Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
heutige.« Er stand auf, ebenso wie Alayna, die seine Hand nahm.
»Schlaft gut, ihr beiden.« Baden schüttelte einen Augenblick seine finstere Stimmung ab und zwang sich zu einem Lächeln. »Vielleicht bringt der neue Tag ja eine Antwort.« Alayna lächelte ihn an - auf diese strahlende Art, die alle inzwischen so gut kannten. »Das hoffe ich, Baden«, erwiderte sie leise und legte die freie Hand kurz auf die Schulter des älteren Mannes. Und mit einem »Gute Nacht« drehten sich die Falkenmagier um und gingen nach oben auf ihr Zimmer.
»Ich sollte auch versuchen, ein bisschen zu schlafen«, gähnte Trahn.
Orris musste lachen. »Scheint eine gute Idee zu sein«, erwiderte er trocken.
Am Ende verabschiedete sich auch Ursel und ließ Orris und Baden allein am Tisch zurück.
Orris wollte sich gerade entschuldigen und den Eulenmeister seinen Gedanken überlassen, als Baden ihn überraschte. »Noch ein Bier?«, fragte der hagere Mann und winkte einer Kellnerin.
Orris zögerte.
»Ich hätte gerne noch ein bisschen Gesellschaft«, fügte Baden hinzu.
Schließlich nickte Orris, und der Eulenmeister lächelte. »Gut«, sagte Baden, drehte sich wieder zu der Kellnerin um und hob zwei Finger.
Einige Zeit saßen sie schweigend da, und die Stille wurde nur unterbrochen, als ihr Bier serviert wurde. Orris starrte die meiste Zeit auf seine Hände und blickte nur hin und wieder kurz zu Baden auf. Der Eulenmeister schien das allerdings gar nicht zu bemerken, so sehr war er in seine Gedanken versunken. Also war Orris vollkommen überrascht, als Baden am Ende doch etwas sagte. »Du hast vorhin behauptet, viele jüngere Magier würden Baram gerne hinrichten lassen«, begann der Eulenmeister ohne Umschweife. »Dachtest du nicht auch einmal so?«
Orris starrte den Meister einige Zeit an, bevor er antwortete. »Ja«, erwiderte er sachlich. »Ich war zornig«, erklärte er nach einer Weile. »Und Pordath war tot.« Er setzte dazu an, mehr zu sagen, dann hielt er inne, gequält von der Erinnerung an seinen wunderschönen hellen Falken. Trotz der Jahre, die dazwischen lagen, und dem hinreißenden dunklen Vogel, der nun auf seiner Schulter saß - Jaryd und Alayna hatten ihm nach seiner Bindung erzählt, dass Therons erster Falke von derselben Art gewesen war -, trauerte Orris immer noch um seinen ersten Vertrauten. »Beim Ersten ist es immer am schwersten«, sagte Baden, als hätte er Orris' Gedanken gelesen.
»Wahrscheinlich.« Das war kein Thema, auf das sich Orris länger einlassen wollte. »Jedenfalls«, fuhr er fort und kehrte zu Badens ursprünglicher Frage zurück, »habe ich mich geirrt.«
Der Eulenmeister zuckte gleichmütig die Schultern. »Mag sein. Ich weiß nicht, ob es so gut war, ihn am Leben zu lassen.« Er starrte wieder in sein Bier, aber dennoch konnte Orris die unausgesprochenen Gefühle in den hellen Augen
des Eulenmeisters erkennen. Und es ist uns teuer zu stehen gekommen, dass wir seine Hinrichtung verhindert haben. »Aber dein Bericht - ohne ihn hätten wir diese Informationen nicht.«
Bei diesen Worten blickte Baden auf, und das trübe Licht in der Schänke ließ seine hageren Züge scharf und falkenhaft wirken. »Was nützt Wissen schon, wenn niemand etwas daraus macht?«
Darauf wusste der bärtige Magier auch keine Antwort, und einen Augenblick später war das intensive Glitzern in Badens Augen verschwunden, und es blieb nur die Müdigkeit, die Orris schon zuvor bemerkt hatte. »Es ist immer noch möglich, dass der Orden nutzen wird, was du erfahren hast«, erklärte Orris tröstend. Aber noch während er sprach, konnte er hören, wie hohl und leer das klang. »Es könnte auch sein, dass ich mich irre, was Arslan angeht - vielleicht kann ich zumindest ihn davon überzeugen, einmal über die Möglichkeit nachzudenken, dass Baram die Botschafter begleitet.«
Baden schüttelte den Kopf. »Nein. Du hattest Recht mit dem, was du zuvor gesagt hast. Sie werden nicht zustimmen. Ich hätte es besser wissen sollen; ich hätte mir eine Menge Ärger ersparen können.«
Orris kniff die Augen zusammen. »Du hättest es wissen sollen? Hast du denn diese Situation damals schon vorhergesehen?«, fragte er staunend. »Hast du dich deshalb so vehement dafür eingesetzt, dass Baram nicht hingerichtet wird?«
Baden zwang sich zu einem dünnen, bedauernden Lächeln. »Nein, so weise bin ich nicht«, sagte er, »und meine Visionen sind nicht so klar, dass ich den möglichen Wegen, die die Geschichte einschlägt, so
Weitere Kostenlose Bücher