Die Chroniken von Araluen - Der große Heiler: Band 9 (German Edition)
Sachsmesser in Thorgans Leib rammen, bevor er bewusstlos über Crowley fiel.
Die beiden Freunde wurden erst Stunden später von einer Reiterpatrouille des Königs gefunden. Beide waren bewusstlos, und unweit von ihnen lehnte der tote Thorgan an einem Baum. Das musste der Zwischenfall von damals sein, der Walts Geist jetzt beschäftigte. Seine nächsten Worte bestätigten Horace’ Verdacht.
»Wie geht es dir, Crowley? Hatte schon Angst, ich käme zu spät, alter Freund. Du hast doch hoffentlich nicht gedacht, ich lasse dich im Stich?«
Crowley? Horace bekam ein flaues Gefühl, als ihm klar wurde, dass Walt ihn mit dem Obersten Waldläufer verwechselte. Es hatte keinen Sinn, ihn von etwas anderem zu überzeugen.
Horace drückte Walts Hand. »Du würdest mich nie im Stich lassen, Walt. Das weiß ich.«
Walt lächelte und schloss die Augen. Dann öffnete er sie wieder und in seinem Blick lag eine eigenartige Ruhe.
»Weiß nicht, ob ich es diesmal schaffe, Crowley«, sagte er fast sachlich.
Horace spürte einen scharfen Stich im Herzen, aber am allermeisten berührte ihn der resignierte Ton.
»Du schaffst es, Walt. Natürlich schaffst du es! Wir brauchen dich. Ich brauche dich.«
Walt lächelte traurig, ein Zeichen, dass er nichts von falschen Durchhalteparolen hielt.
»War ein langer Weg, was? Du warst immer ein guter Freund.«
»Walt …«, begann Horace, doch Walt unterbrach ihn.
»Nein. Hab vielleicht nicht mehr lang, Crowley. Muss ein paar Dinge sagen…« Er machte eine Pause, atmete tief durch und sammelte seine Kräfte »Der Junge, Crowley. Kümmere dich um ihn, ja?«
Instinktiv wusste Horace, dass er von Will sprach. Walts Gefühl für Zeit und Personen schien völlig durcheinandergeraten zu sein. Er sah Horace fragend an.
»Crowley? Bist du noch da?«
»Ich bin hier, Walt«, sagte Horace. Er verspürte einen riesigen Kloß im Hals und kämpfte verzweifelt gegen die heißen Tränen an, die in seinen Augen standen.
»Ich bin hier. Und natürlich pass ich auf ihn auf, keine Sorge.« Er kam sich eigenartig vor bei dieser Täuschung, auch wenn es vermutlich das einzig Richtige war.
»Dachte schon, du wärst gegangen«, sagte Walt und mit einem schiefen Grinsen fügte er hinzu: »Dachte schon, ich wäre gegangen.« Dann wurde er wieder ernst. »Er könnte der Größte von uns allen werden, weißt du.«
Horace beugte den Kopf. Er musste irgendetwas antworten. Er musste Walt dazu bringen weiterzureden. Solange er redete, war er am Leben. »Er hatte einen großartigen Lehrer, Walt«, sagte er mit brechender Stimme.
Walt machte eine matte Handbewegung. »Brauchte ihm nicht viel beizubringen. Nur die Richtung weisen.« Es gab eine lange Pause, dann fügte er hinzu: »Horace auch. Auch ein mutiger Kerl. Pass auf ihn auf. Er und Will zusammen … sie könnten die Zukunft unseres Königreichs sein.«
Diesmal konnte Horace nicht antworten. Eine Welle von Traurigkeit schlug über ihm zusammen, gleichzeitig verspürte er auch ein wenig Stolz in seinem Herzen – Stolz, dass Walt so über ihn sprach. Unfähig, ein weiteres Wort herauszubringen, drückte er die Hand des Waldläufers.
Walt unternahm noch einmal die Anstrengung, den Kopf zu heben. »Noch eines… sag Pauline …« Er schwieg, und Horace wollte schon nachfragen, als er fortfuhr: »Ach … egal. Sie weiß, dass es niemals jemand anderen für mich gegeben hat.« Erschöpft schloss er die Augen.
Horace öffnete den Mund, um seinen Kummer herauszuschreien,
da merkte er, dass die Brust des Waldläufers sich immer noch hob und senkte. Die Bewegung war langsam, doch sie war da. Er atmete noch. Er lebte noch.
Horace senkte den Kopf und weinte. Vielleicht aus Sorge, vielleicht aus Erleichterung, dass sein Freund noch am Leben war.
Vielleicht war es beides.
E rschöpft und im Sattel zusammengesunken hielt Will an. Der Ritt durch die Nacht hatte sich endlos hingezogen, seit er von den Hügelgräbern aufgebrochen war. Er war immer abwechselnd in leichtem Galopp geritten, dann abgestiegen und etwa eine Viertelstunde gelaufen, auf ein anderes Pferd gestiegen und erneut in leichtem Galopp weitergeritten. Zweimal hatte er kurz Rast gemacht und Schlafpausen eingelegt, die ihn etwas belebt hatten. Aber danach war der Muskelkater jedes Mal noch viel schlimmer. Wenn er wieder aufs Pferd stieg, brauchte er ein paar Minuten, bis er sich wieder an die unbequeme Reithaltung gewöhnt hatte.
Jetzt war er fast am Ende seines Wegs angelangt. Oder zumindest am
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