Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
Baden fest. »Selbst sie muss begreifen, dass dies eine Angelegenheit ist, die nicht in ihren Bereich gehört.«
Sonel nickte. »Das tut sie auch. Sie hat mich um Rat gebeten - so habe ich überhaupt von der ganzen Sache erfahren - und sie sucht mich regelmäßig auf. Wie ich schon vorhin sagen wollte: Cailin ist alles andere als ein ungezogenes Kind. Nach allem, was man mir berichtet hat, ist sie klug, freundlich und respektvoll gegenüber jenen, die für ihre Erziehung zuständig sind. Sie gibt uns die Schuld am
Tod ihrer Eltern und der Zerstörung ihres Dorfes; deshalb will sie sich Amarids Gesetzen nicht unterwerfen. Aber ich glaube nicht, dass sie eine allzu große Gefahr für die Menschen dieses Landes darstellt.«
»Du glaubst nicht, dass sie eine allzu große Gefahr darstellt?«, wiederholte Baden. »Es ginge mir erheblich besser, wenn du ein bisschen sicherer wärst.«
Sonel lachte. »Mir auch. Selbst die wohlerzogenste Elfjährige ist immer noch eine Elfjährige. Und darin liegt wohl das größte Problem.«
»Hat sie einen Ceryll, Eulenweise?«, fragte Trahn besorgt. Jaryd schaute seinen eigenen Ceryll an, den saphirblauen Kristall, der auf der Spitze eines Stabs aus Holz glitzerte. Ein Ceryll gestattete einem Magier, seine Macht zu konzentrieren, um sie sowohl besser zu beherrschen als auch zu verstärken. Cailin würde mit einem solchen Stein zweifellos viel mächtiger sein als ohne einen.
Sonel dachte kurz über Trahns Frage nach. »Das glaube ich nicht, nein«, sagte sie schließlich. »Zumindest hat es niemand erwähnt. Warum?«
Trahn zuckte die Achseln. »Überwiegend Neugier. Ich versuche herauszufinden, was mir mehr Angst macht: der Gedanke an ein Kind mit Macht, die es nicht kontrollieren kann, oder der Gedanke an ein Kind mit Macht und der Möglichkeit, sie zu allem zu nutzen, was es möchte. Das ist beides nicht sonderlich beruhigend.«
»Wahrhaftig«, stimmte Radomil ihm zu. »Und der Gedanke daran, dass die Hüter durch sie Zugang zur Magie haben, erfreut mich auch nicht besonders. Cailin könnte ohne weiteres eine Spielfigur in einem sehr alten Konflikt werden.« »Ich teile deine Bedenken, Radomil«, gab Sonel zu, »und auch Trahns Sorgen kann ich verstehen, obwohl ich zugeben muss, dass ich zuvor nicht einmal daran gedacht hatte. Aber ich glaube nicht, dass wir viel ändern können. Ich war der Ansicht, dass ihr es wissen solltet - um ehrlich zu sein war ich es müde, diese Last allein zu tragen. Aber ich glaube nicht, dass wir irgendetwas tun können, um diese Situation zu ändern, zumindest im Augenblick.«
»Wenn du uns vorher davon erzählt hättest«, wandte Baden sanft ein, »hätte das vielleicht dazu dienen können, dass mehr Kollegen deinen Vorschlag zu Verhandlungen mit Lon-Ser unterstützen.«
»Mach dich doch nicht lächerlich, Baden!«, entgegnete Erland. »Das ändert überhaupt nichts! Magier nach Lon-Ser zu schicken war gestern eine schlechte Idee, es ist heute eine, und es wird auch morgen eine sein! Dass sich ein einzelnes Kind gebunden hat, ändert daran nichts!« Baden schüttelte müde den Kopf. »Dann eben nicht«, sagte er ruhig.
Sonel erklärte die Sitzung kurze Zeit später für beendet und überließ die Magier für den Rest des Nachmittags bis zur Prozession und dem anschließenden Festessen sich selbst. Jaryd und Alayna gingen über die Märkte in der alten Stadtmitte von Amarid, wie sie es jedes Mal taten, wenn sie in der Stadt waren. Sie luden Orris ein, sie zu begleiten, aber der große, kräftige Mann war wieder finsterer Laune und murmelte, er hätte etwas anderes zu tun, bevor er alleine davonging. Und auch Jaryd und Alayna genossen ihre Zeit in der Stadt nicht so sehr wie sonst. Die Versammlung war zu schwierig gewesen und ihre Sorgen um die Handlungsunfähigkeit des Ordens hatten beide ermüdet und abgelenkt.
Sie kehrten zur Großen Halle zurück, als die Dämmerung begann, den Himmel im Westen rosa und orangefarben zu färben. Sie gingen sofort hinein und sahen, dass die meisten Magier und Meister schon ihren Platz an der Wand des Versammlungssaals eingenommen hatten, jeweils vor den großen, schmiedeeisernen Kerzenhaltern, die die blau gekleideten Diener während ihrer Abwesenheit dort aufgestellt hatten. Rasch gingen sie ebenfalls auf ihre Plätze und erwarteten, dass die Diener mit den dünnen blauen Kerzen zurückkehrten, die sie anzünden und in den Haltern befestigen würden.
Es war seltsam still im Saal. Für gewöhnlich unterhielten
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