Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
Gruppen von Magiern, jungen und alten, und verteidigte Orris heftiger, als er für möglich gehalten hatte, wenn man die Zweifel bedachte, die er selbst noch vor einiger Zeit gehabt hatte. Es war beinahe, als versuche ein Teil von ihm, stets widerspenstig zu sein, als reagiere er nur auf die Selbstgerechtigkeit so vieler seiner Kollegen.
Am dritten Tag informierte Sonel schließlich die Magier, dass die Versammlung am nächsten Morgen beginnen würde. Als Jaryd und Alayna an diesem Abend auf ihrem Bett in Adlerhorst saßen und darüber sprachen, was wohl in den nächsten Tagen zu erwarten wäre, verlieh Alayna ihrer Sorge wegen seiner wachsenden Streitlust und deren möglichen Folgen Ausdruck. »Wenn du so viele gegen dich aufbringst«, sagte sie gleichermaßen verärgert wie besorgt, »werden sie dich ebenso angreifen wie Orris!«
»Mag sein«, gab Jaryd gleichmütig zu, »aber irgendwer muss ihn schließlich verteidigen. Sonst machen wir es ihnen zu leicht.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Zu leicht? Das verstehe ich nicht.«
Jaryd schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht anders erklären. Was Orris getan hat, war eine Reaktion auf die Selbstzufriedenheit des Ordens, oder?« Sie nickte. »Dann erlaubt ihnen die Verurteilung von Orris als Verräter nur, ihre Selbstzufriedenheit auch noch zu rechtfertigen. Wir sind alle dafür verantwortlich, dass Baram überhaupt hier war. Wir haben zugelassen, dass Sartols Plan so weit gedeihen konnte; wir alle haben den Fremden gestattet, so viel Schaden anzurichten. Unser Selbstzufriedenheit war daran beteiligt. Aber Orris versucht, wenigstens etwas Gutes daraus zu machen; indem er Baram benutzt, um die Herrscher von Lon-Ser zum Handeln zu bringen. Wenn Erland und die anderen Orris als Verräter bezeichnen, befreit sie das von der Verantwortung, etwas zu tun. Es gestattet ihnen vorzugeben, der Orden hätte keine Fehler gemacht, und Orris für seinen Mut auch noch zu bestrafen.« Er zuckte die Achseln. »Er ist mein Freund. Ich kann das nicht zulassen. Und ich werde nicht zulassen, dass sie sich hinter ihrer Trägheit und Feigheit verkriechen.«
Alayna starrte ihn lange Zeit an. Schließlich beugte sie sich vor und küsste ihn sanft auf die Lippen.
»Wofür war das denn?«, fragte Jaryd und lächelte.
Nun war es an ihr, die Achseln zu zucken. »Für deine Leidenschaft und deine Loyalität und deine Fähigkeit, Dinge auf eine Weise zu sehen, die anderen offenbar nicht möglich ist.«
»Heißt das, dass du ebenfalls meiner Ansicht bist?«
»Es bedeutet«, sagte sie und umarmte ihn, »dass ich dich liebe und dich mit all meiner Kraft verteidigen werde, selbst wenn ich nicht derselben Ansicht bin wie du.«
Am nächsten Morgen erwachten die beiden vom Läuten der Glocken der Großen Halle. Trahn und Baden warteten schon im Erdgeschoss des Gasthauses, und zusammen eilten die vier Magier zum Versammlungssaal. Sie waren unter den Letzten, die dort eintrafen, und kaum hatten sie ihre Plätze eingenommen, eröffnete Sonel die Versammlung auch schon. Es gab keine Zeremonien. Sie verkündete einfach nur, dass die Versammlung offiziell begonnen hatte, und bat Erland sofort, sein Anliegen vorzutragen.
»Wir sind auf deine Bitte hier, Eulenmeister«, sagte sie. »Vielleicht möchtest du erklären, warum.«
»Danke, Eulenweise«, begann der weißhaarige Magier, stand auf und fuhr sich über den kurz geschnittenen silbergrauen Bart. »Es tut mir Leid, dass ich die Bitte aussprechen musste, die die Weise erwähnte. Ich wäre lieber zu Hause und würde mich um meinen Garten und um die Menschen im Falkenfinderwald kümmern. Aber ich bin auf eine Sache aufmerksam geworden, die so verstörend ist, dass ich der Ansicht war, sie verlangte unsere sofortige Aufmerksamkeit.« Er hielt inne. »Unser Gefangener aus Lon-Ser ist verschwunden, und ich habe Grund anzunehmen, dass einer unserer Kollegen ihn befreit hat.«
Dieser Ankündigung folgten einige Gespräche im Flüsterton, aber wenn Erland Aufruhr erwartet hatte, wäre er von der Reaktion des Ordens enttäuscht gewesen. Inzwischen wussten alle Bescheid.
»Wie hast du entdeckt, dass Orris ihn befreit hat, Erland?«, wollte einer der jüngeren Magier wissen.
»Eine größere Gruppe von uns ist als Mahnwache zum Gefängnis gegangen, um unsere Unzufriedenheit über die Nachlässigkeit, die wir diesem kaltherzigen Mörder gegenüber gezeigt haben, zu demonstrieren.«
Alayna beugte sich zu Jaryd. »So viel also zu seinem Garten«, flüsterte
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