Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
rings um sie herum aufragten. Bislang hatte er bereits sieben zählen können und soeben schälte sich hinter einer Barackenzeile ein achter Turm aus dem Dunst. Wie sollten sie da diesen verdammten Sternenturm mit der Schatzkammer finden, von dem ihnen Matiz berichtet hatte?
Unvermittelt kam ihr Gefangenentransport zum Stehen und Kai stolperte gegen Fi. Koggs, der ganz vorn lief, war gestürzt. Oder hatte er sich bewusst fallen lassen? Bevor ihre beiden Führer reagieren konnten, war Dystariel bei ihm und stellte den Klabauter unsanft wieder auf die Füße. »Na, verlässt dich der Mut, elender Schmuggler? Ich kann dir gern jetzt schon den Wanst aufreißen.«
Koggs flüsterte ihr etwas zu, was Kai nicht verstand, doch Dystariel zeigte mit keiner Regung, ob sie ihn gehört hatte. Dafür knuffte Fi leicht gegen Kais Brust und machte ihn mit dem Kinn auf ein altes Backsteingebäude mit löchrigem Schieferdach aufmerksam. »Das muss dieses Brunnenhaus sein, von dem Matiz gesprochen hat«, hauchte sie. »Merk dir, wo es steht.«
Kai sah sich verzweifelt um. Wie denn ? Er hatte schon jetzt Probleme, sich in dieser Burganlage zurechtzufinden.
»Und jetzt weiter, ihr dreckigen Hunde«, röhrte die Gargyle. Doch kaum hatten sie sich wieder in Bewegung gesetzt, ließ sie die drei abermals anhalten.
»He, ihr beiden«, machte sie die Soldaten auf sich aufmerksam. »Ich habe mich anders entschieden. Wir bringen das Gewürm doch erst in den Kerker.«
»Wie Ihr wünscht, Herrin.«
Die Männer änderten die Richtung und marschierten auf einen Turm zu, vor dem zwei weitere von Morgoyas Soldaten Wache hielten. Als die beiden Dystariel im Nebel auf sich zustapfen sahen, straffte sich ihre Gestalt und sie nahmen Haltung an. »Neue Gefangene!«, röhrte die Gargyle.
Die Soldaten streiften die vermeintlich Gefesselten mit geringschätzigen Blicken. »Ist einer von ihnen für die Rattengrube bestimmt oder wollt Ihr erst zum Kerkermeister geführt werden?«
»Bringt uns zum Kerkermeister«, antwortete Dystariel.
Die Soldaten führten sie durch einen beklemmend niedrigen Gang. Von irgendwoher waren gedämpfte Schreie zu hören, die vom rhythmischen Klatschen einer Peitsche begleitet wurden. Nachdem sie sich an Wachstuben und vergitterten Türen vorbeigeschoben hatten, erreichten sie eine ausgetretene Steintreppe, die tiefer hinab zu den Verliesen führte. Verbrauchte Luft schlug ihnen entgegen, die nach Schweiß und Blut roch. Sie gelangten in ein großes Tonnengewölbe: die Folterkammer. In einer Ecke stand eine eiserne Jungfrau, auf Bänken und Schemeln lagen Zangen, Messer und Daumenschrauben, und nur wenige Schritte von der Tür entfernt glühten Kohlen in einer Wanne. Sie wurden von einem Hünen mit einem Blasebalg bearbeitet, dessen Kopf im Gegensatz zum restlichen Körper seltsam klein und deformiert wirkte. Der Mann sah auf und glotzte ihnen schwachsinnig entgegen. Als er die Gargyle sah, stieß er ein debiles Lachen aus. »Herrrrin ... Herrrin ...«
»Wo ist Meister Atax?«, sprach ihn einer der Soldaten mit schneidender Stimme an. »Ataksch kommt gleich«, lallte der Folterknecht und entblößte dabei faulige Zahnstummel. »Holt 'nen Neuen.«
Aus einem der Nachbargänge ertönten Schritte. Im roten Licht der Kohlen tauchte zu Kais Bestürzung ein dickbäuchiger Zwerg mit verfilzten Haaren und Lederschürze auf, der grob einen verschmutzten und ausgehungert wirkenden Mann vor sich her stieß. Die Hände des Mannes waren gefesselt und in seinem Mund steckte ein Knebel, doch als er die Gargyle sah, riss er panisch die Augen auf.
»Sieh an, hoher Besuch?«, schnarrte der Zwerg und stieß den Gefangenen unsanft zu einer Streckbank, vor der er der Länge nach hinschlug. Der Foltermeister musterte Dystariel fragend. »Was verschafft mir die Ehre, Herrin? Es kommt nur selten vor, dass mich hier unten jemand aufsucht.«
Dystariel bleckte die Reißzähne und Kai bemerkte, dass sie die Folterkammer unauffällig musterte. Zusammen mit dem Zwerg und seinem Gehilfen hatten sie es mittlerweile mit sechs Gegnern zu tun. Verflucht, was hatte Dystariel vor? »Sagt nur, Ihr müsst Euch hier ganz allein um die Gefangenen kümmern?«, röhrte sie in gespieltem Interesse.
»Na ja, früher waren wir mehr, aber es ist eben Krieg. Und jetzt sagt mir, was Ihr wollt. Ich muss diese Made befragen.« Der seltsame Zwerg gab seinem schwachsinnigen Gehilfen ein Zeichen, den Gefangenen vom Boden aufzulesen und auf der Streckbank festzumachen. »Was
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