Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
an.
»Wieso? Ich habe das erreicht, was ich uns versprochen hatte. Wir haben eine neue Heimat; niemand wird uns hier stören. Und wir müssen mit niemandem mehr teilen.« Immer noch blieb Ul‘goth völlig ruhig.
Wantoi starrte ihn finster an. Ul‘goth überlegte kurz, was sein Gegenüber wohl als Nächstes tun würde. Wantois Hand ruhte schon verdächtig lange auf dem Griff seines Orkmessers.
Das Orkmesser war eine drei Fuß lange, nach unten gebogene und beidseitig geschliffene Klinge mit zwei Spitzen. Eine zeigte wie bei einem gewöhnlichen Schwert nach vorne, die andere befand sich am Ende der Biegung und deutete fast genau auf das Heft zurück. Mit dieser Waffe konnte man schreckliche Wunden reißen oder die Waffe eines Gegners festhalten oder gar brechen. Ul‘goth wusste, dass Wantoi einer der Besten im Umgang mit dieser tödlichen Waffe war. Und nun hatten sich seine Finger endgültig um den Griff geschlossen.
Ul‘goth sprang blitzschnell auf, vollführte einen Satz auf den Tisch und gelangte mit einem ausladenden Schritt zum Clanhäuptling. Wantoi wusste gar nicht, wie ihm geschah, als die riesige Faust des hünenhaften Orks in seinem Gesicht landete.
Wantoi hielt sich unter Stöhnen das Kinn. Ul‘goth hatte ihn hart getroffen und ihm einen Zahn ausgeschlagen, den er neben sich auf dem Boden erspähte. »Das werden wir heute in der Mittagssonne entscheiden. Im Graben!«, brüllte er voller Zorn.
Ul‘goth nutzte die Lage. »Will sich noch jemand mit mir messen?«, fragte er in die Runde, während er noch auf dem Tisch stand. Nachdem sich niemand zu melden wagte, verließ er die Versammlung.
Grunduul betrachtete die Szene zugleich voller Genugtuung und tiefer Trauer. Ul‘goth war zu einem Hindernis seiner Pläne geworden, dennoch lag ihm der Orkkönig am Herzen. Er begleitete den Hünen nun schon viele Jahre, und von dieser Errungenschaft – der Eroberung Surdans – hatten sie beide lange Zeit geträumt.
Was aber halfen Träume, wenn die Wahrheit keine weitere Zukunft versprach? Grunduul könnte innerhalb dieser Mauern nicht glücklich werden. Und da sich Ul‘goth in seinen Entscheidungen kaum noch beeinflussen ließ, seit Xandor sich in der Stadt aufhielt, konnte Grunduul nicht mehr darauf hoffen, die Orks aus dem Schatten des Königs heraus zu regieren.
Wantoi wäre ein König, den er wie eine Handpuppe bedienen könnte, nicht wie Ul‘goth, der zu klug war, um sich steuern zu lassen. Allerdings befürchtete Grunduul insgeheim, dass der stolze Wantoi dem mächtigen Ul‘goth nicht gewachsen sein würde.
Grunduul hoffte vielmehr, dass eine offene Rebellion gegen Ul‘goth ausbrechen würde, wenn Wantois Clan nach Rache für den Tod seines Anführers sann. Eine Rebellion, in deren Verlauf er sich einen neuen Schützling aussuchen könnte, einen zukünftigen König, der leichter zu beherrschen wäre.
* * *
Ul‘goth trat hinaus in die Mittagssonne. Viele Krieger jubelten und feuerten jeden seiner Schritte an. Der Orkhäuptling stapfte selbstsicher durch die Menge, den riesigen Kriegshammer locker über der rechten Schulter.
Wantoi stand schon bereit. Als bekannt wurde, dass sie einen Grabenkampf austragen würden, hatten sich die Krieger schnell um den großen Platz vor der Garnison versammelt, denn niemand wollte das Spektakel verpassen.
Ul‘goth blieb ein gutes Stück vor Wantoi stehen und nahm den Hammer in beide Hände vor die Brust. Mit der mächtigen Waffe bot der Ork einen noch beeindruckenderen Anblick als sonst. Ul‘goth war fast sieben Fuß groß, und sein Körper bestand nur aus Muskeln. Mehrere Narben zeugten von unzähligen Kämpfen und davon, dass der Orkhäuptling einiges zu ertragen im Stande war.
Eine besonders große Narbe, die von seiner rechten Schulter über die Brust zur linken Hüfte verlief, war eine Erinnerung an seinen letzten Kampf mit Wantoi. Damals, als er dessen Clan unterworfen hatte, hatten sie sich bereits in einem Grabenkampf gegenübergestanden. Ul‘goth hatte deshalb Respekt vor Wantois Kampfkunst. Er musterte seinen Gegner. Wantoi war nervös, das bemerkte Ul‘goth sofort, doch er schien auch zu allem entschlossen. Er musste sich heute beweisen, und der Orkhäuptling fürchtete, dass der Kampf ein tödliches Ende nehmen würde.
Wantoi stand aufrecht und war trotzdem einen guten Kopf kleiner als sein Gegenüber. Er trug nur sein Orkmesser, denn Rüstungen waren beim Grabenkampf traditionell verboten. Beim Anblick von Ul‘goths Hammer griff er sich
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