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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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auf der Seite des Lichts , ging ihm Carmenyas Stimme durch den Kopf. Doch verliere dich nicht in seinem Glanz, sonst zerstörst du die mächtigste Waffe, die du gegen die Schatten führen kannst.
    Er strich sich den Sand von den Händen. »Ich fühle ihn nicht«, sagte er, auch wenn er wusste, dass er damit den Zauber des Augenblicks zerstörte. Seine Worte gingen zwischen den Klängen der Musik und den Stimmen der Engel fast unter, aber er wusste, dass Noemi sie gehört hatte. Immer schon hatte sie alle Worte wahrgenommen, die er aus der tiefsten Finsternis seines Inneren geholt und ausgesprochen hatte, jene Worte, die wie ein Hilferuf waren. Unwillig holte er Atem. Das Licht der Engel war mehr als seine einzige Chance, Bhalvris zu erlangen und dem Teufel zu begegnen. Es ließ ihn ruhiger werden, erfüllte ihn mit einer Stärke, die er nie zuvor auf diese Weise gefühlt hatte. Und trotz aller Kälte konnte er sich nicht vorstellen, diesen Glanz je wieder zu verlassen. Zu unverwundbar machte ihn dieses Licht, zu strahlend, als dass er es mit demselben Befremden hätte betrachten können, das in Noemis Augen lag. Es war mehr als Magie, mehr als jeder Zauber. Es ließ die Schatten in ihm schweigen, die ihn früher zu jeder Gelegenheit aus dem Konzept gebracht hatten. Er fuhr sich über die Augen. Schatten? Waren Empfindungen denn nicht mehr als das?
    Das Lächeln war von Noemis Lippen gewichen. Nun spürte er sie wieder, die Mauer, die unüberwindlich zwischen sie getreten war – aber da war noch etwas anderes in ihrem Blick, das ihn daran hinderte, sich wie so oft in den vergangenen Tagen in die eigenen Gedanken zurückzuziehen. Sie hielt etwas in den Händen, es waren blassblaue Ähren – blau wie das Meer, zum Schutz in einen silbrigen Zauber gehüllt. Nun löste Noemi ihn auf, und für einen Moment nahm der Wind zu, und Nando konnte sie hören: die Stimmen der Steppe der Schatten. Er erkannte die Felder vor sich, flüsternd im Sturm, und er fühlte Noemi neben sich. Er sah sie nach dem Tod ihrer Mutter und nach dem Tod ihres Vaters an diesem Ort weinen und fühlte ihre Verzweiflung, nachdem Silas von ihr gegangen war – aber auch ihren Mut bei ihrem letzten Besuch, wenige Tage bevor sie aus Katnan aufgebrochen waren. Sie hatte Abschied genommen von dem Ort ihrer Ahnen, aber es würde kein Abschied für immer sein.
    »Der Herzschlag der Welt ist immer da«, sagte sie. »Manchmal können wir ihn nicht hören, aber er verlässt uns niemals, und wir haben immer die Möglichkeit, uns an ihn zu erinnern. Verliere dich nicht, Nando. Vergiss niemals, wer du bist.«
    Vorsichtig griff sie nach seiner Hand und legte sie auf sein Herz, und noch ehe ihm bewusst wurde, dass er die blauen Ähren zwischen den Fingern fühlte, pulste der Herzschlag der Welt durch seine Adern, so durchdringend und mächtig, dass die Kälte in seinem Inneren mit heftigen Strömen aus Wärme geflutet wurde. Glühend heiß waren die Ähren in seiner Hand, aber stärker noch war der Duft, den er nun wahrnahm: Er war samten, schwer und kühl, ein Duft wie Schnee und Frühlingsahnen zugleich, der wie ein Atemzug über seine Wangen strich.
    Nando spürte Noemis Wärme noch, als sie längst mit den anderen am Feuer tanzte, hingegeben und frei in einer Welt, die ihr fremd und vertraut zugleich war. Leise hörte Nando die Ähren wispern, und er sah Noemi noch einmal auf der Schwarzen Brücke stehen, damals vor einem Tag oder hundert Jahren.
    Was, wenn du dich irrst?, hatte er sie gefragt. Was, wenn ich die andere Seite der Münze bin, Noemi, und nur sie? Was dann?
    Und sie hatte ihn angesehen, das Grün ihrer Augen war wie ein Sturm gewesen.
    Dann wirst du fallen , klang ihre Stimme in ihm wider, und er wusste, dass sich bis zum heutigen Tag nichts an ihren Worten geändert hatte. Und ich mit dir.

30
    Kar’tas Imnir war verflucht. Pherodos konnte es in jedem Wispern der Bäume hören, in jedem Knirschen unter Skelfirs Tritten, und er roch den betörenden Duft der Fäulnis, die tief in den Eingeweiden dieser Erde lauerte. Schattenhaft glitten seine Gefährten mit ihm durchs Unterholz, er sah Kymbras bleiches Gesicht im Schein des Mondes, fühlte Raars Atem in seinem Nacken und hörte Ligurs keckerndes Schnauben, jedes Mal wenn ihn ein Zweig traf. Auch sie spürten die Erhabenheit dieses Ortes, auch sie erinnerten sich daran, wie er einst gewesen war, dieser Acker aus Asche, auf dem eine der blutigsten Schlachten der Geschichte gewütet hatte.
    Pherodos

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