Die Chroniken von Araluen - Die Schwertkämpfer von Nihon-Ja
der zusammen mit seinen Männern zu ihm hinab spähte. Horace stützte sich mit den Beinen gegen den Vorsprung ab und wurde schließlich ganz nach oben gezogen, wo er auf dem schlammigen Boden erst einmal liegen blieb. Ich sehe bestimmt aus wie ein Fisch auf dem Trockenen, ging es ihm durch den Kopf.
Shigeru fasste seinen Arm, ließ jedoch sofort wieder los, als Horace aufschrie, weil ein wilder Schmerz durch seine Rippen fuhr.
»Alles in Ordnung, Or’ss-san?«, fragte Shigeru besorgt.
Horace schnitt eine Grimasse.
»Nicht unbedingt. Ich habe mir die Rippen angebrochen. Und ich habe mein Schwert verloren, verdammt«, sagte er.
Fünfundzwanzig
I m Gegensatz zu den lauten Tavernen, an denen sie bisher vorbeigekommen waren, war das Ryokan eine Oase der Ruhe.
Walt, Will und Alyss fanden sich in einem großen Raum wieder. Das Holz an den Wänden und auf dem Fußboden war glänzend poliert, und wie zum Beweis hing der süße Duft von Bienenwachs in der Luft. Er wurde überlagert von einer Mischung aus Duftstäbchen und Rauch von Feuerholz, die von einer Feuerstelle auf der anderen Wandseite kam, wo ein Kaminfeuer den Raum mit einem warmen Schein erleuchtete. Einige Hängelaternen in Form von Papierkugeln, in denen eine Kerze brannte, spendeten ein sanftes Licht. Gegenüber vom Kamin zauberte ein kleiner, leicht erhöht angebrachter Teich Lichtreflexe an die Wände.
Die Ausstattung des Raums war spärlich aber elegant. Ihnen gegenüber stand ein großer Tisch mit zwei wunderschön lackierten Kästchen, in deren Mitte ein schweres Gästebuch lag. Schreibutensilien waren ordentlich daneben zurechtgelegt. Dahinter befand sich ein gerahmtes Wandgemälde, allerdings zeigte es kein Bild, sondern Symbole in Nihon-Jan. Links führte eine Holztreppe zum nächsten Stockwerk und eine mit einem Holzgeländer abgetrennte Galerie führte rund um die vier Seiten des offenen Raumes. Walt nahm an, dass der Zugang zu den Gästezimmern über diese Galerie erfolgte.
Vor ihnen befand sich eine Stufe, die zu dem leicht erhöhten Hauptraum führte. Will wollte sie bereits erklimmen, aber Alyss hatte im Eingangsbereich eine Reihe mit ordentlich aufgestellten Sandalen entdeckt und sich an eine Notiz von George über die Gebräuche in Nihon-Ja erinnert. Rasch hielt sie Will zurück.
»Augenblick mal«, sagte sie. »Deine Stiefel!«
»Was ist mit ihnen?«, fragte er.
Walt hatte die Sandalen ebenfalls bemerkt und auch ein Regal mit weichen Pantoffeln. »Du musst sie ausziehen«, sagte er.
»Das ist Brauch in Nihon-Ja«, erklärte Alyss. »Hier trägt man im Haus keine Schuhe oder Stiefel.«
Walt zog seine Stiefel bereits aus und stellte sie ins Regal. Er blickte bewundernd auf den polierten Holzboden, der im Licht des Feuers und der Laternen die Farbe von dunklem Honig hatte.
»Bei Böden wie diesem wundert mich das nicht«, sagte er.
Will und Alyss zogen ebenfalls ihre Stiefel aus, dann gingen sie über die Stufe nach oben und wählten Pantoffeln aus. Alle schienen die gleiche Größe zu haben, waren aber ganz einfach überzuziehen, da sie lediglich aus einer Sohle und einem weichen Band bestanden, das sich über dem Fuß dehnte, sobald man hineingeschlüpft war.
»Wie gut, dass Horace nicht dabei ist«, sagte Will. Die Füße des jungen Ritters hätten gewiss nicht in diese Pantoffeln gepasst. Die anderen schmunzelten bei dem Gedanken. Als hätte er darauf gewartet, dass sie die Pantoffeln überzogen, kam nun ein Mann hinter einem Vorhang hinter dem langen Tisch hervor. Er blieb stehen und verbeugte sich. Die drei gingen noch ein Stück weiter zum Tisch und verbeugten sich ebenfalls.
In diesem Land scheint man sich unentwegt zu verbeugen, dachte Will.
»Womit kann ich dienen?«, fragte der Mann. Seine Stimme klang weich und er sprach mit einem leichten Zischlaut. Alyss blickte zu Walt. Der Mann hatte in Algemeen gesprochen, und so nahm sie an, dass Walt die Unterhaltung mit ihm führen wollte. Er nickte ihr kurz zu.
»Wir hätten gerne Zimmer«, sagte er, »für zwei, vielleicht auch drei Nächte.«
»Gern. Das lässt sich einrichten. Ihr kommt von dem fremden Schiff, das heute im Hafen angelegt hat, nicht wahr?«
Walt nickte und der Mann öffnete das große Buch auf dem Tisch. Er nahm etwas auf, was Will für eine Feder gehalten hatte, sich aber als feiner Pinsel herausstellte. Er tauchte ihn in ein Tintenfass aus poliertem Ebenholz und machte zwei ordentliche Einträge in das Gästebuch.
»Möchtet Ihr auch etwas essen?«,
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