Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
schloss zufrieden die Augen und mit einem kratzenden Geräusch glitt die Steintür beiseite. Im Zwielicht jenseits der Türöffnung konnten sie Vitrinen und einige aufgestapelte Kisten erkennen.
Schnell schoben Kai und Fi den Hexenmeister in die offene Kammer und konnten doch nicht verhindern, dass Quiiiitsss abermals stolperte. Der Länge nach stürzte Schwarzmantel über eine Truhe und blieb seltsam verrenkt am Boden liegen. Hastig drängten hinter ihnen nun die beiden Klabauter in den Raum, denen Dystariel und dann auch Secretarius Stenzel folgten. Der Hexenmeister röchelte und über seinem Brustkorb manifestierte sich Quiiiitsss. Selbst für einen Poltergeist wirkte er jetzt elend und transparent.
»Passt auf!«, klagte er mit hohler Stimme. »Er kommt zu sich ...«
Tatsächlich zuckten bereits Schwarzmantels Augenlider.
»Nein, kommt er nicht.« Koggs trat kurzerhand neben ihn und schlug ihm den Knauf seines Säbels über den Schädel. »Und wenn, dann nur mit starken Kopfschmerzen.« Während der Klabauter den Hexenmeister erneut fesselte und knebelte, flackerten an den Wänden goldene Lampen in der Gestalt majestätischer Drachen auf. Ganz im Gegensatz zu den Leuchten unten im Turmaufgang verbreiteten sie ein warmes, angenehmes Licht. Offenbar ein Relikt aus besseren Tagen.
Aufmerksam schauten sie sich um.
Ganz so, wie Quiiiitsss es bereits angedeutet hatte, waren die Wände der Schatzkammer mit undurchdringlichen Platten aus Titanenerz ausgekleidet. Zwischen den Leuchtern hingen herrliche Wandteppiche mit heroischen Motiven. Der Anblick, den der Rest der Kammer bot, war eher ernüchternd. In der Raummitte waren eine Vielzahl von Kisten und Truhen aufgestapelt und an den Wänden standen glitzernde Kristallvitrinen, die jedoch allesamt leer waren.
»Die Kammer ist so gut wie leer«, murmelte Kai enttäuscht.
»Ich weiß ja nicht, wonach Ihr genau sucht, junger Feuermagus«, antwortete Secretarius Stenzel mit brüchiger Stimme und trippelte unruhig auf seinen Spinnenbeinen. »Aber, ich hoffe, Ihr wart nicht so kühn zu glauben, dass Ihr hier noch viel finden würdet. Morgoya ist es bereits vor ihrer Machtübernahme auf unbekannte Weise gelungen, in den Sternenturm einzudringen. Das war kurz nachdem ihr der Sonnenrat die Aufnahme in den erlauchten Kreis verweigert hat.«
Der Sonnenrat. Kai wusste von dieser geheimnisvollen, albionschen Institution nur, dass es sich bei ihm um einen Kreis an königlichen Beratern gehandelt hatte, der seit Sigur Drachenherz' Zeiten aus Feuermagiern und Elfen bestand. Und er erinnerte sich noch gut an Fis Worte, nach denen das Amulett Glyndlamir Morgoya bei der Aufnahmezeremonie verbrannt hatte. Dass die Nebelkönigin es damals überhaupt gewagt hatte, um die Aufnahme im Sonnenrat zu ersuchen, erschien ihm noch immer rätselhaft.
»Sie hatte damals schon einige gefährliche Gegenstände aus dieser Kammer entwendet«, fuhr Stenzel fort. »Es bleibt zu mutmaßen, dass es ihr erst mit ihrer Hilfe möglich war, König und Sonnenrat zu stürzen. Und auch nach ihrer Machtergreifung war sie mehrmals hier und hat mitgenommen, was ihr nützlich schien.« Kai ließ sich mutlos auf eine der Kisten sinken. Natürlich. Wie hatte er nur so naiv sein können. Fi trat neben ihn und legte ihm mitfühlend einen Arm auf die Schulter. »Das heißt, der Lapis elementarum ist fort?«, fragte er mit schwacher Stimme und wusste sogleich, wie Stenzels Antwort ausfallen würde.
»Das also habt ihr hier gesucht.« Der Secretarius rückte sich verlegen die Nickelbrille zurecht. »Dieses Artefakt gehörte sogar zu jenen Objekten, die Morgoya als Erstes aus der Kammer entwendet hat. Zusammen mit Murguraks Rabenkralle und Parlokeias Geisterschädel.«
Murgurak und seine Rabenkralle kannte Kai, doch von diesem Geisterschädel hatte er noch nie gehört.
»Wer war diese Parlokeia?«
»Ach«, Stenzel winkte ab. »Eine schreckliche Geisterbeschwörerin, die vor langer Zeit in den Schratzacken ihr Unwesen trieb. Mit dem verfluchten Schädel lassen sich die Geschöpfe des Schattens in großer Zahl an einen Ort binden. Ich dachte bislang, Ihr wärt gekommen, um nach etwas zu suchen, was Euch von Morgoyas Truppen gestohlen wurde. Die Kisten, auf denen Ihr sitzt, sind voll mit Plündergut vom Kontinent. Es oblag dem Hexenmeister, sie zu sichten und zu katalogisieren.«
»Plündergut?« Erstmals fasste Kai die Kisten näher ins Auge. Sie wirkten relativ schlicht, aber ihr Inhalt konnte vielleicht wertvoll
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