Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
denken, den sie in einer Gasse in Einundzwanzigsten Bezirk ausgefochten hatten. Das alles schien so lange her zu sein. »Kannst du mir schon etwas über diesen Plan sagen?«, fragte er Melyor.
»Demnächst«, erwiderte sie. »Aber als Erstes muss ich wissen, wie viel Unterstützung ich haben werde.« Sie sah Jibbs Männer erwartungsvoll an. »Ihr habt mich alle schon kämpfen sehen«, sagte sie ruhig. »Und ihr wisst, dass ich nichts anfange, was ich nicht auch zu Ende bringen will. Das hat sich nicht verändert. Ich weiß, ihr kennt den Zauberer nicht, aber ihr könnt mir glauben, wenn ich euch sage, dass er mehr Grund als jeder andere von uns hat, Cedrych zu hassen, und dass seine Macht noch größer ist, als selbst der Oberlord begreift. Wir brauchen allerdings eure Hilfe, damit wir in Cedrychs Hauptquartier eindringen können; Orris und ich werden dann den Rest erledigen.« Jibb hielt den Atem an. Seine Männer wussten, wie er dachte, und wenn das alles gewesen wäre, dann wären sie ihm ohne weitere Fragen gefolgt. Aber das hier waren auch Premels Leute. Wenn Premel sich weigerte, würden die anderen in einen Konflikt geraten. Und wenn diese Einheit Melyor nicht folgte, würden die anderen es vermutlich auch nicht tun. So seltsam es schien, plötzlich hing alles von der Entscheidung eines einzigen Gesetzesbrechers ab. Auch Melyor hatte das offenbar erkannt. »Ich erinnere mich noch an unsere erste Begegnung, Premel«, sagte sie und ging einen Schritt auf ihn zu. »Das war in dieser widerwärtigen Bar an der Grenze zwischen dem Vierten und dem Zweiten. Jibb und ich haben dich und deine besten zwei Männer mit nichts als euren Stiefelspitzen und dem Messer kämpfen sehen, und ich wusste sofort, dass ich euch in meiner Truppe haben wollte.« Sie zeigte auf Jibb. »Er musste erst überredet werden - er sagte, eure Technik sei zu unkonventionell und sie würde nicht zu der der anderen Männer passen, die er ausbildete. Aber ich habe ihn überredet.« Jibb lächelte. Er erinnerte sich ebenfalls.
»Ich habe das nie bereut«, fuhr Melyor fort, »und das werde ich auch nicht tun, ganz gleich, wie du dich entscheidest. Aber ich möchte dich bitten, mir zu vertrauen, genau wie du es damals getan hast. Ich brauche dich, Premel.« Der Gesetzesbrecher errötete leicht. Die anderen beobachteten ihn, und das wusste er wohl. Ein Augenblick ging vorüber. Dann ein weiterer. Immer noch hatte er nichts gesagt, aber nun holte er tief Luft. »Also gut«, sagte er schließlich und sah Jibb eine Sekunde lang in die Augen, bevor er den Blick wieder abwandte. »Also gut.«
Melyor lächelte strahlend. »Danke.« Sie warf den anderen Männern einen Blick zu. »Und ihr?«
Einer nach dem anderen taten sie kund, dass sie weiter für Melyor arbeiten würden, zwei davon mit offensichtlichem Widerstreben, aber Jibb kannte sie beide gut. Es waren fähige, verlässliche Männer. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, würden sie tun, was Melyor oder er von ihnen wollte. »Und was nun?«, fragte Jibb und fühlte sich plötzlich ein wenig schwindlig. Dob war immer noch Nal-Lord des Vierten, und Melyor hatte offenbar vor, sich mit dem gefährlichsten Mann in Lon-Ser anzulegen. Aber er und Melyor waren wieder zusammen, genau wie es sein sollte. »Als Erstes sollten wir uns den Vierten zurückholen«, antwortete Melyor entschlossen.
Jibb nickte. »Selbstverständlich.«
»Du sagtest, Cedrych hätte Dob geholfen, den Bezirk einzunehmen. Hilft er ihm auch, ihn zu behalten?«
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte Jibb. »Wenn man bedenkt, was er sich aufgeladen hat, als er Durell, Wildon und Newell umbrachte, würde ich davon ausgehen, dass er all seine Männer wieder in seiner Nähe hat.« »Du hast wahrscheinlich Recht«, erklärte sie. »Langfristig dürfte es Cedrych vollkommen gleich sein, ob Dob überlebt oder nicht. Er hat bereits erreicht, was er wollte.« »Dir den Vierten abzunehmen?«
Melyor schaute ihn überrascht an. »Glaubst du wirklich, dass es darum ging?«
Jibb blinzelte, dann zuckte er die Achseln. »Ja. Warum hätte er es sonst tun sollen?« »Du unterschätzt dich, Jibb.«
»Was?«
»Wie lange ist es her, seit Dob angegriffen hat?«
Der Gesetzesbrecher dachte einen Moment nach. »Ungefähr drei Wochen.«
»Etwa zur selben Zeit, als Cedrych Klinge angeheuert hat, um mich umzubringen. Er wollte mir den Bezirk nicht abnehmen; er ist damals davon ausgegangen, dass ich tot bin. Er hatte Angst vor dir oder davor, was du
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