Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
Stein dabei. Anscheinend halten sie es für wichtig, dass ich ihn mitnehme.«
»Mehr brauche ich darüber nicht zu wissen«, stellte Siarl rasch fest. Die meisten anderen stimmten zu, und Urias schien zu begreifen, dass er in der Minderheit war, und gab auf.
»Nun, nachdem das entschieden ist«, sagte Gwilym, »bleibt nur noch eine Frage: Wer soll euer Oberhaupt sein, solange ich weg bin?«
»Wen schlägst du vor?«, fragte Quim.
Gwilym schüttelte den Kopf und grinste. »O nein«, sagte er. »In diese Falle gehe ich nicht.«
»Feigling!«, rief Hertha zur allgemeinen Erheiterung. Sie stand auf. »Was ist mit Siarl?«, fragte sie. »Ich denke, er wird ein gutes Oberhaupt abgeben.«
Siarl wurde rot, und er lächelte ein wenig verlegen. Aber er sträubte sich nicht, und obwohl noch zwei weitere Kandidaten vorgeschlagen wurden, entschieden sich die Bewohner der Siedlung schließlich für Gwilyms Freund. »Das ist keine Position, die ich längere Zeit innehaben möchte«, sagte Siarl später zu Gwilym, als die Versammlung zu Ende war und die beiden aus der Halle in den kalten Wind eines weiteren klaren Abends hinausgingen. Die anderen waren bereits weg. Hertha war ins Zelt zurückgekehrt, und Gwilym wusste, sie würde auf ihn warten. Aber er brauchte ein wenig Zeit, um sich von Siarl zu verabschieden. »Ich bin damit, wie die Dinge im Moment sind, sehr zufrieden«, fügte Siarl hinzu.
»Das weiß ich«, entgegnete Gwilym und zog den Umhang fest um sich. Er konnte sich nicht erinnern, je einen kälteren Herbst erlebt zu haben. Oder vielleicht lag es einfach daran, dass er älter war und nicht mehr so abgehärtet. Werde ich unterwegs überhaupt durchhalten können?, fragte er sich, und das nicht zum ersten Mal.
Dann begriff er, dass Siarl wieder angefangen hatte zu sprechen. Er hatte keine Ahnung, was sein Freund gerade gesagt hatte. Siarl streckte die Hand aus, packte Gwilym am Arm und fragte: »Gwilym, ist alles in Ordnung?«
Gwilym nickte und versuchte zu lächeln. »Ja. Es ist einfach nur schwierig für mich, Hertha zu verlassen, die Siedlung zu verlassen. Es tut mir Leid, was hast du gerade gesagt?« Siarl tat die Entschuldigung mit einer Geste ab. »Das ist unwichtig.« Er hielt einen Augenblick lang inne, dann fragte er: »Hast du Angst?«
»Ja«, antwortete Gwilym ehrlich. »Große Angst. Sieh mich doch an, Siarl«, fuhr er fort und zeigte mit der fleischigen Hand auf seinen Bauch. »Ich bin kein Abenteurer, und ich bin ganz sicher kein Kämpfer. Und dennoch begebe ich mich an den gefährlichsten Ort in Lon-Ser, um das Leben eines Mannes zu retten, der über eine Macht verfügt, die ich kaum begreifen kann. Habe ich den Verstand verloren?«
Sein Freund lachte leise. »Man kann dir einiges nachsagen, Gwilym, aber verrückt bist du nicht. In all den Jahren, in denen ich dich kenne, hast du nie etwas übertrieben Waghalsiges getan. Und obwohl du fürchtest, was du tun wirst, gehe ich davon aus, dass du tief drinnen weißt, dass du keine andere Wahl hast.«
Gwilym fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Nein.« »Andererseits jedoch«, fügte Siarl hinzu und sah Gwilym forschend an, während der Wind sein silbernes Haar zerzauste, »könntest du immer noch jemanden mitnehmen.« »Das ist unmöglich«, sagte Gwilym.
»Warum unmöglich?«
»Das habe ich doch schon bei der Versammlung gesagt.« Siarl schüttelte entschlossen den Kopf. »Das genügt nicht, Gwilym! Es könnte ein schwerer Winter werden? Wir brauchen hier jeden Mann?« Er schüttelte wieder den Kopf. »Das reicht vielleicht den anderen, aber mir nicht.« »Ich fürchte, es wird reichen müssen!«, erwiderte Gwilym scharf.
Er setzte dazu an weiterzugehen, aber Siarl packte ihn wieder am Arm und zog ihn herum, sodass sie einander noch einmal gegenüberstanden. »Nimm mich mit!«, drängte er. »Oder Quim, oder Urias! Von mir aus nimm Emlyn mit! Aber geh nicht alleine!«
Gwilym schloss die Augen und holte tief Lust. »Ich muss«, sagte er erschöpft.
»Warum?«
Er öffnete die Augen wieder. Siarl schaute ihn gequält an. »In meiner Vision war ich auch allein«, sagte Gwilym. Das stimmte, aber es diente nur dazu, den Augenblick ein wenig hinauszuschieben, in dem er seinem alten Freund die Wahrheit sagen musste. Siarl kannte ihn einfach zu gut. »Aber das ist nicht der Grund.«
»Nein, ist es nicht.« Er holte tief Luft. »Ich habe von dem Zauberer geträumt, und ich sah zwei Männer, die versuchten, ihn zu töten. Aber ich bin zu früh
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