Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
seinen gespenstischen Kürbisschädel. »Nur ist das, nach allem was in Geisterkreisen geraunt wird, eine ziemlich unangenehme Sache. Etwa so, als würde man Euch durch den Fleischwolf drehen und dann in eine Pelle pressen.«
»Ha«, meinte Koggs tatendurstig. »Endlich mal ein vernünftiger Vorschlag.« Kai und Fi blickten sich skeptisch an.
»Aber«, Quiiiitsss sah Kai an, »ich will, dass Ihr ehrlich zu mir seid. Glaubt Ihr, dass die Schicksalsmächte dies als selbstlose Tat anerkennen werden? Ich meine, wenn es mir gelingt, wird mir das große Schmerzen verursachen.«
»Ich weiß es nicht«, meinte Kai und sah sich zu Fi um. »Selbstlos ist eine Tat nur dann, wenn man nicht ständig seinen Vorteil im Auge behält. Außerdem kommt es mir so vor, als würden wir mit deinem Vorschlag Wege beschreiten, auf die wir uns besser nicht einlassen sollten.«
»Du hast dich bereits auf sie eingelassen, seit wir beide uns kennen, Flamme«, röhrte Dystariel. Kai blickte sich gequält zu ihr, Stenzel und Quiiiitsss um. Inzwischen bestand die Hälfte ihrer Gruppe aus Gefährten, vor denen jeder normale Mensch schreiend davonlaufen würde. War bei alledem bereits der dunkle Keim der Prophezeiung wirksam, den ihm Aureus von Falkenhain in Colona vorgehalten hatte? »Versuche es, Quiiiitsss«, seufzte er schließlich. »Ich sehe keine Alternative.« Der Poltergeist gab ein sphärisches Zischen von sich, stieg über dem Körper des Hexenmeisters auf und verdichtete seinen Geisterleib zu einem Wirbel, der sich mit einem saugenden Geräusch in den Brustkorb des Bewusstlosen bohrte. Es dauerte eine Weile, dann ruckte der Kopf des Hexenmeisters hoch. Die Augäpfel waren verdreht, sodass nur noch das Weiße zu sehen war.
»Es ist schwieriger, als ich dachte«, lallte Schwarzmantel mit seltsam veränderter Stimme. Fi löste auf einen Wink von Kai hin die Fesseln des Hexenmeisters und band Hauptmann Eiron an einem Tischbein fest. Kai hingegen hielt sich zum Zaubern bereit. Mit einem Ruck setzte sich der Hexenmeister auf, verdrehte die Augen und glotzte mit schief gelegtem Kopf seine ausgestreckten Arme an. Prüfend bewegte Quiiiitsss die Finger. »Ich ... ich fühle wieder etwas. Fast so wie zu Lebzeiten. Aber es ist ... schwierig. Wenn jemand so freundlich wäre, mir aufzuhelfen.«
Koggs und Bilger traten heran und richteten den Körper des Zauberers auf. Zitternd blieb dieser im Raum stehen.
»Kannst du gehen?«, fragte Kai.
Staksend machte Quiiiitsss einen Schritt vorwärts. Und dann noch einen und noch einen. Einmal knickte Schwarzmantel fast ein, doch der Poltergeist brachte den bewusstlosen Körper schnell wieder unter Kontrolle. Der gefürchtete Hexenmeister wirkte jetzt wie eine übergroße Marionette, die an verdrehten Fäden hing. Die beiden Klabauter traten zurück, während Quiiiitsss unter triumphierendem Lachen auf die Geheimtür zuwankte.
»Ich kann gehen!«, krächzte er begeistert. Sogleich krachte er gegen den Türrahmen und stürzte schwer zwischen die am Boden liegenden Regalteile. Hastig eilten Secretarius Stenzel und Dystariel heran, um den Gestürzten wieder aufzurichten. »Wie soll das erst bei den Treppenstufen werden«, knurrte die Gargyle. Im zweiten Anlauf schaffte es Quiiiitsss endlich, sich durch die Öffnung in der Wand zu schieben und mithilfe von Kai und Fi Schritt für Schritt die Treppe emporzusteigen. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch die Kontrolle behalte«, stöhnte Quiiiitsss. »Die Glieder des Hexenmeisters werden plötzlich so merkwürdig taub.«
»Halte durch«, antwortete Kai mit gepresster Stimme. Es war völlig absurd, was sie hier taten. Kurz darauf standen sie vor der steinernen Tür zur Schatzkammer. Mit einer ungelenken Bewegung wuchtete Quiiiitsss den rechten Arm empor, sodass die Hand schwer gegen die mondsilberne Fratze klatschte.
»Aufmachen!«, würgte der Poltergeist hervor. Der magische Türwächter öffnete seine Metallaugen und starrte den Hexenmeister prüfend an.
»Passwort«, murrte die Fratze. »Und nehmt gefälligst Eure Finger aus meinem Gesicht. Hässlich genug, wie Ihr zugerichtet seid.«
»Roastbeef, Plumpudding und Schwarzbier«, leierte der Poltergeist mit schwerer Zunge. Der Arm rutschte wieder nach unten und blieb schlaff neben Schwarzmantels Körper hängen.
»Wie bitte?«, flüsterte Kai. Auch Fi blickte irritiert.
»Ich kann nichts dafür«, lallte Quiiiitsss leise, der sichtlich Mühe hatte, weiterhin aufrecht zu stehen.
Die Mondsilberfratze
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