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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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fühlte Skelfirs Schritte in der Erde widerhallen wie seinen eigenen Pulsschlag. Die Gesichter gefallener Dämonen stiegen vor ihm auf, sie hatten ihren Fußabdruck ins Angesicht der Erde gestampft, und ihre Stimmen zogen donnergleich durch seinen Kopf. Die Legenden um Askramar, den Hexenmeister, waren laut durch alle Finsternisse der Hölle bis zu Pherodos hinab gedrungen, und er hatte in Gedanken mit diesem Dämon gekämpft, als wäre er tatsächlich an seiner Seite gewesen und hätte nicht im Pandämonium in Ketten gelegen. Askramar war einer der mächtigsten Dämonen jenseits dieses Kerkers gewesen, und doch … auch er war gestürzt worden.
    Pherodos umfasste die Zügel fester, als er den ersten Schimmer jener Kraft spürte, die diesen Ort vor langer Zeit geflutet hatte wie eine Seuche. Noch immer peinigte sie die Schatten, zerriss sie zwischen kalt glühenden Fingern und legte sich auf alte Wunden, um sie neu aufzubrechen, und schließlich konnte Pherodos sie sehen: die feinen Adern, die in Boden und Bäumen zu glimmen begannen und ihn mit ihrem Licht blendeten. Skelfir wieherte leise, als er ihn vorantrieb, aber er fühlte den Schmerz, der seinen Gefährten befiel, selbst: Eisig kroch er an den Beinen des Pferdes aufwärts, legte sich um seine Brust und schwächte Ross und Reiter, ohne dass er auch nur das Geringste dagegen tun konnte. Zornig ballte er die Klauen. Verfluchter Glanz der Engel!
    Der Boden erzitterte, als Kymbra von ihrem Tiger sprang. Die Adern unter ihren Füßen wurden schwarz, doch nur für einen Moment. Gleich darauf intensivierte sich das Licht, knisternd zog sich das Netz um Kymbra zusammen, und Ligur presste knirschend die Zähne aufeinander, als würde er damit rechnen, sie im nächsten Augenblick von glühenden Schnüren eingewickelt zu sehen. Pherodos beugte sich vor, als Kymbra auf die Knie sank. Sie sah aus wie eine Büßerin der Menschen, umgeben vom tödlichen Glanz ihrer Feinde. Aber Pherodos wusste es besser. Diese Frau kannte keine Reue. Ihr Leib war vollständig genesen, doch die Dunkelheit ihrer Augen sprach noch immer von den Qualen, die das Licht der Engel ihr zugefügt hatte. Beinahe feierlich holte sie das Bündel aus ihrem Mantel, Pherodos konnte das Blut der Menschen riechen, das den Stoff getränkt hatte, und er dachte mit Unwillen an die vergangenen Nächte. Gewartet hatten sie, immerzu gewartet, bis Kymbra mit neuen Opfern gekommen war. Nur wenige hatten etwas getaugt, aber nun war das Bündel prall gefüllt, und als Kymbra es öffnete, glitten blutige Augäpfel auf den glimmenden Boden. Ligur sog gierig die Luft ein, während Pherodos die Todesschreie der Menschen in sich widerklingen fühlte. Er hatte von Anfang an bezweifelt, dass ihre Unschuld ihnen helfen würde. Kymbra grub ihre Finger durch die glitschigen Augen, die Adern des Bodens splitterten unter ihren Händen, und ein harter Zug trat auf ihren Mund, nicht mehr als die Andeutung eines Lächelns. Ihre Worte waren unhörbar, aber ihre Macht verband sich mit dem Blut der Menschen und drang in das Netz des Lichts ein, und Pherodos spürte, wie die Schatten ihre Macht zurückgewannen, wie sie den elenden Glanz verdrängten und die Adern vertrockneten, und als das Netzwerk blutig schwarz geworden war und die Schreie der Menschen sich in den Baumkronen verloren, nickte er langsam. Die Zeit des Wartens war nicht vergebens gewesen.
    Kymbra schwang sich auf ihren Tiger. Ihre blutigen Hände hinterließen Spuren im weißen Fell. Hoheitsvoll ritt sie voran, mitten hinein in das Netzwerk der Schatten, das sie gebildet hatte, und Pherodos fühlte die Kraft der Finsternis durch seine Adern strömen, glühend und verführerisch, wie er sie in Erinnerung gehabt hatte. Dunkel schimmerten die Mauern Aeresons durch die Bäume, der Mond tauchte sie in kaltes Silber, aber als Pherodos mit den anderen am Rand der Lichtung innehielt, erinnerte er sich genau daran, wie sie einst in blutrotem Schein geglüht hatte – damals, als Askramar noch über ihre Schatten befahl, damals, als die Nacht noch regierte an diesem Ort der Verdammnis. Übermächtig spürte Pherodos sein Blut durch seine Adern rauschen wie immer kurz vor einer Schlacht. In diesen Mauern verbarg er sich also, der Sohn des Teufels, endlich hatten sie ihn gefunden, und Pherodos selbst würde ihn zu Boden werfen, bis er winselnd zu seinen Füßen um Gnade flehte. Triumph brandete in ihm auf, er fühlte die Macht seiner Gefährten, die sich mit der seinen verband, und

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