Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
geworfen zu werden, was gewiss passieren würde, wenn herauskäme, dass es keinesfalls nur Salz ist, das Ihr auf Euren langen Wegen transportiert. Die Grausamkeit der Königin kann schrecklich sein, selbst für einen Engel wie Euch. Doch es muss nicht so weit kommen. Begleitet meine Freunde und mich, und Ihr braucht die Garde nicht zu fürchten.«
»Und woher weiß ich das?«, gab Mochanon zurück. »Wer sagt mir, dass Ihr mich nicht verpfeift, sobald Ihr Euer Ziel erreicht habt? In Euch steckt mehr, als man auf den ersten Blick sieht, glaubt nicht, dass ich das nicht merke. Nein, alter Mann, so einfach ist das nicht. Angenommen, Ihr seid richtig informiert und ich würde mich tatsächlich dazu herablassen, ein altes Klappergestell wie Euch mitsamt seiner jämmerlichen Gefährten auf diese Reise mitzunehmen – Ihr seid vielleicht wahnsinnig, aber doch nicht so sehr, dass Ihr glaubt, ich täte das für nicht mehr als Euer Wort.« Damit wollte er den Stuhl zurückschieben, aber ehe er aufstand, warf Hadros etwas Glitzerndes vor ihm auf den Tisch. Nando hörte den hellen Ton, als es auf dem Holz aufkam, aber ehe er auch nur einen Blick darauf werfen konnte, schnellte Mochanons Hand vor und umfasste das Glitzerding mit der Faust. Nur schwach brach grünes Licht durch seine Finger. Mochanons Augen glühten unter dem Lächeln, das sich nun auf seine Lippen stahl. »Damit seid Ihr mein Auftraggeber«, raunte er kaum hörbar. »Sollte die verfluchte Garde uns auf die Schliche kommen, werde ich nicht der Einzige sein, der die Grausamkeit der Königin kennenlernt – ich hoffe, das ist Euch bewusst.«
Hadros neigte den Kopf zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Die grüne Glut flammte verlockend über Mochanons Gesicht, und Nando rechnete schon damit, dass er den kostbaren Gegenstand in seiner Tasche verschwinden lassen und Hadros’ Hand schütteln würde, um den Handel abzuschließen. Aber gerade als Erleichterung in ihm aufstieg, wandte Mochanon sich ab und musterte Hadros’ Gefährten. Zuerst betrachtete er Avartos, das spöttische Lächeln glomm auf seinen Lippen auf, und Nando konnte die Kälte fühlen, die Avartos ausströmte, als müsste dieser sich mit aller Kraft davon abhalten, Mochanon das arrogante Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Dann schaute er Noemi an, offensichtlich gefiel ihm der abwehrende Trotz in ihren Augen, denn der Spott verlor sich auf seinen Zügen und wich einem gelassenen Wohlwollen. Bei Kayas Anblick nickte er nur, und dann fixierte er Nando.
Dieser verstärkte den Wall um seine Gedanken, sodass Mochanon nur mühsam tiefer dringen konnte. Dennoch grub sein Wille sich durch Nandos Schutz, Stück für Stück näher an die Wahrheit, und ehe Nando genauer darüber nachgedacht hatte, ließ er das Licht seines Oreymons auflodern und drang auf dessen eisigen Schwingen umgekehrt hinter Mochanons Fassade vor. Dessen Antlitz flackerte vor ihm, als würde sich unter wehenden Tüchern ein anderes Gesicht verbergen – eines aus Feuer, Fleisch und Tränen. Nando fuhr zurück, kurz nur hatte er in die halb verbrannte Fratze eines Engels gesehen, aber dieser Moment hatte ausgereicht, um ihm eines deutlich zu zeigen: Mochanon kannte das Feuer, und das gesunde Fleisch, das sich über seine Haut zog, war nicht mehr als eine Maske.
Mochanon erhob sich ruckartig und hielt den glimmenden Gegenstand von sich fort wie einen Fluch. »Ich kann euch nicht mitnehmen«, sagte er. Seine Stimme zitterte leicht. »Meine Gesellschaft ist bereits voll und … «
Da packte Hadros ihn am Kragen, schnell und so lautlos, dass keiner der Umsitzenden etwas bemerkte. »Wollt Ihr mich zum Narren halten?«, raunte er gefährlich leise.
Mochanon starrte ihn an, die Augen weit aufgerissen, und schüttelte den Kopf. »Ich frage keinen der Reisenden nach seinem Namen«, brachte er hervor. »Denn für gewöhnlich sind es ohnehin nichts als Lügen, die ich höre. Ich fragte auch Euch nicht – aber ich habe mir angewöhnt, in die Wesen hineinzublicken, die ich in die Wüste führe. Dieser Ort ist gefährlich. Er kann uns zu Bestien oder zu Göttern machen oder zu dem, was wir dafür halten, und es ist lebensgefährlich für jeden von uns, wenn wir diesen Jungen mitnehmen. Seine Macht ist zu groß, und ich spüre etwas in ihm, das noch nicht gezähmt wurde. Solche Kräfte gehören nicht in die Wüste des Lichts. Zu schnell können sie sich gegen uns alle richten, zu schnell können sie uns alle töten.«
Nando spürte die Furcht,
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