Die Chroniken von Amarid 04 - Die Retterin des Landes
Punkt.
»Was ist passiert, Baram? Was ist mit Calbyr und den anderen geschehen?«
Er zögert. Es ist so lange her, und die Geschichte ist schwierig zu erzählen. »Ein Geist hat uns besiegt«, sagte er schließlich.
Der Oberlord beugt sich vor und sieht ihn fragend an. »Ein Geist?«
»Genauer gesagt zwei. Ein Mann und ein Wolf. Die Magier haben uns alle zu dem Geist gebracht, und als der Geist kam, haben wir versucht, ihn umzubringen, aber wir konnten es nicht, und dann haben die Magier uns besiegt.« »Die Magier haben euch also mit ihrer Magie besiegt«, sagt Cedrych nachdenklich.
Baram nickt. »Ja. Und mit dem Geist.« Er weiß, dass das alles vollkommen unverständlich klingt, aber die leere Augenhöhle lenkt ihn irgendwie ab.
Cedrych holt tief Luft. »Was ist danach passiert? Hat man dich gefangen genommen?«
Er nickt.
»Und ins Gefängnis gesteckt?«
Er nickt abermals.
»Für wie lange?«
Baram denkt nach. Er erinnert sich daran, dass er in den ersten Monaten seiner Gefangenschaft die Tage gezählt hat, aber danach hat er den Überblick verloren. Und dann hat er stattdessen angefangen, Steine zu zählen. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, es waren Jahre. Eine lange Zeit!« Cedrych verzieht mitfühlend das Gesicht. Der Ausdruck in seinem einzelnen Auge ist freundlich und seltsam vertraut. Baram fragt sich, ob er dem Oberlord schon einmal begegnet ist und es nur vergessen hat. »Das muss schrecklich gewesen sein«, sagt Cedrych. »Hast du sie sehr gehasst?« Baram zuckt die Achseln und wendet sich ab. Er weiß jetzt, dass er dem Oberlord nie begegnet ist. Er hat sich nur an Badens Augen erinnert, die dieselbe Farbe hatten.
»Kein Problem, wenn das nicht so ist«, sagt Cedrych. »Hast du ihnen viel darüber erzählt, wieso du in Tobyn-Ser warst?«
Baram regt sich nicht. Er schweigt.
Cedrych streckt die Hand aus und tätschelt mitleidig Barams Bein. »Schon gut«, sagt er. Er lehnt sich zurück. »Wie bist du wieder hierher gekommen?« »Der Magier hat mich hergebracht«, antwortet Baram schnell. »Es ist ein Magier in Bragor-Nal.«
Cedrych überrascht ihn, indem er nickt. »Ja, ich weiß. Hat er dir gesagt, wieso er hergekommen ist?«
»Er sagte, er wollte Frieden schließen«, antwortet Baram vorsichtig. »Er hat mich als Führer gebraucht, damit ich ihn zum Nal bringe.«
»Glaubst du, dass er wirklich Frieden will?«
»Ich weiß es nicht.«
»Magst du diesen Mann, Baram? Ist er ein Freund?« Er schüttelt bedächtig den Kopf. »Nein. Sobald wir das Nal erreicht hatten, bin ich geflohen. Ich habe versucht, den Leuten zu erzählen, dass er hier ist. Ich habe es auch dem Nal-Lord gesagt.«
Cedrych kneift die Augen zusammen. »Dem Nal-Lord«, wiederholt er. »Sprichst du von Dob?«
Baram nickt, und Cedrych scheint enttäuscht zu sein. »Ja, Dob«, sagt Baram. »Ich habe versucht, es ihm zu sagen, aber er wollte nicht zuhören. Er ist sehr stark.«
»Meinst du den Magier?«
»Ja. Er hat Kräfte, die ...» Er schüttelt den Kopf und sucht nach dem richtigen Wort. Dann gibt er schließlich auf. »Er ist sehr stark«, sagt er noch einmal.
»Sind alle Magier so stark wie dieser?«
»Ja«, antwortet er rasch. Dann schweigt er einem Moment. »Ich glaube schon. Sartol war vielleicht noch stärker.«
»Sartol?«, fragt der Oberlord interessiert.
»Das war ein Magier, der uns geholfen hat. Er und Calbyr haben zusammengearbeitet, obwohl ich nicht glaube, dass sie einander mochten.« »Ihr habt einen Verräter innerhalb des Ordens gefunden?«, fragt Cedrych verblüfft.
Baram nickt, und einen Augenblick lang hat er Angst, dass er etwas Falsches gesagt hat. Der Oberlord sieht ihn wachsam an, als würde er plötzlich etwas in Baram erkennen, das ihm zuvor entgangen war, und er beugt sich wieder vor. »Kannst du dich an viele Einzelheiten aus Tobyn-Ser erinnern, Baram?«
Er zuckt die Schultern und kaut eine Weile auf seiner Unterlippe. »Ich erinnere mich daran, wie es aussieht«, sagt er schließlich leise. »Ich erinnere mich an die Sprache und daran, wie Magier sich verhalten sollen.«
»Kennst du dich immer noch aus? Erinnerst du dich an die wichtigsten Städte und Flüsse?«
Baram schaut seine Hände an und denkt nach. Er hat Cedrych angemerkt, dass das eine wichtige Frage war. »Vielleicht«, erwidert er nach einem Augenblick. »Ich glaube schon.«
Cedrych steht auf und beginnt, im Zimmer umherzuwandern. Er sieht aus dem großen Fenster auf die Lichter des Nal hinaus und rückt Bilder gerade,
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