Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Vogel hatte sich noch nicht geregt, und er fragte sich, ob sie tatsächlich vorgehabt hatte zu gehen. Aber das war jetzt im Grunde egal. Was auch immer sie von ihm gelernt hatte, sie beherrschte es inzwischen besser als er. »Ich will, dass du mit mir zusammenarbeitest. Ich will, dass du aufhörst, jede einzelne Angelegenheit zu einer Prüfung der Loyalität der Liga dir gegenüber zu machen.«
»Gut.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Die Angriffe auf Orris müssen sofort aufhören.«
»Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich solchen Einfluss auf die Magier der Liga nehme, Cailin. Und du kannst erst recht nicht annehmen, dass wir auch noch jene kontrollieren, die wir aus unseren Reihen ausgestoßen haben.« Er würde ihr nicht alles zugestehen.
»Genau das erwarte ich aber, Erland. Wenn du ihnen sagst, sie sollen Orris in Ruhe lassen, dann werden sie das tun. Und was den Rest angeht, so glaube ich, wir werden eine Lösung finden können, die nicht damit endet, dass Kovet und seine Freunde aus der Liga ausgestoßen werden.«
»Ich bin tatsächlich der Ansicht«, sagte Erland angestrengt bemüht, nicht zu eifrig auf ihr Angebot einzugehen, »dass eine solche Lösung im besten Interesse der Liga wäre. Dies ist einfach nicht der richtige Zeitpunkt, um unsere Magier zum Orden oder zur Volksbewegung zu treiben.«
»Da kann ich dir nur zustimmen. Ich möchte ihnen ihre Umhänge wirklich nicht abnehmen.«
Er biss die Zähne zusammen. »Und was wird nötig sein, damit das nicht geschieht?«
»Dein Versprechen, dass ich in allen Angelegenheiten, die den Orden betreffen, deine Zustimmung habe, ebenso in allen Angelegenheiten bezüglich der freien Magier und der Tempel.«
»Das ist nicht dein Ernst!«, flüsterte er. »Du bittest mich darum, dir die Herrschaft über die Liga zu geben!«
Sie zuckte die Achseln und blieb ruhig. »So weit würde ich nicht gehen.«
»Worin besteht schon der Unterschied? Du willst, dass ich bei allen wichtigen Dingen nachgebe.« »Nur für eine Weile. Nur bis diese Krise - welche Gestalt sie auch annehmen mag - vorüber ist.«
Erland zögerte, abermals in Versuchung geführt von dem, was sie nicht aussprach. »Und dann?«
»Nach allem, was ich von früheren Adlerweisen weiß, sieht es so aus, als wären die Vögel weitergezogen, sobald die Notwendigkeit für einen Adler nicht mehr bestand. Danach waren die Magier dann wieder ungebunden.«
Erland nickte. »Das habe ich auch gehört.«
»Und das bedeutet, sobald diese Krise vorüber ist, wird die Liga wieder dir gehören. Eine ungebundene Magierin kann nicht Erste oder Zweite Meisterin sein.«
»Aber du wirst nicht ewig ungebunden bleiben«, sagte er und betrachtete sie skeptisch. »Willst du mir damit sagen, dass du nicht vorhast, die Liga anzuführen?«
»Nein, Erland, so etwas sage ich nicht. Ich erinnere dich nur an etwas, was wir beide wissen: Ich habe viel Zeit. Ich werde eines Tages Erste Meisterin sein. Und ich kann warten.«
»Woher weiß ich, dass du dich an dein Wort halten wirst?«, fragte er. »Es ist nicht einfach, Macht wieder abzugeben, die man einmal hatte.«
Sie nickte ernst. »Das habe ich gesehen.«
Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss, und wandte sich ab.
»Du musst einfach darauf vertrauen, dass ich rechtzeitig zurücktreten werde«, fügte sie einen Augenblick später hinzu. »Du hast leider keine andere Wahl.«
»Ich könnte dich bekämpfen.« Er zeigte auf die Tür zum Hauptsaal. »Ich könnte dich dazu zwingen, dass du das Konklave überzeugen musst, gegen mich zu stimmen.« »Das könntest du. Aber wie ich dir schon zuvor sagte, du würdest verlieren.«
»Das weißt du nicht.«
Plötzlich sprang der Adler auf Cailins Arm, und sie ging auf die Tür zu. »Du hast Recht. Gehen wir und finden es heraus.«
Er hielt sie nicht sofort auf; er wollte sehen, wie weit sie gehen würde. Aber als sie nach dem Türknauf griff und begann, die Tür zu öffnen, blieb ihm nichts anderes übrig, als ihren Namen zu rufen.
Sie schob die Tür wieder zu und drehte sich um.
»Also gut«, sagte er. »Ich werde tun, was du von mir willst. Aber im Gegenzug möchte ich darum bitten, dass unsere Übereinkunft geheim bleibt. Nenn es Eitelkeit, wenn du willst, aber es wäre mir lieber, wenn niemand von diesem Gespräch erführe.«
»Ich gebe dir mein Wort«, sagte sie feierlich.
»Und du wirst mir auch versprechen, dass Kovet, Dirss und Brinly nicht bestraft werden?«
Sie schüttelte den Kopf. »O nein. Sie
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