Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
seinem Tod über ihn gelacht. Aber nun, in diesem zweiten Leben, das er durch Tammens Körper erhalten hatte, würde er sich an allen rächen, die ihm Unrecht getan hatten. Als Erstes jedoch brauchte er Zugang zu dem Stein. Es hatte ihn wenig berührt, die Feuer zu legen. Sicher, es war erfreulich gewesen zu spüren, wie die Magie durch Tammens Körper floss wie Wellen aus Ducleas Meer. Aber es hatte nur seinen Appetit auf das, was kommen würde, vergrößert.
Danach war es nicht mehr schwierig, in die Große Halle zu gelangen. Jaryd und Alayna hatten genau das getan, was er von ihnen erwartet hatte, waren blind losgestürmt, um den Menschen zu dienen, ohne darüber nachzudenken, dass es sich um einen Trick handeln könnte. Sie waren alle viel zu vertrauensselig, und genau deshalb hatte er es schon einmal beinahe geschafft, sich des Steins zu bemächtigen. Die Diener setzten ihm fast keinen Widerstand entgegen. Die Frau, die ihn gestern empfangen hatte, informierte Tammen, der Adlerweise und die Erste seien nicht da, und sie könne warten oder ein andermal zurückkommen. Sartol hatte ihr befohlen zu gehen und die anderen Diener und Jaryds und Alaynas Kind mitzunehmen, wenn sie nicht sterben wollten. Danach hatte er magisches Feuer aufblitzen lassen und in den großen Kristall entsandt, und die Frau hatte gehorcht.
Einen Augenblick hatte Sartol daran gedacht, das Kind zu töten. Jaryd und Alayna waren schließlich für alles verantwortlich, was ihm zugestoßen war. Ihnen ihre Tochter wegzunehmen, wäre eine angemessene Strafe gewesen. Aber das Letzte, was er jetzt brauchte, war eine Konfrontation mit seinen gefährlichsten Feinden, noch bevor er dafür gerüstet war, vor allem, wenn sie wegen des Todes ihres Kindes nach Rache schrien. Also ließ er die Kleine leben und schickte sie mit den Dienern der Halle auf die Straße hinaus.
Kurz darauf war er mit dem Rufstein allein. Endlich. Das war wirklich lächerlich einfach gewesen. Seit er das Feuer entfacht hatte, waren nur ein paar Minuten vergangen. Als die Alarmglocken endlich aufhörten zu läuten und ihm mitteilten, dass das Feuer ausgebrannt war, war Sartol bereits dabei, sich des großen Kristalls zu bemächtigen. Schon leuchtete der Stein mit seiner Ceryllfarbe - hellgelb wie der Sand von Ducleas Strand. Das Leuchten würde noch heller werden, da war Sartol vollkommen sicher. Irgendwann in nicht allzu ferner Zeit würde der Rufstein so hell leuchten, wie sein Ceryll einmal geleuchtet hatte und wie es nun die gelbe Flamme inmitten von Tammens blauem Stein tat. Aber schon jetzt bestand kein Zweifel daran, dass der Stein ihm gehörte.
Jaryd, Alayna und ihre Freunde würden das erfahren, sobald sie die Halle betraten.
Er hatte dem Tor den Rücken zugewandt, also hörte er sie, bevor er sie sah. Dennoch konnte er, ohne sich umzudrehen, erraten, wer dort hereingekommen war. Außer dem Adlerweisen und seiner Frau würden es Baden, Trahn, Orris, Radomil und vielleicht noch ein paar andere sein, an die er sich von seinem letzten Kampf um sein Leben erinnerte, als sämtliche Mitglieder des Ordens ihn gemeinsam ins Reich der Unbehausten geschickt hatte.
»Geh weg von diesem Stein!«, befahl Jaryd in einem einigermaßen überzeugenden Ton.
»Und warum sollte ich das tun?«, antwortete er und wandte sich ihnen zu. »Ah, Sonel«, fügte er hinzu, als er die hoch gewachsene grünäugige Magierin neben Baden stehen sah. »Dich hatte ich vergessen.« Sie waren zu acht. Jene, die er schon erwartet hatte, und außerdem Sonel und Mered. Alle sahen in etwa so aus, wie er sie in Erinnerung hatte, außer Baden, der erfreulich alt und gebrechlich wirkte. Das waren mehr Magier, als ihm lieb war, aber seine Arbeit mit dem Stein hatte einen guten Verlauf genommen. Er war sicher, sie besiegen zu können.
»Wir wissen, wer du bist«, sagte Alayna. »Du bist nicht Tammen, du bist Sartol.«
Er lachte. »Tatsächlich bin ich beide. Aber das ist kein Grund zu streiten.«
»Glaubst du wirklich, dass du damit durchkommen wirst?« »Meine Liebe«, sagte er, breitete die Arme aus und grinste. »Ich bin bereits damit durchgekommen.«
»Du hast dir Zugang zur Halle verschafft«, sagte Baden und trat einen Schritt vor. »Und du hast zugegeben, wer du bist. Warum lässt du Tammen jetzt nicht gehen? Du brauchst sie nicht mehr.«
»Ah, Baden. Immer in Sorge um jene, die weniger Glück haben als du. Wie edel von dir. Ich fürchte jedoch, dass ihr Tammen nicht mehr helfen könnt. Ohne mich wird
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