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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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kleinen Schwester... Haben Sie Schwestern? Oder Goldbarren? Was haben Sie mit der Gabel da vor?«
    Mit hoch erhobener Gabel und glühendem Blick ragte die Königin über Ed auf. Sie leckte sich die Lippen und wollte gerade zustechen, als ihr ein Gedanke kam: Was, wenn ich Geschmack daran finde? Was, wenn Menschen wie chinesisches Essen sind und ich, eine halbe Stunde nachdem ich den Jungen gegessen habe, unbedingt noch einen will? Ihr fiel ein, wie ihr der Zwerg einmal ausgebackene Eichhörnchen serviert hatte - und nun gab’s im ganzen Wald kein einziges mehr. Die wenigen Eichhörnchen, die überlebt hatten, waren dazu übergegangen, sich als Vögel zu verkleiden. »Ähm... sagtest du nicht, du hättest eine Schwester? Eine Ewaldstochter?«
    »Ja«, sagte Ed. Sein Instinkt sagte ihm, dass er lieber das Thema wechseln sollte, wenn er bei dieser Puppe landen wollte. »Die ist dumm wie Brot. Wie auch immer...«
    Was, wenn Ewaldstöchter besser schmecken als Atomssöhne, dachte die Königin. Das Risiko wollte sie nicht eingehen, daher änderte sie ihre Strategie. Sie legte den Salzstreuer und die Gabel beiseite. »Möchtest du etwas trinken?«, fragte sie liebenswürdig. »Einen Martini vielleicht?«
    Ed hatte genug James-Bond-Filme gesehen, um zu wissen, dass das ein sehr gutes Zeichen war. Nur die schärfsten Bräute boten einem einen Martini an. »Ja, bitte«, sagte er. Dann schaute er aus Angst, allzu begeistert zu wirken, auf die Uhr. »Ich trinke jeden Tag um diese Zeit einen.«
    »Um halb elf Uhr morgens? Du meine Güte.« Atomssöhne sind schlechte Lügner, dachte die Königin zufrieden, während sie einen silbernen Cocktailshaker aus einem Versteck im Schlitten holte.
    »Wie hübsch«, sagte Ed ernsthaft beeindruckt.
    »Macht die langen Verzögerungen erträglicher«, sagte sie und warf dem Zwerg einen finsteren Blick zu. * »Gin oder Wodka?«
    »Beides«, sagte Ed lässig, um zu zeigen, was für ein cooler Hund er war.
    »Ooo...kay«, sagte die Königin, schüttelte den Shaker und reichte Ed den glänzenden Metallbecher.
    »Danke«, sagte Ed, doch dann stieg ihm der Geruch des Drinks in die Nase - er roch nach Putzmittel. »Prösterchen!«, sagte er und versuchte weiterzulächeln, bis der Becher sein Gesicht vor dem Blick der Königin verbarg. Er nahm einen winzigen Schluck. Es schmeckte grauenhaft. Der Schnaps brannte so sehr, dass die Schleimhäute in seinem Mund davor zurückwichen. Seine Zunge wurde prompt taub, vielleicht vor Schreck. Wenigstens die Olive war essbar. Er setzte den Becher ab, und die Königin sah, dass Ed bereits rot angelaufen war.
    Sie hatte sich eine Zigarette angezündet, um ihren Appetit zu zügeln. »Du hast bestimmt Hunger«, sagte sie und blies dem Jungen Tabakrauch ins Gesicht. »Aber viel kann ich dir nicht bieten, fürchte ich«, fügte sie hinzu, wobei sie in diversen Geheimfächern herumwühlte und bergeweise leere Verpackungen zutage förderte. »Wir wollten gerade zum Mittagessen nach Hause fahren.« Die Königin zeigte auf den Zwerg, der einen Defibrillator hervorgeholt hatte und nun die Paddies auf den Leib des leblosen Rentiers presste. »Der frisst nämlich alles, was er in die Finger kriegt. Ich glaube, er hat eine Essstörung.«
    »Sieht ganz so aus«, nickte Ed verschwörerisch. Einfach allem zustimmen, was sie sagt, über all ihre Witze lachen und schon... wäre er bei ihr zu Hause! Ed fragte sich, ob es dort wohl irgendetwas Wertvolles gab, das sie nicht vermissen würde.
    Unterdessen wühlte die Königin zwischen den Sitzen herum. »Ah, das letzte Stück«, sagte sie und wischte ein kleines Zellophanpäckchen ab. »Möchtest du ein bisschen türkischen Honig?«
    »Ja, bitte!«, sagte Ed. Großartig! Dahinter verbarg sich bestimmt etwas Versautes! Zu seiner großen Enttäuschung musste er jedoch feststellen, dass türkischer Honig nichts mit irgendwelchen exotischen Sexualpraktiken zu tun hatte, sondern bloß eine irreführende Bezeichnung für totalen Dreck war. Während Ed auf dem widerlichen, knochentrockenen Quader herumkaute, wurde er von Mitleid mit dem gesamten türkischen Volk überwältigt. Plötzlich schien es auf der ganzen Welt nicht genug Speichel zu geben. »Haben Sie vielleicht $ einen Schluck Wasser?«, krächzte er.
    »Komm schon, verdammt noch mal! Halt durch, Blitz!«,! schrie der Zwerg und setzte die Paddies wieder an. »Und weg!« Das Rentier zuckte.
    »Nimm doch Schnee«, sagte die Königin. Sie spürte, dass Ed auf sie stand. Und sie

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