Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
werde keinen von euch zwingen, für mich zu kämpfen. Die Entscheidung liegt bei euch.« Wieder wandte sie sich an Jibb. »Ich werde es auch verstehen, wenn du nicht mehr für mich arbeiten willst. Ich weiß, wie du über Gildriiten denkst.«
»Gildriiten sind gar nicht so übel.« Er grinste sie an. »Ich denke, du hast Recht: Dass du diesen Stab da hast, verändert vielleicht tatsächlich ein paar Dinge.«
Sie lächelte und schien zutiefst erleichtert. Aber einen Augenblick später runzelte sie besorgt die Stirn. »Was ist passiert?«, fragte sie. »Warum seid ihr überhaupt hier unten?« »Du hast sicher von Durell gehört.«
Sie nickte. »Ja. Und von Wildon und Newell.«
»Nun, bevor Cedrych sich um sie gekümmert hat, hat er einem Gesetzesbrecher namens Dob geholfen, den Vierten zu übernehmen.«
Melyor starrte ihn ungläubig an, und dann lachte sie schrill auf. »Dob? Das soll wohl ein Witz sein!«
Jibb kniff die Augen zusammen. »Du kennst ihn?« »Ich bin ihm im Zweiten begegnet, an jenem Abend, als ich dort nach Savil suchte.«
»Ach ja«, sagte Jibb leise. »Das hatte ich ganz vergessen.« Sie lächelte verlegen. »Dob und ich hatten ein paar Probleme.«
»Glaubst du, Cedrych hat ihn deshalb ausgewählt?« »Mag sein«, sagte Melyor schulterzuckend. »Es passt zu seiner Art zu denken. Du sagst, Cedrych hat ihm bei der Übernahme geholfen«, fuhr sie fort. »Wie meinst du das?« »Er hat ihm Waffen und Männer gegeben und ihn wahrscheinlich auch bei der Planung des Angriffs unterstützt.« »Bist du sicher?«
Jibb lachte. »Du hast ihn doch kennen gelernt - glaubst du, er hätte mich sonst schlagen können?«
Melyor lachte ebenfalls. »Wahrscheinlich nicht.« Sie sah Premel und seine Leute an. »Ich hoffe, du hast noch ein paar mehr Männer übrig.«
Jibb spürte, wie sein Lächeln verging. »Mach darüber bloß keine Witze. Ich habe in der ersten Nacht beinahe vier ganze Einheiten verloren.«
Melyor wurde blass und sah plötzlich überraschend zerbrechlich aus. »Aricks Faust«, flüsterte sie. Sie starrte ihren Kristall an, als könnte sie in seinem scharlachroten Licht Jibbs Kampf gegen Dob sehen. »Es ist alles meine Schuld«, sagte sie schließlich leise. »Ich habe ihm getrotzt, und dann bin ich davongelaufen.« Wieder sah sie Jibb an. »Es tut mir Leid.«
Jibb wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte nie zuvor erlebt, dass es sie so getroffen hatte, wenn ihre Leute umkamen. Kein Nal-Lord und kein Gesetzesbrecher mochte es, die Leute zu verlieren, die er rekrutiert hatte. Aber es gehörte auch zum Leben im Nal. Es war unvermeidlich. Sie hatte sich verändert, begriff er, und er wusste nicht, was er mit diesen Veränderungen anfangen sollte.
Zum Glück bemerkte er gleich darauf, wie ihre Miene wieder entschlossener wurde, und das auf eine Art, die er sehr gut kannte. »Wie ich schon sagte«, erklärte sie an Premel und die anderen gewandt und hob die Stimme, so dass sie laut im Tunnel widerhallte, »ich werde niemanden zwingen, für mich zu kämpfen. Aber ich brauche euch, und das nicht nur, um den Vierten wieder zu beanspruchen, sondern auch, um gegen Cedrych zu kämpfen.« »Gegen Cedrych?«, fragte Jibb ungläubig. »Das ist nicht dein Ernst!«
Sie fuhr abermals zu ihm herum. »Du hast selbst gesagt, dass er es war, der uns den Vierten abgenommen hat! Er hat auch Klinge geschickt, der uns bis nach Oerella-Nal verfolgt und den Steinträger umgebracht hat!«
»Aber selbst, wenn wir noch unsere volle Stärke hätten«, protestierte Premel, »könnten wir nicht gegen Cedrychs Leute ankommen!«
Melyor grinste, und als er das sah, musste Jibb ebenfalls unwillkürlich grinsen. So sehr hatte sie sich nun auch wieder nicht verändert! »Ich bin jetzt vielleicht eine Steinträgerin, Premel, aber ich bin nicht dumm.«
»Nein, Nal-Lord«, sagte der Gesetzesbrecher hastig. »Ganz bestimmt nicht.«
»Ich habe nicht vor, Cedrychs Hauptquartier offen anzugreifen.«
»Was hast du dann im Sinn?«, fragte Jibb.
»Orris und ich haben einen Plan entwickelt, der vielleicht funktionieren könnte.«
Jibb warf dem Zauberer, der sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten hatte, einen Blick zu. Jibb war nicht sicher, wie viel der Mann von dem, was in den vergangenen Minuten gesagt worden war, verstanden hatte, aber er hatte alles und jeden mit offensichtlichem Interesse beobachtet. Als er bemerkte, dass Jibb ihn ansah, nickte er. Jibb entgegnete die Geste, aber er musste wieder an den Kampf
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