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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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zurückweichen konnte. Der Bogen kreischte über die Saiten, die Geige entglitt seinen Fingern. Sofort schoss eisige Kälte durch seinen Leib, und die Trance des Spiels zerbrach. Stattdessen schaute er in das Gesicht der weißhaarigen Frau. Ihr Kleid brannte in seinen Flammen, und ihr Fleisch hing in Fetzen von ihren Knochen, aber ihr Lächeln war noch immer da, und ihre Augen trugen ein Meer in sich, ein Meer aus Asche und Blut. Die Finsternis darin zog ihn vorwärts. Ascheflocken stoben ihm ins Gesicht, aber gerade als er meinte, die entsetzlichen aneinandergenähten Leiber zu sehen, loderten stattdessen Flammen unter ihm auf. Sie schlangen sich um seinen Körper und er spürte, wie sie seine Furcht ausbrannten und ihn auf ein flammendes Ross hoben. Unbändige Kraft pulste durch seine Glieder, eine Hitze, die er in keinem Zauber bisher in dieser Heftigkeit gespürt hatte, und wie von selbst trieb er das Pferd voran und raste über das Meer aus Feuer dahin.
    Es wurde zu den Schlachtfeldern der Ersten Zeit. Er schmeckte das Blut der Gefallenen auf seinen Lippen und spürte sein flammendes Schwert in seiner Faust, und er keuchte, als er die Leiber der Menschen sah, die unter seiner Waffe fielen. Doch er empfand keine Abscheu, noch nicht einmal Erstaunen. Etwas anderes pochte in seiner Brust, etwas, das er schon einmal gefühlt hatte, und nun, da es mit der Macht der Schatten durch seine Glieder raste, widerstand er nicht länger. Er krallte die freie Hand in die Mähne seines Pferdes und jagte so schnell dahin, dass die Hufe Funken sprühten. Das Tier erhob sich in die Luft, und er selbst wurde zu dem Sturm, der Flüche gebären konnte. Er formte Wolken zu Königreichen und zerriss Städte zwischen unsichtbaren Klauen, er kroch durch Fleisch und Stein und vernichtete beides, und nichts, nichts war ihm mehr eine Grenze. Winzig klein sah er Menschen unter sich, nackt und hilflos in haltloser Finsternis, sah sie altern und sterben und fühlte das Licht in ihnen, diesen schwachen, zerbrechlichen Funken, der ihn mehr als alles andere zu ihnen hinabtrieb. Er streckte die Hände aus nach ihrem Licht und schlug danach, als wären ihre Körper nicht mehr als tönerne Gefäße, und er spürte die Euphorie in seinen Gliedern, als die Funken um ihn her aufstoben. Sie erloschen, und aus dem Rauch trat jemand zu ihm, eine hochgewachsene goldene Gestalt. Ein Engel war es ohne jeden Zweifel, ein Engel mit schneeweißer Haut und goldenen Augen, ein Engel mit gewaltigen Schwingen, die wie Fächer aus schwarzem Samt aus seinem Rücken ragten, und einem Lächeln, das Welten in Brand setzen konnte.
    »Luzifer«, sagte Nando kaum hörbar.
    Tausendfach hatte er sich ausgemalt, wie ihre nächste Begegnung verlaufen würde, hatte sich gewappnet und alle möglichen Schliche des Höllenfürsten durchdacht, und doch fühlte er sich nun wie ein armseliger Mensch.
    Der Teufel neigte leicht den Kopf. »Mein Sohn«, erwiderte er sanft. »Wie lange willst du noch in die Irre gehen, bis du erkennst, wo dein wahrer Weg liegt?« Er fragte das ruhig und ohne jeden Spott. »Sieh, welche Macht du haben kannst! Sieh, wozu du fähig wärest in einer freien Welt!«
    Nando atmete nicht mehr. Er sah sich nur an, sah sich selbst in den goldenen Augen des Teufels mit gestrecktem Schwert über ein riesiges Schlachtfeld reiten, sah sich auf einem Thron aus Knochen und fühlte das Licht schwarzer Fackeln auf seinem Gesicht. In seiner Hand lag ein Zepter aus Metall, fast meinte er, dessen Kälte zu spüren, und er empfand noch einmal den Rausch des Feuers, des Sturms, der Gier und der Ewigkeit in der Gewissheit, all das sein zu können und noch viel mehr. Er erinnerte sich daran, dass er diese Bilder schon einmal gesehen hatte, aber er konnte nicht mehr sagen, aus welchem Grund er vor ihnen zurückgewichen war. Alles, was er spürte, war die samtene Kühle des Rauchs unter seinen Fingern und das Lächeln des Teufels. Er konnte es fühlen, als wäre es sein eigenes, ja, sie trennte nicht mehr als eine dünne Haut. Luzifer streckte die Hand nach ihm aus, doch er zwang ihn zu nichts. Er sah ihn an wie ein Vater, und als er ihm eine Frage stellte, entfachte sich ein seltsames Gefühl wie Sehnsucht in Nandos Brust, das jede andere Empfindung auslöschte.
    Der Schmerz kam so unerwartet, dass Nando das Blut aus dem Kopf wich. Das Bild um ihn herum zerriss, und im nächsten Moment schaute er in das Gesicht der Fremden. Sie starrte ihn an, doch etwas stimmte mit ihren Augen

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