Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Wucht gegen die Mauern, dass sie tosend zerbrachen. Im letzten Moment riss Avartos Noemi vor den Zaubern zurück, die sich durch Risse in der Wand ins Innere ergossen, doch Nando wurde von der Druckwelle weit zurückgeworfen und von der Flut der Dämonen verschluckt, die sich nun mit brachialer Gewalt Zugang zum Kloster verschafften.
Sofort stellten die Mönche sich ihnen mit mächtigen Zaubern entgegen. Hadros zerfetzte mehrere Reihen mit flammender Peitsche, doch Avartos fühlte die Macht, die über die Angreifer hinwegkroch, und konnte schon das schneeweiße Haar erkennen, das begleitet von Feuer und Verfall über die zerschmetterten Körper hinwegsetzte. Noemi wollte die Faust für einen Zauber heben, doch Avartos zog sie an sich. Eilig breitete er seine Schwingen aus, und so schnell, dass die Klauen der Dämonen ihn nicht erreichen konnten, raste er auf die Säulen zu. Zwischen ihnen lagen Geheimtüren, die weit hinab in die Katakomben führten. Im Gewirr der unterirdischen Gänge konnten sie untertauchen und den Schergen des Höllenfürsten entkommen.
Nando , rief Avartos so laut in Gedanken, dass seine Stimme im Kopf des Teufelssohns explodieren musste. Zur blauen Säule! Sofort!
Schwach nur hörte er die Erwiderung, aber Nandos Stimme klang fest und entschlossen. Avartos wich dem Hieb eines Dämons aus, der mit einem Morgenstern nach ihm schlug, zog ihm sein Schwert über den Nacken und schleuderte drei weiteren Angreifern eine Flammenwand entgegen. Noemi löste sich aus seinem Griff, aber sie blieb dicht bei ihm, und gemeinsam schlugen sie sich durch die Menge, so schnell, als hätten sie jahrelang Seite an Seite gekämpft. Immer wieder warfen sie Dämonen zu Boden, immer wieder wichen sie den Hieben aus, doch als sieben Angreifer in Harpyiengestalt auf sie zurasten, packte Avartos Noemi am Arm.
»Hinter mich«, raunte er, wohl wissend, dass das Feuer dieser Höllentiere jeden Schutzwall verbrennen würde. »Du wirst … «
Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment sprang ein Mönch direkt vor ihn. Der schwarze Dolch in seinen Händen stand in grellem Feuer, Avartos kam die Waffe seltsam bekannt vor, doch da ließ der Mönch die Flammen auflodern und verband seinen Zauber als filigranes Netzwerk glühender Adern mit den brennenden Fäusten dreier weiterer Mönche, die in einiger Entfernung in der Luft schwebten. Es entfachte sich gerade in dem Augenblick zu gleißendem Feuer, als die Harpyien nah genug gekommen waren. Kreischend verfingen sie sich in dem Netz der Engel, und ehe ihre Leiber zu Boden stürzten, setzte Avartos seinen Weg mit Noemi fort. Sie erreichten die blaue Säule – doch Nando war nicht da.
Noemi war bleich, ihr Atem ging stoßweise. Avartos zog sie in die Schatten zwischen den Säulen und tastete nach der Geheimtür. Lautlos öffnete sie sich, ein unsichtbarer Riss in der Finsternis, und er legte Noemis Hand auf den Spalt.
»Du wartest hier«, sagte er so ruhig wie möglich. »Wenn dich jemand entdeckt, wenn sie dir zu nahe kommen – dann fliehst du, hast du verstanden? Ich werde Nando holen! Die Mönche werden ihn schützen, aber er … «
Ein Sichelzauber zerschnitt ihm das Wort. Hadros stieß die Formel mit einem lauten Brüllen aus, die Wucht der Magie riss mehrere Angreifer in Fetzen, aber im selben Moment brach Pherodos mit flammendem Ross durch die Mauer. Seine Flammen glitten zischend wie Schlangen durch die Luft. Er fixierte Hadros, der in Formation mit fünf Mönchen vor ihm stand, das Gesicht so reglos, als würde er nicht mehr sehen als ein wertloses Insekt. Donnernd riss der Engel einen Lichtschild in die Höhe. Das Pferd stieg auf die Hinterbeine, seine Hufe wirbelten durch die Luft, als mehrere Blitze seinen Leib trafen, und gleich darauf stürzten sich die Mönche auf Pherodos. Brüllend hieb er nach ihnen aus, aber sie ließen nicht von ihm ab. Wie dunkle Blitze stürzten sie auf ihn nieder und trieben ihn weit in die Menge, bis ein Orkan von tausend Stimmen den Raum durchdrang. Der Totengesang Raars fegte um die Säulen und auf Hadros zu. Donnernd brachen die Stimmen einer lang vergangenen Schlacht aus den Klängen, so markerschütternd, dass Avartos meinte, Askramar in der Schlacht um Aereson aus ihnen auferstehen zu sehen. Er sah Hadros im Turm der Feste, das Schwert hoch erhoben im Kampf gegen den Hexenmeister, und den Ausdruck in Hadros’ Augen, mit dem er das Schwert des Teufels betrachtete. Immer hatte Avartos sich diesen Augenblick kurz vor dem ersten
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