Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
hatte.
Fi stand am Rande eines wagenradgroßen Felsens, umringt von fünf Elfen, die ihnen bereits in der Nacht sehr geholfen hatten. Sie trug den Glyndlamir offen vor der Brust und lächelte, als sie Kai sah. Die fünf Elfen traten zurück. Auch sie verneigten sich vor ihm. Kai nickte ihnen zaghaft zu.
»Kannst du ihnen nicht sagen, dass sie das lassen sollen?«, bat er leise. »Unmöglich, Kai.« Fi schüttelte den Kopf. »Du bist bereits zu einem Teil unserer Lieder geworden. Und jetzt bitte alle Schicksalsmächte darum, dass mein Volk heute Nacht wieder an Kraft gewinnt. Es ist gleich so weit.«
Sie kletterten auf den Felsen. Das unruhige Flüstern in der Senke wich erwartungsvoller Stille. Längst lag die Ebene tief verschattet vor ihnen und so entzündete Kai am Ende seines Zauberstabes eine Flamme, die weithin sichtbar war.
Fi hielt den Leuchtstein in den Händen und sie warteten. Endlich begann der Bergkristall zu schimmern. Sein Licht war wie immer angenehm. Friedlich, ruhig und silbern mit einem Stich ins Goldene. Es erfüllte das Tal bis zum Tor der Mine. Ein Raunen aus Hunderten Kehlen erhob sich um sie herum. Manche der Elfen kamen wankend auf die Füße und deuteten ungläubig auf die Quelle des hellen Scheins, andere begannen in Tränen auszubrechen und hielten sich aneinander fest. Es gab keinen, den der Anblick des Unendlichen Lichts unberührt ließ.
»Berchtis und alle Schicksalsmächte, bitte helft diesem gepeinigten Volk!«, flüsterte Kai ergriffen. Er sah zu Fi und fasste sie an der Hand. Da bemerkte er, dass sich auf dem Glyndlamir ein Frauengesicht zeigte, das er nur allzu gut kannte. Es war jung und schön, doch in seinen Augen spiegelte sich die Weisheit von Jahrtausenden. Die Feenkönigin Berchtis! Eine Flüsterstimme war zu hören. »Euer Schicksal wird sich nun erfüllen, Kind des Unendlichen Lichts. Für jeden von euch!«
Das Bild wechselte und das stolze Einhorn erschien. Der Elfenkönig neigte vor ihnen das mit dem goldenen Horn gekrönte Haupt. Im nächsten Moment war die Erscheinung verschwunden.
Das Mondsilberamulett begann im Licht des Bergkristalls seltsam bunt zu funkeln. »Fi, siehst du das?«, flüsterte Kai und griff nach dem Glyndlamir.
Fi wandte den Blick von ihrem Volk ab und starrte verwundert auf ihre Brust. Doch bevor sie einen Laut von sich geben konnte, erfüllte ein Grollen die Wolkendecke über dem Gebirge, als nahe ein Sommergewitter. Die Nebel rissen auf und zum erstenMal seit zwanzig Jahren war wieder der Himmel über dem Gebirge zu sehen. Er leuchtete schwach im Licht der am Horizont versinkenden Sonne und der Mond und einige wenige Sterne waren zu sehen.
Die Elfen vor ihnen reckten die Köpfe, und abermals erhoben sich überall im Tal staunende Rufe. Ein gewaltiger Regenbogen formte sich weit über ihnen. Er brach aus einer der Wolken hervor und wanderte langsam hinab zum Tal.
Kai riss verblüfft die Augen auf.
»Beim Traumlicht!«, rief Fi begeistert. »Die Regenbogenbrücke ! Sie ist uns Elfen schon einmal erschienen. In den Liedern heißt es, sie habe meine Vorfahren zum Einhornwald geführt. An seinem Ende liegt der Lunamon. Jetzt weiß ich, wie wir den Traumsee erreichen.«
Fi lachte Kai an, dann sprang sie vom Felsen. Sie rannte quer durch die Reihen ihres Volkes und rief ihre Brüder und Schwestern dazu auf, dem Licht des Regenbogens zu folgen. Kai, der dem Geschehen mit fassungslosem Staunen zusah, bemerkte, dass immer mehr Elfen Fis Aufforderung folgten und ihre Füße auf das bunte Licht der Brücke setzten. Unaufhörlich strömten weitere Gruppen auf den Regenbogen zu. Wer nicht stark genug war, der wurde gestützt. Irgendwannhatte sich ein langer Treck gebildet, der dem Licht hinauf zu den Wolken folgte. Die Talsenke leerte sich langsam. Kai wusste nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Doch nun sprang er ebenfalls vom Felsen herab und sah mit an, wie die letzten Elfen den Regenbogen betraten. Zurück blieb allein Fi, die wartete, bis Kai heran war. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Noch nie hatte Kai seine hübsche Gefährtin so glücklich gesehen. »Ich danke dir, Kai. Für alles.« Sie blickte ihm tief in die Augen und Kai wurde ganz schwindelig zumute.
»Geh ruhig, Du musst dein Volk heilen.« Kai schluckte.
Fi nickte und umfasste Bergkristall und Mondsilberamulett. Ihr Lächeln machte einem überaus feierlichen Gesichtsausdruck Platz. Noch immer blickte sie ihn an und Kai war, als würde sie auf etwas
Weitere Kostenlose Bücher