Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
sehen.«
»Gleichfalls, Eulenmeister! Obwohl ich dich wirklich nicht erwartet hätte.«
Baden hatte das Gefühl, als zöge ein Schatten über ihn hinweg, obwohl der Himmel von einem tiefen, wolkenlosen Blau war. »Das verstehe ich nicht«, sagte der Eulenmeister vorsichtig.
»Nun, nachdem man Baram jetzt in die Große Halle zurückgebracht hat, dachte ich, du würdest nicht mehr herkommen. Nicht, dass ich mich nicht freuen würde. Söhne und Töchter Amarids sind mir stets willkommen.«
Baden fühlte sich, als hätte ihm jemand in den Bauch getreten. Er musste sich unbedingt hinsetzen und Luft holen, und er befürchtete, sich zu übergeben.
»Ist alles in Ordnung, Eulenmeister?«, fragte Sean besorgt. »Du siehst nicht besonders gut aus.«
»Doch, doch«, erwiderte Baden mit einem angestrengten Lächeln. »Es geht mir gut.«
»Du wusstest doch, dass Baram zurück in die Halle gebracht werden soll, oder?« Diesmal schwang Angst in der Stimme des Mannes mit. »Ich war nicht da, als er abgeholt wurde. Das war gestern Abend, und ich hatte frei. Aber es hat mich überrascht zu hören, dass nicht du es warst, der ihn geholt hat. Es ist doch alles in Ordnung, oder?« »Selbstverständlich«, versicherte ihm Baden. »Alles in Ordnung.« Er musste nachdenken. Es musste ja wohl Orris gewesen sein. Immer noch besser Orris als Arslan oder einer seiner Verbündeten. »Du sagtest, es ist gestern Abend jemand gekommen?«, fragte er und versuchte, so ruhig wie möglich zu klingen.
»Ja. Eulenmeister. Ein Magier. Ist wirklich alles in Ordnung?«
»Ja, Sean. Ich bin sicher. Ich dachte, er sollte erst nächste Woche verlegt werden. Ich war ein bisschen durcheinander, das ist alles.«
Der Mann lächelt erleichtert. »Selbstverständlich, Eulenmeister. So was passiert mir dauernd.«
»Kannst du dich vielleicht an den Namen des Magiers erinnern?«
»Ja, Eulenmeister.« Er zögerte. »Jedenfalls denke ich das.« »War es Falkenmagier Orris?«, fragte Baden.
Sean lächelte. »Orris! Ja, genau! So hieß er.«
Baden holte tief Luft. Am Abend zuvor, hatte der Wärter gesagt. Und Jaryd hatte behauptet, er hätte sich am Morgen von Orris verabschiedet. »Danke, Sean. Tut mir Leid, dass ich dich gestört habe.«
»Keine Ursache, Eulenmeister. Schade, dass du umsonst hierher gekommen bist.«
Der Eulenmeister zwang sich zu einem Lächeln und tätschelte dem Mann die Schulter, bevor er wieder auf den Waldweg zurückkehrte, der zur Stadt führte. Er bewegte sich bewusst lässig, wollte nichts verraten. Aber sobald er im Wald und überzeugt war, dass die Wärter ihn nicht mehr sehen konnten, verließ er den Hauptweg und setzte sich auf einen Baumstamm. Er atmete schwer, und er zitterte vor Zorn, Angst und von der Anstrengung, die es gekostet hatte, so gefasst mit dem Wärter zu sprechen. Er ruhte sich eine Weile aus, denn was er nun vorhatte, würde ebenfalls anstrengend sein. Normalerweise vermied er es, sich des Ceryll-Var zu bedienen, denn es erforderte den Einsatz gewaltiger Macht und erschöpfte sowohl den Magier als auch den Vogel. Aber in diesem Fall hatte er kaum eine Wahl. Er dachte kurz daran, sich mit Orris in Verbindung zu setzen, aber er war nicht sicher, in welche Richtung der Magier gegangen war, und er war im Augenblick zu wütend. Orris würde auf Zorn nicht sonderlich gut reagieren. Also suchte er stattdessen nach Jaryd.
Er schloss die Augen und spürte, wie die Kraft von Golivas ihn wie ein kühler Bergwind durchfegte und ihn erfüllte, bis es beinahe zu viel wurde. Und dann hob er den Ceryll über den Kopf und entsandte die Magie nach Westen, in die Ausläufer des Parnesheimgebirges, zu dem Weg, den Jaryd und Alayna über die Berge hinweg nehmen würden. Und mit seiner Magie bewegten sich sein Bewusstsein und sein geistiger Blick, sodass er nach dem leuchtenden Blau von Jaryds Ceryll Ausschau halten konnte. Zunächst sah er nichts, nur Dunkelheit, und nach einiger Zeit fragte er sich, ob sie vielleicht doch eine andere Strecke genommen hatten.
Und dann entdeckte er sie. Nicht die Magier oder ihre identischen grauen Vögel oder den Bergpfad, auf dem sie wanderten. Nur ihre Cerylle, Alaynas lilafarbenen und Jaryds blauen. Er stellte sich auf den Letzteren ein und zwang sein orangefarbenes Feuer in das Blau, und für einen Augenblick änderte Jaryds Stein seine Farbe.
Danach wartete er, die Augen immer noch geschlossen. Es dauerte nicht lange, aber es ließ ihn trotzdem aufschrecken, Jaryds Stimme in seinem Kopf zu
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