Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
beinahe aus. Beide versuchten sie, ihr Gleichgewicht wiederzufinden. Will hatte die Finger noch immer um MacHaddish’ Hand, und jetzt ging der General wieder zum Angriff über und versuchte erneut, einen Stoß mit dem Dolch anzubringen. Will konnte ausweichen, aber langsam musste er sich von dem Gedanken verabschieden, MacHaddish lebend zu fangen. Inzwischen kämpfte er nur noch ums Überleben.
Er fasste MacHaddish’ langen Zopf, der links an der
Seite herunterhing, und zerrte seinen Kopf zurück. Sein Gegner heulte auf und versuchte, Will in den Arm zu beißen. Will beförderte den General mit einem Fußtritt in den Schnee und warf sich auf ihn.
MacHaddish versuchte alles, um sich aus Wills Griff zu befreien. Mit einer letzten Kraftanstrengung schaffte er es, sich zur Seite zu rollen und zwar mit so viel Schwung, dass er nun oben war. Verzweifelt merkte Will, dass sein Gegner schwerer und stärker war als er. In einem solchen Ringkampf musste MacHaddish gewinnen. Solange sie im Stehen kämpften, hatte Will vielleicht noch einen Vorteil, weil er schneller und beweglicher war. Doch im Augenblick hatte MacHaddish alle Vorteile auf seiner Seite.
Will bäumte sich auf, um den Gegner abzuwerfen. Doch MacHaddish hatte damit gerechnet und drückte ihn mühelos nieder. Er versuchte, die Dolchspitze an Wills Kehle zu pressen. Will wehrte ihn immer wieder ab, aber stets gewann MacHaddish die Oberhand zurück. Und Will wurde langsam müde.
Schweiß rann in seine Augen. Verschwommen sah er MacHaddish’ Gesicht, sah das triumphierende Aufblitzen in seinen Augen, das zufriedene Grinsen. Gleich wäre alles vorbei!
Und das war es dann auch schneller als erwartet.
Wumm! Wumm! Ein schwerer Schwertgriff knallte zweimal kurz nacheinander gegen MacHaddish’ Schläfe.
Der General verdrehte die Augen und sackte bewusstlos
über Will zusammen. Mit einer letzten Kraftanstrengung schaffte Will es, ihn von sich zu schieben und aufzustehen.
Horace trat zu seinem Freund und legte einen Arm um ihn, um ihn zu stützen.
Er war unendlich froh, es gerade noch rechtzeitig geschafft zu haben. Er hatte tatsächlich die Spur der beiden verloren, während er für die nötige Ablenkung gesorgt hatte. Danach war Horace orientierungslos durch den Wald gelaufen, in der Hoffnung, die richtige Richtung genommen zu haben.
Ironischerweise war es MacHaddish selbst gewesen, der Horace den nötigen Hinweis gegeben hatte, nämlich durch seinen Schmerzensschrei, als Will sein verletztes Handgelenk gepackt hatte. Horace hatte keine Ahnung gehabt, was dieser Schrei zu bedeuten hatte und musste das Schlimmste befürchten.
Als er die beiden dann miteinander kämpfen sah, verspürte er zunächst einmal Erleichterung. Will war am Leben! Die Freude hielt jedoch nicht lange an, denn rasch begriff er, dass sich das sofort ändern konnte, wenn er nicht schnell handelte. Also zog er sein Schwert und schlug den General damit bewusstlos.
Erst jetzt sah Horace, dass Wills Wams voller Blut war.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte er. Erschrocken fasste er Will rechts und links und fing an, ihn abzutasten, und suchte aufgeregt nach der Wunde.
Will hustete und schnappte nach Luft. Er wusste,
wie nahe er dem Tod gewesen war, und seine Beine gaben fast unter ihm nach.
»Will!«, rief Horace schroff. »Alles in Ordnung mit dir?«
Er fuhr mit den Händen über Wills Brust und Bauch, um herauszufinden, wo er verwundet war. Das Blut auf dem Wams musste ja irgendwoher kommen.
Will, der noch ganz benommen war, reagierte wütend auf die Frage. »Natürlich ist nicht alles in Ordnung, du Idiot«, herrschte er seinen Freund an. »Der Kerl hat mich beinahe umgebracht! Oder hast du das nicht gemerkt?«
Er versuchte, Horace’ Hände wegzuschlagen, doch ohne Erfolg.
»Wo hat er dich erwischt?«, fragte Horace mit überschlagender Stimme. Er musste die Wunde finden und die Blutung stoppen. Wunden in Bauch und Oberkörper waren meist tödlich.
»Hör auf!«, rief Will verärgert und wich ihm aus. »Das ist MacHaddish’ Blut, nicht meines!«
Horace sah ihn einen Moment lang verständnislos an. »Nicht deines?«
»Nein. Sieh dir seine Hand an, wo der Pfeil ihn getroffen hat! Damit hat er mich bei unserem Kampf vollgetropft. Ich habe nur einen Kratzer. Mir fehlt weiter nichts.«
Neben der unglaublichen Erleichterung, die Horace durchströmte, stieg Wut in ihm auf.
»Sein Blut? Warum hast du das denn nicht gleich
gesagt? Ich bin völlig außer mir, weil ich dachte, du
Weitere Kostenlose Bücher