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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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Territorium zu erweitern. Es gab zwar gewisse Dinge in der Außenwelt, die sie beeinflussen konnte. Das Wetter zum Beispiel: Sie ließ es ewig Winter sein, damit sie Weniger schwitzte. Doch das war ihr lange nicht so wichtig wie die Vergrößerung ihres eigentlichen Herrschaftsbereichs: ihres Körpers. Ihr Arzt hatte ihr gesagt, dass das nicht sonderlich klug sei, doch sie löste das Problem, indem sie ihn an Ort und Stelle verschlang. Sie war unbarmherzig, grausam und hatte definitiv einen Knall.
    Ed blieb einfach nur stehen und sah zu, wie die Dinge sich entwickelten. Er war vollauf damit beschäftigt, sich geistig zurückzuentwickeln. Dank des psychedelischen Bananenschalenextrakts, den er unwissentlich im Swinging-Sixties-Kleiderschrank des Professors zu sich genommen hatte, war Ed Perversie zu der Überzeugung gelangt, er könne allein Kraft seiner Gedanken die Evolution rückgängig machen, und zwar Zelle für Zelle. Er hoffte, bis zum Einbruch der Dunkelheit fertig zu werden. Momentan war er allerdings noch auf dem Stand eines Pantoffeltierchens.
    Der Zwerg hörte auf, die Rentiere zu peitschen, und schwang sich vom Schlitten. »Ich muss die Kufen schmieren«, sagte er, holte ein Päckchen Butter aus der Tasche und hielt es eine Zehntelsekunde zu lange in der Hand.
    »Gott sei Dank!« Mit einer flinken Bewegung schnappte die Frau sich die Butter. Wenn es ums Essen ging, war sie überraschend wendig. Sie nahm sich nicht die Zeit, die Folie abzuwickeln, sondern drückte einfach fest zu, und der Inhalt flutschte ihr in den Mund. »Ich war kurz davor, aus den Latschen zu kippen«, sagte sie und leckte sich die Finger ab. Dann sprang die Ampel wieder von Grün auf Rot um, und erneut entrang sich der fetten Kuh ein entnervtes Brüllen. Brutal stach sie mit ihrer langen, goldenen Gabel auf den Zwerg ein. Die trug sie immer bei sich, um alles Essbare aufspießen zu können, das den Weg des Schlittens kreuzte.
    »Steig wieder auf, und peitsch die Rentiere aus!« Es war verdammt schwer, gutes Dienstpersonal zu finden, besonders wenn man eine schwarze Seele hatte und nur drei bezahlte Urlaubstage pro Jahr bot: Anti-Weihnachten, Anti-Ostern und einen Tag freier Wahl - ein klarer Affront gegen alle übrigen Weltreligionen. Sie boten ein seltsames Bild, die Frau, die auf den Zwerg einstach, und der Zwerg, der die Rentiere peitschte. Schließlich wurde ihr Arm müde, und sie hörte auf. Sie fand eine Tüte Chips in den Hautfalten unter ihrer Achselhöhle und schüttete sich den Inhalt in den Schlund.
    »Was ist los mit dir?«, fragte sie den Zwerg. »Merkst du nicht, dass ich dich pikse?«
    »Oh doch, Euer Majestät«, erwiderte der Zwerg.
    »Und, tut das nicht weh?«, fragte die Königin.
    »Doch, sehr, Euer Majestät, ich halte es kaum noch aus«, log der Zwerg. »Es sind höllische Schmerzen.« (In Wirklichkeit hatte er sich ein Backblech unters Wams gesteckt.)
    »Ich befehle dir, diesmal ein bisschen zu schreien. Das brauche ich als Ansporn.« Als sie gerade von neuem auf ihn einstechen wollte, sah sie Ed an der Ampel lehnen. »Wer zum Teufel bist du?«, fragte sie, wobei sie ein paar Chipskrümel versprühte.
    »Ich heiße Ed«, sagte Ed mit seiner Pantoffeltierchenstimme.
    »Hast du etwas zu essen dabei?«
    »Nein.« Ed hob seinen Finger und sprach hinein. »Frage: Was fressen Pantoffeltierchen?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, sagte die Königin hoheitsvoll, denn sie glaubte, der Junge rede mit ihr, »aber ich weiß, was ich fresse, und wenn dir dein Leben lieb ist, fängst du besser an zu schieben!«

Nach einer schier übermenschlichen Anstrengung, zwei Leistenbrüchen auf Seiten der Rentiere und viel Gefluche von Ed hatte sich der Schlitten gerade mal vierzig Zentimeter von der Stelle bewegt.
    »Sie könnten ruhig mal aussteigen », sagte Ed.
    »Ich verstehe nicht, wozu das gut sein sollte«, sagte die Königin und musterte ihre Fingerknöchel. Man konnte sie immer noch sehen. Sie war einfach nicht fett genug.
    »Memo für mich selbst«, sprach Ed in seinen Finger. »Das hier geht mir auf den Senkel.«
    »Du solltest stolz und dankbar sein, deiner Königin helfen zu können«, sagte die Frau.
    »Königin?«, fragte Ed, der sich bereits nach der guten alten Pantoffeltierchenzeit zurücksehnte. »Wer’s glaubt, wird selig. Königin des Buffets vielleicht.«
    »Schweig, du Flegel! Ich bin die Königin von allem, was du siehst.« Sie machte eine weit ausholende Armbewegung. »Von ganz Blarnia!«
    Eds

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