Die Chroniken von Araluen - Die Belagerung: Band 6 (German Edition)
aus mit dem Kriegsgeschäft.« In seiner Stimme klang fast ein gewisser Stolz mit, und Alyss konnte nicht anders, als Will anzulächeln.
»Du magst sie, nicht wahr?«
»Die Nordländer?«, fragte er nach. »Ja, das stimmt. Wenn sie dir ihr Wort gegeben haben, lassen sie dich nicht im Stich. Sie sind furchtbare Feinde, aber die besten Verbündeten, die du dir wünschen kannst. Horace sagt, wenn er eine Armee davon hätte, könnte er die ganze Welt erobern.«
»Will er denn die Welt erobern?«, fragte sie.
Er lächelte. »Nicht wirklich. Es ist einfach das, was Ritter so sagen.«
»Und was ist mit dir? Irgendwelche Träume, die Welt zu erobern?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich will nur zurück in meine friedliche Hütte im Lehen Seacliff.«
»Und zu der hübschen kleinen Gastwirtstochter?« Ihr Ton war leicht und scherzhaft, aber die Frage war ernst gemeint.
Will zuckte mit den Schultern. »Ach, die hat mich inzwischen bestimmt schon längst vergessen.«
»Das bezweifle ich. Dich vergisst man nicht so leicht.«
Darauf sagte er nichts. Er wusste einfach nicht, was er antworten sollte, und so wurde das Schweigen zwischen ihnen immer länger. Irgendwann wurde ihm bewusst,
dass er immer noch ihre beiden Hände hielt. Er ließ sie los und stand auf.
»Tja … ich sollte jetzt wohl lieber wieder gehen«, sagte er. »Malcolm hat mich ermahnt, nicht zu lange zu bleiben.«
Alyss zwang sich daraufhin zu einem Gähnen, um die Sache für ihn leichter zu machen. Schließlich war sie eine ausgebildete Diplomatin.
»Ja, ich bin ein wenig müde«, sagte sie. »Kommst du mich morgen wieder besuchen?«
»Aber natürlich.« Er ging zur Tür. Weil er ihr nicht den Rücken zudrehen wollte, ging er seitlich hinaus, halb winkend, halb salutierend. »Also, wir sehen uns dann … also.« Er merkte selbst, wie dumm sich das anhörte.
Sie winkte, anmutig wie immer, und lächelte.
Will tastete nach dem Türknauf, drehte ihn irgendwie, ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Im Vorraum blieb er kurz stehen und presste seine Stirn gegen die raue Mauer.
»Ach verdammt!«, sagte er leise.
In ihrem Zimmer sagte Alyss genau das Gleiche.
D ie Verstärkung aus Norgate kam an. Zwanzig Ritter zu Pferde preschten nacheinander über die gesenkte Zugbrücke in den Hof, der von dem Klappern der Hufe widerhallte.
Ihnen folgten an die hundert Fußsoldaten, und alle starrten neugierig auf die grinsenden Nordländer, die auf dem Wehrgang Wache hielten. Sir Doric, der Heeresmeister von Norgate, der die Schar anführte, sah eine kleine Begrüßungsabordnung vor dem Bergfried warten und lenkte sein Pferd in ihre Richtung. Will fiel sofort auf, dass ein Waldläufer neben ihm ritt. Das muss Meralon sein, dachte er, der Waldläufer, der dem Lehen Norgate zugeteilt war. Er wusste nicht viel über den anderen Waldläufer, allerdings hatte er gehört, dass er eigen und starrsinnig war.
Orman, der eine schwere Goldkette trug, an dem das offizielle Abzeichen hing, das ihn als Burgherr auswies, trat vor, um die beiden Reiter zu begrüßen. Will, Horace und Malcolm blieben respektvoll zurück.
Sir Doric hob die Hand und befahl seinen Männern
stehen zu bleiben. Er und Meralon ritten weiter. Mitten in die Förmlichkeit des Augenblicks platzte eine kleine Gestalt aus der zweiten Reihe der Reiter. Der schmächtige Mann ritt auf einem Pferd, das viel kleiner war als die Schlachtrösser, und bisher war er gar nicht aufgefallen. Jetzt jedoch glitt er aus dem Sattel, rannte zu Orman und fiel vor ihm auf die Knie.
»Mylord!«, rief Xander. »Endlich sind wir hier. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Ich habe alles getan, was ich konnte!«
Will, der Sir Doric beobachtete, sah, wie dieser missbilligend die Stirn runzelte. Es gab ein bestimmtes Protokoll, das in solchen Momenten befolgt wurde, und der Heeresmeister schien der Meinung zu sein, dass der Sekretär das wissen müsste. Sir Doric war überdies ziemlich eingebildet und von sich selbst überzeugt.
»Schon in Ordnung, Xander«, sagte Orman und fügte in leiserem Ton hinzu: »Und nun steht bitte auf. Sir Doric aus Norgate will uns seine Unterstützung anbieten.«
Xander erhob sich und nahm seine Position hinter Orman ein. Doric und Meralon zügelten ihre Pferde und beide Männer stiegen ab. Jetzt war Will es, der die Stirn runzelte. Die Höflichkeit gebot, dass sie warteten, bis Orman sie zum Absitzen einlud. Wenn Orman das als beleidigend empfand, zeigte er es jedenfalls
Weitere Kostenlose Bücher