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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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da wusste er, dass diese Finsternis schlimmer war als jedes Feuer, jeder Regen, jeder Sturm zuvor, die nun zu einem Gemälde bestialischer Gewalt verschmolzen. Die Frau streckte die Hand nach ihm aus, für einen Moment war es, als berührte sie seine Wange. Unnennbare Kälte flutete seinen Leib. Er sah noch einmal ihr Lächeln und begriff, dass sie die Vernichtung jedes Gedankens war. Dann verlor er die Kontrolle über seine Schwingen und stürzte ab.
    Krachend schlug er auf dem Pflaster Katnans auf. Noemi landete neben ihm, blitzschnell kam sie auf die Beine und hob ihr Messer. Er hörte das Rauschen des Schutzwalls kaum, den sie erneut um sie herum errichtete. Alles, was er wahrnahm, als er sich aufrappelte, war die Stille.
    Es war eine Stille, die das Feuer der Schlachtfelder kannte und die Verderbtheit des Hungers, eine Stille, die jede Krankheit begleitete und den Tod auf ihren Händen trug. Es war die Stille, die den Anfang von etwas Entsetzlichem ankündigte. Am Ende der Gasse standen die vier Reiter, starr wie der Herzschlag der Toten. Nando fühlte die Lähmung in seinen Schwingen und den Schrecken der Bilder, denen er gerade ausgesetzt gewesen war. Entschlossen ballte er die Fäuste. Verflucht, er war auf dem Weg, den Teufel herauszufordern – er würde nicht auf den Knien liegen vor seinen Schergen!
    »Nein, das wirst du nicht.« Der Krieger auf dem flammenden Pferd schüttelte den Kopf. Sein Lächeln war nicht mehr als ein Schatten jener Brutalität, die in seinen Augen glomm. »Du wirst zu unseren Füßen sterben.«
    Nando fixierte den Kerl mit derselben reglosen Miene, die er seit Wochen vor dem Spiegel geübt hatte, um Avartos zufriedenzustellen. »Ihr kennt mich nicht«, sagte er kalt. »Die Zeiten, da ich vor einem Grillhähnchen, einem Klappergestell, einer Vogelscheuche oder einer halb nackten Frau davonlaufe, werden niemals kommen!«
    »Armes Kind«, erwiderte die Frau mit warmer Stimme. »Gib uns freiwillig, was wir verlangen, und es wird nicht zu deinem Schaden sein.«
    Nando erwiderte ihren Blick voller Verachtung. »Ich verbünde mich nicht mit den Dienern eines Sklaven. Schert euch zurück in Gestank und Morast und betet zur Ewigen Verdammnis, dass ich euch in dem Dreck vergesse, in den ihr gehört!«
    Da trieb der Krieger sein flammendes Pferd vorwärts. »Du bist kein Dämon«, sagte er, und die Hitze schlug Nando entgegen. »Du bist kein Engel und kein Mensch. Was also bist du, Sohn des Teufels?«
    Wenige Schritte vom Schutzwall entfernt blieb der Fremde stehen, und Nando trat seinerseits bis dicht an den Rand des Zaubers heran. Rauschend setzte er beide Fäuste in schwarze Flammen. »Ich bin ein Mensch«, sagte er und schickte ein kaltes Lächeln auf seine Lippen, als er sein Feuer in den dunklen Augen des Kriegers gespiegelt sah. »Ich bin ein Engel und ein Dämon, und ich trage dieselbe Kraft in mir wie euer Herr. Ich bin sein Sohn, und es ist nicht lange her, da ich den Stärksten seiner Schergen vernichtete. Haltet ihr es wirklich für klug, mir zu drohen?«
    »Bhrorok war schwach«, erwiderte der Fremde, doch Nando lachte nur, hart und kurz.
    »Das war er, in der Tat«, gab er zurück. »Und doch hatte er den Mut, sich mir allein zu stellen. Wie schwach müsst ihr sein, wenn ihr mir nur zu viert entgegentreten wollt?«
    Der Fremde hob den Blick, und kurz sah Nando ihn vor sich, gemeinsam mit seinen Kriegsgefährten. Er sah sie am Feuer sitzen und in einen Himmel ohne Sterne schauen, und er konnte den Duft der brennenden Wüste riechen, die in blauem Feuer stand, damals, als dieser Krieger noch jung und der Zorn in seiner Brust noch nicht so bitter gewesen war. Unwillig zog der Fremde die Brauen zusammen, aber Nando sah es genau, das Lächeln, das einst in diesen Augen gestanden hatte und das sich noch immer weit hinten in der dunklen Glut verbarg. Der Krieger setzte zu einer Entgegnung an, aber jemand kam ihm zuvor.
    »Genug«,flüsterte eine Stimme wie aus tausend Kehlen.
    Nando fuhr herum, der Maskenmann saß plötzlich hoch oben auf einem der Dächer – und dort, direkt neben den Flammen, stand das dürre Männlein und fuhr sich an die Brust. Das Brandzeichen in seinem Fleisch glomm auf, und als er in den Schutzwall griff, begann er zu flackern. Noemi schrie auf, als hätte er sie an der Kehle gepackt, und das Männlein kicherte schrill.
    »Lassen wir das Gequatsche«, zischte es und färbte den Zauber schwarz. »Mein verfluchter Magen bringt mich um, und dieses Mädchen ist

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