Die Chroniken des Paladins 01. Tharador - Bellem, S: Chroniken des Paladins 1 Tharador
Dort standen acht schwer bewaffnete Gardisten, und es deutete einiges darauf hin, dass in den beiden kleinen Wachtürmen, die das Tor säumten, einige Armbrustschützen saßen.
Als Calissa bemerkte, dass die Soldaten auf sie aufmerksam geworden waren, bog sie schnell in eine Seitenstraße ab.
»Wir sollten uns erst ein Zimmer suchen und dann etwas weniger auffällig durch die Stadt gehen«, schlug sie vor und deutete dabei auf Dergerons Bastardschwert, das hoch hinter seinem Rücken aufragte.
»Einverstanden«, antwortete er knapp und zog sie an sich, um sie zu küssen. Die letzte gemeinsame Nacht hatte ihn verändert. Auch Calissa wirkte entspannter. Sie schien sich sicher zu fühlen, denn sie trug die Kette, die sie in Totenfels gestohlen hatte, offen um den schlanken Hals. Dergeron hatte sie gebeten, das wertvolle Schmuckstück anzulegen; sie war mehr als würdig, es zu tragen.
Wenig später hatten sie ein Zimmer in einer kleinen Gaststätte, deren Wirt sie freundlich empfangen hatte, wenngleich er den schwer bewaffneten Krieger mit etwas Argwohn betrachtet hatte.
Dergeron war es einerlei. Er wollte nur endlich zu König Jorgan, um schnellstmöglich Tharador zu finden.
Allerdings genoss er den Umstand, dass er und Calissa sich ein Zimmer teilten. Dies würde ihm den Aufenthalt noch ein wenig versüßen. In ein, zwei Tagen sollte es ihm gelingen, eine Audienz bei König Jorgan zu erhalten.
Mit einem sanften Lächeln betrachtete Dergeron Calissa im Mondschein. Das Amulett der Halskette ruhte zwischen ihren Schlüsselbeinen und funkelte wie der Sternenhimmel. Seine Hände glitten zart über ihre seidige Haut. Der Krieger hätte sich niemals träumen lassen, dass seine Reise eine solche Wendung erfahren könnte. Er verfluchte den Hexer, der ihn zwang, weiter nach Tharador zu suchen. Er verfluchte die Orks und ihren Krieg. Alles, was er sich wünschte, war, in ihren Armen zu erwachen.
Es änderte nichts. Er musste tun, was Xandor von ihm verlangte, doch danach – danach würde es in seinem Leben endlich Platz für die Gefühle geben, die er für sie hegte.
* * *
»Und du denkst, wir bekommen einfach so eine Audienz bei König Jorgan?«, fragte Tharador skeptisch.
»Ich sagte doch, der König ist ein Freund der Elfen. Er wird uns empfangen, glaub mir«, versicherte ihm Faeron.
»Pah! Und wenn das nicht reicht, dann wird eben Prinz Khalldeg, Sohn des König Amosh, um eine Audienz ersuchen! Und wenn dieser Mensch weiß, was gut für ihn ist, wird er uns empfangen!«, brummte Khalldeg vor sich hin.
Sie waren kaum noch eine Wegstunde von der Stadt entfernt und konnten sie bereits deutlich am Horizont ausmachen.
Tharador war überwältigt. Surdan war groß gewesen, doch Berenth wirkte deutlich beeindruckender. Die goldenen Zinnen am Palast des Königs, die unzähligen Masten im Hafen, all das ließ Berenth wie die reichste und geschäftigste Stadt erscheinen, die der junge Paladin jemals gesehen hatte.
Bald würde er König Jorgan gegenübertreten und ihn um ein Schiff bitten. Er fragte sich, auf was für eine Art Mann er treffen würde. Tharador wusste rein gar nichts über ihn, außer dass er ein Freund der Elfen war, was noch keinen König aus ihm machte.
»Du wirst ihn mögen, keine Sorge«, erriet Faeron wieder einmal seine Gedanken und lächelte dabei sanft.
Tharador schaute ihn nur fragend an.
»Du trägst deine Gefühle offen vor dir her. Man kann immer deutlich sehen, was in dir vorgeht«, erklärte der Elf freundlich.
»Und du denkst, das ist eine Schwäche?«
»Nein, im Gegenteil. Ich halte es für eine deiner größten Stärken. Du nimmst Anteil an deiner Umwelt und beschäftigst dich damit. Das ist eine seltene Eigenschaft bei euch Menschen. Viele von euch laufen mit Scheuklappen durch die Welt. Deine Augen sind immer weit geöffnet. Es macht dich allerdings auch angreifbar, da man leicht erkennt, was dich schmerzt oder bedrückt. Dennoch – bewahr dir diese Eigenschaft, sie wird dir am Ende helfen, deinen Weg zu bestreiten«, offenbarte ihm der Elf.
»Ja, Junge, ein reines Herz ist wirklich selten. Pass nur auf, dass es dir niemand stiehlt!«, sagte Khalldeg augenzwinkernd und begann, lauthals zu lachen, als er die Verwirrung in Tharadors Zügen bemerkte. »Du wirst es noch verstehen«, lachte er weiter, und auch Faeron schmunzelte leicht.
Tharador hatte nicht den blassesten Schimmer, was der Zwerg damit meinte, doch er entschied, dass es vorerst nicht weiter wichtig war. Im Augenblick
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