Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
Vom Netzwerk:
Widerhaken versehenen Sporen aus dem Arm des Fremden entfernt und das Gift aus den Wunden gesaugt hatte, fiel es dem Magier nicht schwer, die Wunden zu heilen. Und von diesem Vorfall einmal abgesehen, entgingen die beiden Männer den Gefahren, die üblicherweise mit dem Dschungel in Verbindung gebracht wurden.
    Trotz des miserablen Witters und den wirr ineinander verhakten Wurzeln und Ranken, die ihnen immer wieder im Weg waren, kamen die Reisenden relativ schnell voran. Als er am Morgen des Tobynfestes, das in Tobyn-Ser zu Mittwinter gefeiert wurde, an der sandigen Küste der Landenge stand, schätzte Orris, dass sie mehr als die Hälfte des Weges nach Lon-Ser hinter sich gebracht hatten. In Tobyns Wald oder der Großen Wüste wäre ihr Tempo dem Magier zu langsam vorgekommen, aber hier im Dschungel war es das Beste, was sie erreichen konnten.
    Es gab hier nichts, was auch nur vage an einen Weg erinnerte, und sie waren gezwungen, sich ihren Weg rund um dicht zugewachsene Gehölze, schlammigen feuchten Sand und die Ranken der Giftpflanzen zu suchen. An klaren Tagen folgten sie der Küstenlinie, um schneller voranzukommen, und genossen diesen direkten Weg und die Möglichkeit, weiter als ein paar Fuß sehen zu können. Aber wenn es wieder zu regnen begann, wie es unvermeidlich geschah, waren sie gezwungen, in den relativen Schutz des Dschungels zurückzukehren. Dass sie überhaupt vorankamen, schien Orris mitunter schon an ein Wunder zu grenzen. Wenn man bedachte, wie erschöpft sie am Ende eines jeden Tages waren, konnte er sich sicherlich nicht über ihr Tempo beschweren.
    Das Verhalten seines Begleiters allerdings beunruhigte ihn. Für kurze Zeit nach dem Vorfall in der Großen Wüste hatte Orris sich einreden können, dass ihr Verhältnis besser geworden war, und schon allein die Tatsache, dass Baram dem Falkenmagier gestattete, seine Wunden zu heilen, schien ein Beweis dafür zu sein. Aber im Lauf des Winters bemerkte Orris immer verstörendere Elemente. Wann immer sie sich unterhielten, benutzten sie die Sprache von Tobyn-Ser. Selbst nachdem Orris mehrmals deutlich gemacht hatte, dass er Barams Sprache lernen wollte, weigerte sich der Fremde, ihn zu unterrichten. Baram erzählte Orris auch wenig über Lon-Ser. Er reagierte auf die meisten von Orris' Fragen über seine Heimat oder die Sprache, indem er behauptete, alles über sein früheres Leben vergessen zu haben, eine Antwort, die er jedes Mal Lügen strafte, wenn er in seiner eigenen Sprache vor sich hin zu murmeln begann, was er erschreckend häufig tat. Orris wäre dumm gewesen, nicht das Muster zu erkennen, das sich da herausbildete. Baram nahm gerne das Essen an, das Anizir brachte, und er hatte nichts gegen die Wärme von Orris' Feuern. Er ließ sich sogar von der Magie heilen. Aber er weigerte sich strikt, Orris irgendetwas mitzuteilen, das dem Magier auf seinem Weg durch Bragor-Nal helfen würde.
    Anfangs hatte der Magier Barams Weigerung, über Lon-Ser zu sprechen, für ein Symptom des Wahnsinns des Fremden gehalten, der schwächer geworden, aber nicht vollkommen verschwunden war. Als aber die Tage wieder länger wurden, war Orris gezwungen anzunehmen, dass hinter Barams anhaltender Sturheit andere Gründe standen. Und nach und nach - Tag um Tag, Meile um Meile - starb Orris' Glaube an den Fremden, den der Magier seit dem Vorfall in der Wüste so sorgfältig genährt hatte. Seit Monaten war der Magier ungeduldig gewesen, Lon-Ser zu erreichen. Je früher er mit dem Herrscherrat sprach und mit ihnen ein Übereinkommen erreichte, das Tobyn-Ser vor weiteren Angriffen schützen würde, desto eher würde er nach Hause und zu seinen Freunden zurückkehren können. Aber je näher die beiden Männer Lon-Ser kamen, desto größer wurden Orris' Bedenken, bis der Magier schließlich die Ankunft in Barams Nal geradezu fürchtete. Er hatte keine Ahnung, was ihm dort bevorstehen würde, aber er war sich immer sicherer, dass er alleine damit zurechtkommen musste. Zwei Wochen nach dem Tobynfest sah es zum ersten Mal so aus, als ginge der Winter zu Ende. Der Morgen war sonnig und warm, und die beiden Männer wanderten an der Küste entlang und genossen den milden Wind. Zum ersten Mal seit Wochen spürte Orris, wie seine Stimmung besser wurde. Sie hatten die Stürme noch längst nicht alle hinter sich, das wusste er. Er konnte bereits die nächsten dunklen Wolken erkennen, die sich am Horizont hinter den Inseln von Ducleas Halsschmuck bildeten. Aber der Wind hatte sich

Weitere Kostenlose Bücher