Die Chroniken von Amarid 06 - Der Friede von Lon-Tobyn
Halle, der sich nicht gegen diesen Feind stellen wird. Davon bin ich überzeugt.«
»Wer ist es?«, fragte Cailin und warf Erland einen erbosten Blick zu.
Jaryd holte tief Luft. »Der unbehauste Geist des Verräters Sartol.«
Ungläubige Rufe erklangen, und selbstverständlich kamen die lautesten Proteste, wie Baden bereits erwartet hatte, von Erland.
»Das ist unmöglich! Therons Fluch würde so etwas nicht gestatten!«
»Anscheinend hat Sartol eine Möglichkeit gefunden, den Fluch zu verändern«, antwortete Jaryd. »Oder genauer gesagt, es ist ihm gelungen, den Einschränkungen zu entgehen. Er kam zu uns in Verkleidung einer jungen freien Magierin namens Tammen. Aber wir haben keinen Zweifel mehr, dass es sich um Sartol handelt. Er ist hier in Amarid.« Erland schüttelte den Kopf. »Ich glaube dir kein Wort.« Er sah allerdings so verängstigt aus wie ein Mann, der nur zu genau weiß, dass er die Wahrheit hört.
»Es gibt noch mehr«, sagte Jaryd. »Er hat uns die Große Halle abgenommen. Er hat sich des Rufsteins bemächtigt.« »Was?«, fragte Stepan, einer der älteren Magier, der einmal Mitglied des Ordens gewesen war. »Wie habt ihr das zulassen können?«
»Wir wussten nicht, dass es sich bei dieser Frau um Sartol handelt. Dann läuteten heute früh die Alarmglocken, und wir haben die Große Halle verlassen, ohne einen Augenblick nachzudenken. Als wir zurückkehrten, fanden wir dort Tammen vor - oder genauer gesagt Sartol. Wir haben versucht, gegen ihn zu kämpfen, aber mit dem Stein war er einfach zu stark.«
»Ihr glaubt also, dass Sartol das Feuer entfacht hat?«, fragte ein anderer Mann. Baden brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es sich um den Magier handelte, den Orris am Morgen gerettet hatte.
»Ja.«
Stepan schüttelte den Kopf. »Arick steh uns bei.« »Ich verstehe das nicht«, sagte Cailin. »Was kann er mit dem Rufstein anfangen?«
Baden und Erland starrten einander über den Tisch hinweg an. Und in diesem kurzen Augenblick wusste Baden, dass sie sich die gleiche Frage stellten: Wie war es möglich, dass eine Anführerin der Liga jung genug war, nicht einmal das zu wissen?
»Bevor wir ihn vor zwölf Jahren besiegt haben«, erklärte Erland leise, »hatte Sartol begonnen, sich mit dem Rufstein zu verbinden.«
»Du meinst, ihn zu seinem Stein zu machen?«, fragte die junge Frau, und so etwas wie Angst schlich sich in ihren Blick. »Als wäre der Rufstein sein Ceryll?«
Erland nickte. »Ja. In den Tagen nach seinem Tod haben wir damaligen Ordensmitglieder beschlossen, es niemandem zu erzählen. Wir hielten es nicht für sinnvoll, die Menschen wissen zu lassen, wie nahe Sartol daran gewesen war, Tobyn-Ser zu zerstören.«
Cailin nickte und sah Jaryd an. »Daher konnte er sich also, als er heute zurückkehrte, den Stein erneut aneignen.« »Ich denke, dass es seitdem immer sein Stein gewesen ist«, sagte Jaryd. »Er war nur den halben Morgen mit dem Stein allein gewesen, als wir von der Brandstelle zurückkehrten, und es war ihm bereits gelungen, den Kristall genügend zu beherrschen, um acht von uns besiegen zu können.« »Sartol«, sagte Erland leise und schüttelte den Kopf. »Ich hätte nie gedacht, dass wir uns wegen ihm noch einmal Gedanken machen müssen.«
»Bedeutet das, du glaubst ihnen, Erster Meister?«, wollte eine der jüngeren Ligamagierinnen wissen.
Abermals schaute Erland über den Tisch hinweg die Ordensmagier an, und schließlich blieb sein Blick nicht an Jaryd, sondern an Baden hängen. Seltsamerweise konnte Baden das verstehen. Es gab hier keine alten Freunde, aber vielleicht war das Nächstbeste der Trost eines alten Feindes. »Falls das ein Trick sein sollte...«, sagte Erland und ließ eine unausgesprochene Drohung zwischen ihnen stehen. Baden schüttelte den Kopf. »Das ist kein Trick. Es ist uns nicht leicht gefallen, hierher zu kommen - als Vertriebene aus der Großen Halle und auf der Suche nach Hilfe. Wir wären nicht hier, wenn die Gefahr nicht sehr wirklich wäre.«
Erland schaute ihn noch einen Augenblick an, dann nickte er der jungen Frau widerstrebend zu. »Ja, Gerwen«, sagte er. »Ich glaube ihnen.«
»Das freut mich«, bemerkte Jaryd in einem Tonfall, der offenbar vollkommen frei von Ironie war. »Als Nächstes sollten wir darüber nachdenken, was wir tun können. Wir müssen rasch handeln, wenn wir -«
»Bei allem Respekt, Adlerweiser«, warf eine andere junge Magierin ein, aber es klang alles andere als respektvoll, »es steht dir
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