Die Chroniken von Araluen - Die brennende Brücke: Band 2 (German Edition)
alleine schaffen kannt – auch nicht ein so berühmter Waldläufer wie du.« Er lächelte bei dem letzten Satz, um zu zeigen, dass das keine Beleidigung sein sollte.
Will war insgeheim erleichtert, dass sie bei ihm blieben, und akzeptierte Horaces Einwand widerspruchslos.
Wahrscheinlich konnte er die Aufgabe tatsächlich nicht allein bewältigen.
Sie schliefen unruhig bis zur Morgendämmerung und wurden vom Geschrei und den Peitschenschlägen der Wargals geweckt, als sie ihre Gefangenen zurück an die Arbeit trieben. Den ganzen Tag über beobachteten die drei Gefährten, wie die Arbeit an der Brücke voranschritt. Mit sinkender Zuversicht wurde Will klar, dass die Einschätzung des sterbenden Minenarbeiters nicht richtig gewesen war. Vielleicht lag es an den zusätzlichen Gefangenen, aber es war deutlich, dass die Brücke am Ende des folgenden Tages fertiggestellt wäre.
»Wir müssen es heute Nacht schaffen«, flüsterte er Evanlyn ins Ohr. Sie lagen beide in Deckung und beobachteten den Brückenbau. Horace lag ein paar Meter entfernt und machte ein Nickerchen in der schwachen Vormittagssonne.
Evanlyn flüsterte zurück: »Ich überlege schon die ganze Zeit, wie wir dieses Feuer anzünden sollen. Es gibt kaum genug Holz hier für ein ordentliches Lagerfeuer.«
Die gleiche Frage hatte Will auch schon beschäftigt. Dann war ihm jedoch die Antwort gekommen. Er lächelte und blickte zu den Arbeitern, die gerade neue Planken an die Brücke nagelten.
»Dabei gibt es hier jede Menge gutes Feuerholz«, erwiderte er. »Man muss nur wissen, wo man suchen soll.«
Evanlyn blickte ihn verblüfft an, dann folgte sie seinem Blick. Das Stirnrunzeln schwand, als sie das Offensichtliche ebenfalls erkannte, und sie nickte lächelnd.
Als die Dämmerung hereinbrach, trieben die Wargals ihre müden, ausgemergelten Sklaven zurück in den Tunnel. Will fiel auf, dass am frühen Abend auch die Arbeit zur Tunnelverbreiterung abgeschlossen zu sein schien. Er wartete jedoch noch etwa eine Stunde, bis es richtig dunkel war. Während dieser Zeit hatte es keinerlei Anzeichen für irgendwelche Tätigkeiten im Tunnel gegeben. Jetzt, da Will wusste, wonach er Ausschau hielt, konnte er den Schein des Lagerfeuers vom Tal hinter dem Berg am Himmel ausmachen.
»Ich hoffe nur, es fängt nicht an zu regnen«, sagte Horace plötzlich. »Das würde unseren schönen Plan zunichtemachen.«
Will stutzte. Dieser unangenehme Gedanke war ihm noch gar nicht gekommen.
»Es wird nicht regnen«, sagte er fest und hoffte nur, er würde recht behalten. Er marschierte nun voran und führte Reißer vorsichtig zum noch nicht fertiggestellten Ende der Brücke. Das Pony blieb dort mit aufgestellten Ohren und zuckenden Nüstern stehen.
»Achtung«, sagte Will leise zu ihm. Das war der
Befehl, ihn zu warnen, wenn es spürte, dass sich Gefahr näherte. Reißer warf einmal den Kopf nach hinten, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Dann führte Will die anderen über die Trittbalken bis zu der Stelle, wo die Brücke bereits ausgebaut war. Will balancierte leichtfüßig wie ein Trapezkünstler über die Balken, die anderen beiden folgten ihm sehr viel vorsichtiger. Zu Horaces Erleichterung war der wacklige Steg des unvollendeten Stücks heute schon um einiges kürzer. Das hieß allerdings auch, dass Will recht hatte. Nach einem weiteren Tag Arbeit wäre die Brücke bereits fertig.
Will legte seinen Bogen und Köcher neben sich auf den Steg. Dann zog er sein Sachs aus der Scheide, kniete sich nieder und fing an, eine der Planken von der Brücke zu lösen. Das Holz war frisch gesägt und würde sicher gut brennen. Horace zog sein Messer und begann, die Bretter in der nächsten Reihe zu lösen. Evanlyn stapelte sie auf einen Stoß. Sobald sie sechs Planken zusammenhatte, jede über drei Fuß lang, brachte sie sie auf die andere Seite der Brücke, neben die Stelle, wo das dicke geteerte Seil am Fuße des Turmes befestigt war. Als das Mädchen zurückkehrte, hatten Will und Horace weitere sechs Planken gelöst, die Evanlyn dann zur anderen Seilverankerung trug. Will hatte den Freunden seinen Plan vorher bereits genau erklärt. Um sicherzugehen, dass die Brücke nicht schnell wieder ausgebessert werden konnte, mussten sie beide
Turmverankerungen und Seile in Brand setzen, damit die Brücke in die Schlucht stürzte. Mithilfe der geschickten Brückenbauer konnte dann zwar auf die Schnelle eine Behelfsbrücke mit Seilen geschaffen werden, aber keinesfalls mehr etwas so
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