war, ihre Kleider auszuziehen. Gilraen war bereits bis auf seine Beinkleider nackt und nestelte am Gürtel.
Verwirrt blickte der Zauberlehrling die beiden an. Sie hatten doch nicht etwa vor, sich komplett auszuziehen ?
»Na, dann wollen wir mal«, sagte Eulertin, räusperte sich und gab Kriwa und Dystariel das Zeichen loszufliegen. »Wir treffen uns in ein paar Stunden am Hexenpfuhl. Wartet in der Nähe des Ufers. Dystariel wird euch finden.«
»Magister?«, wandte Kai schwach ein, doch Möwe und Gargyle erhoben sich bereits und schwangen sich zum Nachthimmel auf. Er sah ihnen nach, bis sie in der Dunkelheit verschwunden waren.
»Äh, was habt ihr jetzt vor?«, fragte Kai und versuchte Fi nicht zu offensichtlich auf ihre Brüste zu schauen. Gilraen stand längst nackt neben dem Lagerfeuer und zeichnete sich gelassen mit einem rußigen Stück Holz wellenförmige Linien auf Arme und Beine. Betroffen starrte Kai die hässlichen Narben an, die den Körper des Elfen entstellten. Waren das etwa die Spuren, die Morgoyas Folterer hinterlassen hatten ? »Um eine Dryade anzulocken«, erklärte Fi, »muss man sich ganz dem Mondlicht hingeben.«
»Eine Dryade?«
»Ein Baumgeist, Zauberlehrling«, antwortete Gilraen in herablassendem Tonfall. »Dryaden sind außerordentlich freiheitsliebende
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