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Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn

Titel: Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David B. Coe
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Schluck von seinem Shan-Tee und las es ein drittes Mal.
    Es war, das musste er zugeben, ein hervorragend verfasstes Dokument. Sie war vorsichtig genug gewesen, sich nicht auf den Angriff auf Orris zu konzentrieren, obwohl sie auch nicht zugestand, dass dieser mit den Zusatzverordnungen zu vereinbaren war. Stattdessen nutzte sie einfach die Gelegenheit, die Kovets Aktionen ihr boten, um die Angriffe zu kritisieren, die in der Liga ohnehin bereits zu Unzufriedenheit geführt hatten. Wahrscheinlich würden Arslan und seine Anhänger ihr zustimmen, ebenso wie jene, die bereits von vornherein auf Cailins Seite standen. Und dank der unglaublichen Dummheit dessen, was Kovet und seine Freunde getan hatten, zweifelte Erland kaum daran, dass selbst seine treuesten Verbündeten sich für eine Strafe aussprechen würden, vielleicht sogar für den Ausstoß der drei Magier aus der Liga. Und das wiederum würde Erland drei verlässliche Stimmen bei allen folgenden Abstimmungen kosten.
    »Idioten«, murmelte er leise und trank erneut einen Schluck Tee. Was war nur in sie gefahren, diese Männer zu bedrohen? Was hatten sie sich dabei gedacht? Er hatte Kovet in die Halle gebeten, um ihm genau diese Fragen zu stellen,
    aber der Magier hatte sich noch nicht gemeldet. Zweifellos wusste er, wie sein Gespräch mit dem Ersten Meister verlaufen würde. Erland konnte es ihm kaum übel nehmen, dass er die Begegnung vermeiden wollte.
    Wieder hob er den Becher an die Lippen, aber bevor er trinken konnte, klopfte es an der Tür.
    »Ja?«, rief er.
    Die Tür ging auf, und eine Dienerin der Halle steckte den Kopf herein.
    »Die Adlermeisterin ist hier, Erster Meister«, sagte die Frau. »Soll ich ihr ausrichten, dass du mit ihr sprechen möchtest?«
    »Danke, nein«, antwortete Erland und stand auf. »Ich werde sie selbst hereinbitten.«
    Die Frau nickte. »Sehr wohl.«
    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Danke«, sagte er abermals und fühlte sich ein wenig beschämt. Er hätte den Namen der Frau kennen müssen. Er residierte nun schon seit sechs Jahren in der Halle der Liga, und diese Dienerin war beinahe von Anfang an dabei gewesen.
    Die Frau lächelte dünn und zog sich zurück.
    Er blieb stehen, bis er ihre Schritte nicht mehr hören konnte, und dann wartete er noch ein paar Sekunden, damit er nicht allzu bemüht wirken würde. Cailin war vermutlich klug genug, um zu wissen, wann sie die Oberhand hatte, aber wenn das nicht der Fall sein sollte, würde er sich selbst keinesfalls verraten.
    Rasch holte er noch einmal tief Luft, setzte ein Lächeln auf und ging entschlossen in den Versammlungssaal hinaus. Er hatte gehofft, so zu wirken, als wäre er auf dem Weg irgendwohin, aber Cailin stand am anderen Ende des Besprechungstisches und starrte ihn an, als wüsste sie es ohnehin besser.
    Der Morgen war für diese Zeit im Frühling ungewöhnlich kalt, und Cailins Wangen waren immer noch gerötet, was ihr jugendliches Gesicht beinahe kindlich wirken ließ. Ihr großer Adler saß auf ihrem Arm, wodurch sie selbst kleiner und tatsächlich noch jünger und unscheinbarer wirkte. Und dennoch war etwas an der Art, wie sie sich hielt und den Vogel trug, der sie auserwählt hatte, das bewirkte, dass Erland sich vollkommen unbedeutend und ein wenig eingeschüchtert fühlte.
    Warum hatten die Götter eine so junge Frau auserwählt?, fragte er sich. Warum hatten sie Cailin auserwählt und nicht ihn?
    »Hast du auf mich gewartet?«, sagte sie und sah ihm direkt in die Augen.
    Es hatte keinen Sinn zu lügen. »Ja.«
    »Weil du mit mir über die Anklage gegen Kovet und die anderen sprechen wolltest?«
    »Ja.«
    Sie zeigte auf die Tür, durch die er gerade hereingekommen war. »Nach dir.«
    Erland zog sich mit der Adlermeisterin in sein Zimmer zurück.
    »Bitte setz dich«, sagte er, zeigte auf einen der großen Sessel an der Feuerstelle und schloss die Tür. »Kann ich dir etwas anbieten?« Bei den Göttern, das hier war sein Zimmer, und ganz gleich, in welcher Situation er sich befand, er würde diese Diskussion leiten, wie es seinem Alter und seiner Position in der Liga angemessen war. Sein Stolz verlangte es einfach.
    Und dennoch schien Cailin entschlossen, ihm selbst den kleinsten Sieg zu verweigern.
    »Nein danke«, sagte sie und blieb an der Feuerstelle stehen, bis ihr Adler von ihrem Arm auf den Sims gesprungen war, wo er sich zu putzen begann. »Bringen wir es hinter uns, Erland. Du wolltest mit mir sprechen. Also sprich.« Der Erste Meister schluckte und

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