Die Chroniken von Blarnia
Müllhaufen. »Hier, lass sie vorher darin baden«, sagte die Königin und reichte Ed, der immer noch keinen Meter weit weg war, eine leere Packung. »Das ist eine Marinade.«
»Okay«, sagte Ed.
»Dann au revoir, mon petit entrée du futur«, sagte die Königin, warf ihm einen Kuss zu und drehte sich um.
Französisch! Die Sprache der Liebe! »Auf Wiedersehen!« Ed winkte ihnen noch lange nach, es dauerte eine Stunde, bis sie außer Sichtweite waren.
Als der Schlitten nur noch die Größe einer Fünf-Pence-Münze und Ed immer noch einen leichten Ständer hatte, hörte er hinter sich Loos Stimme aus dem Wald.
»Ohhh, wowww...« Loo kam durch den Schnee getorkelt, wobei sie hin und wieder über Luftbrocken stolperte. Sie betrachtete ihre Hand. »Ich hab mir noch nie richtig meine Hand angesehen«, sagte sie. »Ist sie nicht wunderschön?«
»Wo zum Teufel hast du gesteckt?«, schnauzte Ed sie an. Manchmal haben sexuelle Enttäuschungen auf Jungs eine derartige Wirkung.
»Bei Herrn Dummnuss... Wir haben Prog-Rock aus den Siebzigern gehört«, sagte Loo.
»Ist das dein Ziegenfreund?«, fragte Ed.
»Er ist ein Faun. Allerdings kein gewöhnlicher Faun. Er ist senkrecht geteilt«, sagte Loo. »In eine Vorder- und eine Rückseite. Es ist ein Geburtsfühler.«
»Du meinst Fehler.« Seine Schwester Loo freundete sich mit Fremden an? Und hörte Progressive Rock aus den Siebzigern? Er war ganz offensichtlich nicht der Einzige, den dieser Kleiderschrank verändert hatte. Wie zur Bestätigung fing Loo plötzlich an zu singen.
»Snot is running down his nose!«, sang sie. »Greasy fingers smearing shabby clothes! Hey, Aqualung!«
Zum millionsten Mal dachte Ed, dass es ganz schön langweilig ist, mit Geisteskranken zu verkehren. Das ist wie mit Betrunkenen: Es macht nur Spaß, wenn man selbst auch betrunken ist.
»Wir haben uns fiese Witze erzählt. Willst du einen hören?«, kicherte Loo. »Es geht um die Feiste Hexe. Sie nennt sich zwar >Königin<, aber in Wirklichkeit ist sie gar keine. Sie ist total böse und fett, eine dicke, fette, böse...«
»Hast du sie mal kennen gelernt?«, fragte Ed gekränkt. Es gibt Jungs, die es als persönliche Beleidigung auffassen, wenn man Frauen hässlich findet, auf die sie stehen. »Vielleicht hat sie ein Drüsenproblem.«
»Oh nein, die nicht«, sagte Loo, die sich kaum bremsen konnte. »Sie ist bloß abscheulich ...«
»Wer sagt das? Hast du sie kennen gelernt? Na?«
»Nein«, gab Loo zu. »Warum flippst du eigentlich gleich aus, Alter?«
Alter ? »Vielleicht finden manche sie ziemlich scharf«, schnaubte Ed. »Komm, wir gehen zurück und holen die anderen... Mit einer beknackten Ziege herumzuhängen«, zischte er aus dem Mundwinkel. »Pete wird mich dafür vermöbeln, dass ich das nicht verhindert habe. Und, habt ihr zusammen Salz geleckt?«
Loo wurde rot. »Nein«, erwiderte sie ein bisschen zu schnell. Herr Dummnuss hatte eine Tischdecke gefressen. »Du siehst nicht besonders gut aus«, sagte sie, um das Thema zu wechseln.
»Mir geht’s prächtig.« Oje, dachte Ed. Er war sicher, dass ihm sein ungehöriges Verlangen ins Gesicht geschrieben stand.
»Von wegen. Du bist ganz rot.«
»Ich... ich...«, stammelte Ed. Er musste sich besser beherrschen, wenn er mit den anderen zusammen war. Wie sollte er bloß sein schändliches Geheimnis bewahren, sein heißes Verlangen nach extrem korpulenten Frauen? »Mir ist bloß kalt«, sagte Ed und trat nach einem als Vogel verkleideten Eichhörnchen.
»Seht! Ich kann fliegen!«, quietschte dieses, bevor es gegen einen Baum prallte.
Nachdem die beiden aus dem Kleiderschrank gestiegen waren, brauchten sie eine Weile, um Pete und Sue zu finden. Die beiden Alteren lagen tief schlafend auf zwei Pritschen in einer Abstellkammer in einem der hintersten Winkel des Hauses. Warum sie schliefen, war offensichtlich: Beide trugen deutlich sichtbare Spuren der teuflischen Experimente des Professors. Dank einer Megadosis Hormone wölbten sich ansehnliche Brüste unter Petes Hemd, und Sue hatte einen langen biblischen Bart bekommen.
Wie Sie sich vorstellen können, mussten Ed und Sue sich erst mal hinsetzen und sich kranklachen. Schließlich versuchte Ed, Pete durch ein paar Backpfeifen zu wecken, aber es war vergebens. Aus rein therapeutischen Gründen * fuhr er trotzdem damit fort, seinen Bruder zu ohrfeigen.
»Willst du auch mal?«, fragte er Loo. »Tu dir keinen Zwang an.«
Loo haute ihrem großen Bruder eine runter und verkroch sich dann
Weitere Kostenlose Bücher