Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
als es die Welt erschaffen hat«, sagte Kai.
Ja, man nennt diesen Ort die Quelle des Unendlichen Lichts.
»Und Morgoya will sie verderben?«
Allein darum geht es den Schatten. Morgoya ist nur ihr Werkzeug, um Zwist und Hader in die Welt zu tragen. Die Schattenmächte haben sie verführt und ihren verderbten Keim in sie gelegt, so wie die dunklen Kräfte es schon immer gehalten haben. Denn nur auf diese Weise können die Schattenmächte Einfluss auf die Welt ausüben.
»Das heißt«, rätselte Kai, »dass ich dafür sorgen muss, dass die Quelle des Unendlichen Lichts unberührt bleibt?«
Richtig, antwortete der Hengst ernst. Doch du stehst bei alledem nicht alleine. Erinnerst du dich, was ich dir über die jüngeren Völker sagte, damals als die älteren Wesen um die Vorherrschaft in der Welt rangen ?
»Ja, ich erinnere mich. Diese Epoche muss fürchterlich gewesen sein. Die Drachen eroberten die Welt und jagten die jüngeren Völker, wo sie sie finden konnten. Die Trolle haben sich angeblich in die Berge geflüchtet, die Zwerge errichteten ihre Städte unter der Erde und all den anderen blieb nichts anderes übrig, als sich zu verstecken oder sich der Macht der Drachen zu beugen.« Kai dachte daran, was Fi ihm erzählt hatte. »Von den Elfen habe ich gehört, dass sie lernten mit ihren Gesängen das Mondlicht zu weben, um sich so vor den Drachen zu verbergen.«
Das Einhorn nickte. Von jenen Tagen möchte ich dir nun berichten, Kind des Unendlichen Lichts.
Der stattliche Hengst deutete mit seinem Horn auf den Wald. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung glitten die Bäume jenseits der Lichtung wie ein Vorhang auseinander, um Kai den Blick auf weit zurückliegende Geschehnisse zu ermöglichen.
Kai atmete scharf ein. Vor ihm erschien eine verwüstete Waldsiedlung, die aus kunstvoll errichteten Pfahlbauten und lichten Baumhäusern bestanden hatte. Über ihr zogen majestätische Drachen ihre Kreise. Die Siedlung brannte. Dichte Rauchschwaden verfinsterten die Luft und überall waren die verkohlten Leichen von Elfen zu sehen. Männer, Frauen und Kinder.
So wie all die anderen jüngeren Völker, erklärte das Einhorn, waren auch die Elfen nahezu schutzlos der Drachenmacht ausgeliefert. Damals lebten die Elfen noch an Flüssen und auf Auen weit über den Kontinent verteilt. Und noch heute erinnert manch ein Ortsname an ihre einstigen Bewohner.
»Ich glaube, ich kenne einen dieser Namen«, sagte Kai niedergeschlagen. »Die Elbe! Elb ist doch ein alter Name für Elf, richtig? Das heißt, früher lebten Elfen an diesem Flusslauf?«
Das Einhorn nickte und scharrte unruhig mit den Hufen. Die schreckliche Szenerie zerlief vor Kais Augen und machte einer sternenklaren Nacht Platz. Vor ihm tat sich eine große Waldlichtung auf, auf der zahlreiche Elfen zusammenströmten. Die meisten von ihnen waren wie Jäger gekleidet, doch geführt wurden sie von Elfen in festlichen Gewändern, die ihrerseits golden strahlenden Lichtpunkten folgten, die so erhaben wirkten, wie die Sterne am Himmelszelt! Herrje, Kai entdeckte, dass es sich bei diesen Lichtern um winzig kleine Geschöpfe handelte, die den Gruppen voranschwebten. Feen!
Von den jüngeren Völkern, fuhr das Einhorn fort, waren die Elfen die ältesten. So riefen sie jene Wesen zu Hilfe, die heute wie damals so ursprünglich sind, wie in jenen Tagen, als das Unendliche Licht sie erschuf:die Feen. Denn die Feen leben und wirken dort, wo der Traum noch nicht Wirklichkeit, die Wirklichkeit aber kein Traum mehr ist. Ihnen vertraute sich das Volk der Auen und Wälder als Lehrmeister an und von ihnen lernten die Elfen, das Mondlicht zu weben. Doch die Drachen verfügten ebenfalls über die Gabe der Magie und so begann ihre Jagd aufs Neue, nur dauerte sie jetzt länger.
»Befand sich unter diesen Feen auch die Feenkönigin Berchtis?«, wollte Kai wissen. Ja, antwortete das Einhorn. Die Feenkönigin, wie du sie nennst, ist die Wundersamste und Rätselhafteste unter ihnen. Den Titel Königin haben ihr die anderen Völker verliehen. Sie selbst würde sich nie so bezeichnen. Berchtis war es, die den Elfen erstmals von der Quelle des Unendlichen Lichts erzählte. Auf ihr Geheiß hin versammelte der weiseste unter den Elfen sein Volk um sich.
Kai sah mit an, wie ein besonders stattlicher Elf einen Baumstumpf bestieg und seine Arme ausbreitete, um zu seinem Volk zu sprechen. Er trug ein schlichtes, heiles Gewand und sein lockiges, sonnenhelles Haar umspielte ein kühnes Profil.
»Das
Weitere Kostenlose Bücher