Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
sehen will.
»Setz dich«, sagt Dob barsch und zeigt auf eine lang gezogene, dick gepolsterte silbergraue Couch. »Oberlord?«, ruft er, nachdem er sich überzeugt hat, dass Baram seinen Befehl befolgt hat.
»Einen Augenblick«, erklingt die Antwort aus einem anderen Zimmer.
Dob wirft Baram einen Seitenblick zu, dann verdreht er die Augen und schüttelt den Kopf. Baram fragt sich, ob der Nal-Lord ihn hierher gebracht hat, um ihn zu töten. Er ist selbst überrascht, wie ruhig er bleibt.
Dann kommt Cedrych herein, und Dob winkt Baram hektisch zu, er solle aufstehen. Baram kommt wieder auf die Beine und sieht den Oberlord an.
Er hat von dem Attentatsversuch gehört, der dem Oberlord seine Narben einbrachte und auch für das lahme Bein verantwortlich ist, aber das hat ihn nicht auf diesen Anblick vorbereitet. Die gesamte rechte Gesichtshälfte des kahlköpfigen Mannes ist voller Narben, als wäre sie von einem wilden Tier verstümmelt worden. Baram bemüht sich, den Oberlord nicht anzustarren.
»Ihr seid spät«, sagt Cedrych zu Dob und sieht den Nal-Lord mit seinem blauen Auge kalt an.
Dob nickt. »Tut mir Leid, Oberlord.« Er zeigt auf Baram. »Er war ... er brauchte erst mal ein Bad und neue Sachen.« »Ein Nal-Lord macht andere nicht für sein Versagen verantwortlich, Dob«, sagt Cedrych kalt. »Zumindest tun meine Nal-Lords so etwas nicht.«
Dob schaut zu Baram hin, nur kurz, aber es genügt, dass Baram erkennen kann, wie sehr der Nal-Lord ihn hasst. »Jawohl, Oberlord«, antwortet er.
Cedrych schaut Baram einen Moment an, dann wendet er sich wieder Dob zu. »Erzähl mir noch einmal, wie du ihn gefunden hast.«
»Das habe ich nicht, Oberlord. Einer meiner Männer hat ihn gefunden. Er ist durch die Straßen gezogen, hatte diese merkwürdigen Lumpen am Leib und hat vor sich hin geredet und von Zauberern und Gefängnissen in Tobyn-
Ser gesprochen. Mein Untergebener hat ihn zu mir gebracht, und ich dachte, es könnte wichtig sein.« Dob lächelt. »Ich habe gehört, du hast ein gewisses Interesse an Tobyn-Ser«, fügt er vertraulich hinzu.
Cedrych sieht ihn gelangweilt an. »Das war im Vierten?« »Nein, Oberlord, im Zweiten.«
»Im Zweiten?«, wiederholt Cedrych stirnrunzelnd. »Du hast ihn also schon gefunden, bevor wir über Melyors Bezirk gesprochen haben? Und du hast mir nichts davon gesagt?« »Es ... es tut mir Leid, Oberlord«, stottert Dob. »Unser Gespräch war zu Ende, bevor ich die Gelegenheit hatte, ihn zu erwähnen. Und seitdem war ich vollkommen damit beschäftigt, den Vierten zu sichern, wie du es mir befohlen hast.«
»Ja, selbstverständlich«, entgegnet Cedrych verächtlich. »Hast du Jibb schon gefunden?«
»Nein, Oberlord, noch nicht. Aber wir werden ihn finden, darauf kannst du dich verlassen.« Dob zögert, aber nur einen Augenblick. »Wenn du deine Männer noch eine Weile in den Vierten schicken könntest...«
Der kahlköpfige Mann stößt ein freudloses Lachen aus. »Wenn ihr ihn bis jetzt nicht gefunden habt, dann hat das keinen Sinn. Ich könnte dir meine gesamte Armee überlassen, und das würde wahrscheinlich auch nichts daran ändern. Jetzt nicht mehr. An deiner Stelle würde ich gut auf mich aufpassen.«
Dob schluckt nervös, aber er schweigt.
»Geh jetzt«, befiehlt Cedrych und zeigt auf die Tür. »Ich möchte allein mit ihm sprechen. Kehr sofort in den Vierten zurück. Du wirst von mir hören, wenn ich dich brauche.« »Ja, Oberlord.« Der Nal-Lord nickt, dann wirft er Baram noch einen weiteren verächtlichen Blick zu und geht zur Tür. »Gute Nacht, Oberlord.«
»Der Mann ist ein Idiot«, bemerkt Cedrych, nachdem Dob gegangen ist, aber er spricht mehr mit sich selbst als mit Baram. »Erstaunlich, dass er so lange überlebt hat.« Er zeigt auf die Couch, mit einer Hand, die für einen Mann seiner Größe und seines Rufs erstaunlich schlank und zart aussieht. »Bitte setz dich. Möchtest du etwas trinken?« Baram schüttelt den Kopf, und Cedrych lässt sich selbst in einem Sessel nieder. »Wie heißt du?«, fragt der Oberlord mit einem freundlichen Lächeln.
»Baram«, antwortet er, und seine Stimme hört sich auch für ihn seltsam an. Er hat sich immer noch nicht daran gewöhnt, wieder Lonmir zu sprechen.
»Warst du einer von Calbyrs Männern?«
Baram nickt. Er versucht, Cedrych ins Auge zu sehen, aber sein Blick kehrt immer wieder zu der narbigen Augenhöhle zurück, wo das andere Auge sein sollte, als führe alles im Gesicht des Oberlords unweigerlich zu diesem
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