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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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dichtem braunem Fell bedecktes Nagetier. »Wie kannst du so etwas sagen«, flüsterte sie. »Gott sei Dank haben Chip und Woody das nicht gehört.«
    »Ahh!«, brüllte Naomi. »Das sind Scheite! Kloben! Baumaterial! Aus Holz - wie dein Kopf!«
    »Oh, jetzt hast du es geschafft«, sagte Ruth. »Du hast sie aufgeweckt! Hört nicht auf sie, Jungs, sie macht bloß Witze!« Sie eilte in das Nebenzimmer.
    Naomi stürmte zur Tür. »Kommt, ihr Blagen. Erst gehen wir zum Destillierapparat im Garten, und dann treffen wir uns mit Asthma.«
    Und genau das taten sie.

Sie wollen bestimmt wissen, was aus Ed geworden ist. Na gut, wenn’s denn sein muss...
    Es ist im Grunde ganz einfach: Irgendwann hatte der Heißhunger dem Jungen dermaßen das Gehirn aufgeweicht, dass er jedes Mal, wenn er jemanden aus der Runde anschaute, die in dem behaglichen, wenn auch etwas übel riechenden Haus der Biberinnen lustlos miteinander plauderte, bloß einen riesigen, comichaften Truthahnschenkel vor sich sah. Als all die Truthahnschenkel obendrein begannen, um seinen Kopf herumzutanzen und sich gegenseitig, kichernd wie beschwipste Teenager, mit soßengetränkter Bratenfüllung zu bewerfen, stand Ed vor einer schwierigen Entscheidung.
    Eine Möglichkeit bestand darin, sich einen der Schenkel zu schnappen und ihn aufzuessen. Das wäre ihm natürlich am liebsten gewesen, doch es hätte gewisse Probleme mit sich gebracht. Es ist nun mal so, dass Leute, die beobachten, wie man über einen anderen Menschen herfällt und ihn verschlingt, dazu neigen, einem weniger zu vertrauen. Sie mögen zwar behaupten, sie würden einen gar nicht mehr »so« sehen und hätten das blutige Gemetzel längst vergessen, aber eine gewisse Befangenheit ist in solchen Fällen unvermeidlich. Ed war klar: Wenn er jetzt schwach wurde und jemanden auffraß - und sei es nur Loo! dann würde es ihm nie gelingen, die anderen zu überreden, mit ihm zur Feisten Hexe zu gehen.
    Die andere Möglichkeit: Er konnte auf eigene Faust zur ihr eilen.
    Die Vorzüge dieser Variante lagen auf der Hand. Trotz all der schlimmen Dinge, die von der Feisten Hexe erzählt wurden, war sie der einzige Mensch im ganzen Land (oder Paralleluniversum oder was immer das hier war - im Augenblick war Ed das ziemlich egal), der mit ziemlicher Sicherheit etwas zu essen hatte. Alle anderen Bewohner dieses arschkalten, unwegsamen Drecklochs waren offenbar sprechende Tiere oder schlimmer noch: reine Sagengestalten. Aufgrund einer Wette hatte Ed einmal eine Hand voll Stroh gegessen, aber er verspürte nicht den Wunsch, dasselbe noch einmal zu tun. Die Feiste Hexe schien eine gewisse Schwäche für ihn zu haben -oder so etwas Ähnliches. Frauen waren oft furchtbar schwer zu durchschauen, besonders wenn sie keine Menschen waren und irgendwie, ähm, böse... Aber immerhin war Ed sicher, dass er allein von den Krümeln, die in ihren zahlreichen schlaffen Falten hängen geblieben waren, tagelang leben konnte.
    Er dachte kurz daran, seine Geschwister zu fragen, ob sie mitkommen wollten, doch er entschied sich dagegen. Möglicherweise würde ihnen sein Plan sogar einleuchten. Aber sie waren alle auf ihre eigene Weise unberechenbar und würden ihn vermutlich aus reiner Bosheit am Gehen hindern. Und dann würde Pete sich auf Eds Brust setzen, einschlafen und ihn erst am nächsten Morgen wieder freilassen. Das hatte er schon mal gemacht, als Ed einen Film sehen wollte, der Petes Meinung nach zu alt für ihn war. Und überhaupt, dachte Ed, warum soll ich mit denen teilen? Die Königin ist meine Freundin, und damit basta.
    Es ist natürlich vollkommen absurd, dass es Ed gelungen sein soll, sich unbemerkt aus dem Häuschen der Biberinnen zu schleichen, selbst wenn es dort Vorhänge, eine Standuhr, eine Reproduktion des Teppichs von Bayeux in Originalgröße oder sonst irgendetwas gegeben hätte, hinter dem er sich hätte verstecken können, was nicht der Fall war. Aber lassen Sie uns einfach annehmen, dass er es geschafft hat, okay? Um der Geschichte willen...
    Als Naomi zu rappen begann, schlüpfte Ed leise zur Tür hinaus in die frostige Nacht. Wie in diesem Buch üblich, war es irgendwie kalt genug für Schnee, aber nicht so kalt, dass Ed fluchend wieder umgekehrt wäre. Blarnia war ein wahres Wunderland: Manchmal waren die Figuren gezwungen, dicke Pelzmäntel zu tragen, aber ein andermal konnten sie stundenlang klaglos in Straßenklamotten herumlaufen.
    Unglücklicherweise war es diesmal eher kalt. Während er den Damm

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