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Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)

Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Flanagan
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und tauchte das Land in blasses Licht, dann sank er im Westen hinter die Baumspitzen. Will merkte, wie sein Herz anfing, schneller zu schlagen. Die Zeit des Wartens war nun bald vorbei. Er blickte zu Horace und sah, dass sein Freund das Gleiche dachte. Er rutschte nicht länger unruhig hin und her. Stattdessen streckte er langsam und vorsichtig die verkrampften Glieder. Vorsichtig löste Horace seinen runden Schild von der Seite, wo er am Karren festgebunden war. Will sah zu, wie er das dicke weiße Segeltuch mit dem Symbol der blauen Faust abnahm, mit dem der Buckelschild überzogen war, und so sein wahres Wappensymbol, das glänzende grüne Eichenblatt auf weißem Feld enthüllte.
    »Wie gut, dass du in deinen wahren Farben kämpfst«, sagte er und lächelte.
    Horace erwiderte das Lächeln. Er war jetzt vollkommen ruhig und besonnen, bemerkte Will, und nicht mehr die gelangweilte Nervensäge wie zuvor. Dies hier war ein zu allem entschlossener Kämpfer, ein Meister seines Fachs, und Will war froh, dass er bei ihm war. Sobald sie erst einmal auf der Festungsmauer waren, würde Horace ihm den Rücken freihalten, bis die Nordländer es die Leiter hochgeschafft hatten. Will
konnte sich niemanden vorstellen, den er lieber an seiner Seite gehabt hätte.
    Aber nun hatte auch er Vorbereitungen zu treffen. Er überprüfte den Köcher mit den vierundzwanzig Pfeilen. Sein Langbogen war noch an der Decke des Karrens festgemacht und Will löste ihn jetzt von dort. Er war natürlich noch nicht gespannt. Das würde Will nachholen, sobald er unter dem Karren hervor konnte, denn es war unmöglich, ihn in dieser beengten Lage ordentlich zu spannen. Er überprüfte, ob sein Sachsmesser richtig am Gürtel saß und legte die Hand auch kurz auf sein Wurfmesser in seiner verborgenen Scheide hinten im Kragen.
    In der Ferne, von der anderen Seite der Burg, war das tiefe Tuten eines Horns zu hören  – ein langer, ausdauernder Ton, der schließlich verklang.
    »Fang an zu zählen«, sagte Will zu Horace. Mit Malcolm war vereinbart, dass das riesige Bild des Kriegers der Nacht zwanzig Sekunden nach Ertönen des Horns erscheinen würde.
    Während Horace zählte, schlüpfte Will unter dem Karren hervor, blieb allerdings dahinter, sodass er immer noch nicht von der Festung aus zu sehen war, und spannte seinen Bogen. Er merkte, dass Horace ebenfalls anfing hervorzukriechen.
    »Komm raus«, sagte er, »aber bleib unten.«
    Horace kroch ins Freie und duckte sich hinter den Karren.
    Die beiden Freunde spähten in den dunklen Himmel
über der Burg. Sie konnten Malcolms Trugbilder von hier aus nicht sehen, aber vielleicht den Lichtschein, das hoffte Will jedenfalls.
    »Da ist er!«, sagte Horace. Das kurze Aufblitzen am Himmel war nicht zu übersehen. Gleich darauf stieg ein Feuerball in die Nacht und verglühte in einem zischenden roten Funkenregen.
    Dann wiederholte sich der Lichtblitz, allerdings nur für ein paar Sekunden.
    Es war wichtig, hatte Malcolm ihnen erklärt, kein Bild länger als ein oder zwei Sekunden an derselben Stelle zu zeigen. Durch das wiederholte kurze Aufflackern von verschiedenen Lichtern wurde das Auge des Betrachters abgelenkt. So entstand der Eindruck von Bewegung.
    »Die Betrachter sollen sich eher einbilden, etwas zu sehen, statt es wirklich zu sehen«, hatte Malcolm gesagt.
    Vom Wehrgang waren aufgeregte Stimmen zu hören.
    »Gehen wir!«, sagte Will. Er zog sein Sachsmesser und durchschnitt die Schnüre, mit denen die Leiter auf dem Karren festgemacht war. Horace legte sie sich über die Schulter, seinen Schild hatte er sich schon über den Rücken geschlungen, und lief an Wills Seite zur Burgmauer.

    Keren befand sich in der Haupthalle des Bergfrieds, als er die Rufe seiner Leute und das Krachen der ersten
Rakete hörte. Er war bereits bewaffnet und trug ein Kettenhemd. Sofort lief er in den Hof und rannte mit großen Schritten die Treppe hinauf zum südlichen Festungswall. Die Rufe kamen von Süden, also hatte er recht gehabt. Aus dieser Richtung erfolgte der Angriff.
    Sobald er den Wehrgang erreicht hatte, sah er die Wachen in einer Gruppe zusammenstehen und angstvoll in die Dunkelheit spähen. Alle redeten durcheinander.
    »Ruhe!«, schrie er, dann holte er den Kommandierenden zu sich. »Was ist hier …«
    Weiter kam er nicht, denn plötzlich stieg vor der Südmauer der Burg eine riesige schattenhafte Gestalt im Nebel des dunklen Nachthimmels auf. Das musste der gefürchtete Krieger der Nacht sein  –

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