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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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Hose mit seiner klitzekleinen Schnauze und begann heftig daran zu zerren.
    »Aus!«, rief Ed verärgert, denn er hatte sein neues Outfit ins Herz geschlossen, so grotesk es auch aussehen mochte. Er begann herumzuhüpfen und versuchte, den pelzigen Plagegeist abzuschütteln.
    Endlich verlor Fiesegrim den Halt, was Ed dazu nutzte, etwas Abstand von ihm zu gewinnen. Er lief orientierungslos in der großen, finsteren Eingangshalle umher und stieß sich dabei an allen möglichen Möbelstücken. Schließlich kletterte er auf einen Tisch. Fiesegrim nahm immer wieder Anlauf und machte mächtige Luftsprünge, aber der Tisch war zu hoch. Voller Schadenfreude stand Ed obendrauf und lachte den Hund aus.
    Eine Stimme ertönte aus den Tiefen des unbeleuchteten Vestibüls. »Was ist denn hier los? Ich will bloß hoffen, dass das der Pizzabote ist.« Es war die Feiste Hexe. Sie stand im Stockfinstern, nur von einem Lichtstrahl aus dem offenen Kühlschrank beleuchtet, in den sie gerade hineingeschaut hatte. In ihrer rechten Hand hielt sie ein ganzes Brathähnchen und biss riesige Stücke davon ab.
    »Äh...«, stotterte Ed. Seinen großen Auftritt hatte er sich anders vorgestellt. »Ich habe nur mit Ihrem Hund gespielt.«
    »Glaubt ihm kein Wort... wuff!... Euer Majestät«, sagte Fiesegrim außer Atem. »Ich würde nie mit einem... kläff! kläff!... Eindringling spielen.« Der wütende Yorkie warf Ed einen finsteren Blick zu.
    »Hör mit dem Gekläffe auf, davon kriege ich Kopfschmerzen«, sagte die Königin und knallte die Kühlschranktür zu. »Du...!« Sie zeigte auf Ed. »Hast du mir Pizza mitgebracht?«
    »Äh... nein«, sagte Ed. »Wissen Sie nicht mehr? Ich bin der Atoms...«
    »Still!« Die Königin schnitt Ed das Wort ab, bevor der gut entwickelte Argumentationslappen seines Gehirns richtig warm wurde. So etwas konnte Ed nicht ausstehen, denn nur wenn er sich irgendwelche Entschuldigungen aus den Fingern saugen konnte, fühlte er sich richtig in seinem Element. Plötzlich mochte er die Feiste Hexe nicht mehr besonders.
    Fiesegrim trollte sich zu seinem Frauchen, um ihr die Zehen zu lecken. Ed nutzte die Gelegenheit, um vom Tisch herunterzusteigen. »Ja, Schnäuzelchen, ich freu mich auch, dich zu sehen - wenn ich dich nur sehen könnte .« (Die Feiste Hexe hatte seit mindestens zehn Jahren ihre Füße nicht mehr gesehen; sie waren sogar noch weißer als der Rest ihres Körpers, weil sie immer im Schatten lagen.) »Da, nimm.« Sie warf Fiesegrim ein Leckerli zu. Er fraß es genüsslich auf und schaute sich dann nach Ed um, als wollte er sagen: »Mich mag sie lieber als dich.«
    Ed ließ das kalt. Er überlegte gerade, wie er der Feisten Hexe das gigantische Hähnchen entreißen konnte, ohne ihrem Mund zu nahe zu kommen.
    Sie wühlte in den Tischen und Schränken herum, die in der Halle herumstanden. »Fiesegrim, hast du mein Atomssohn-Besteck gesehen? Junge, guck doch mal in der Schublade da nach«, befahl die Königin.
    Sie, lieber Leser, haben dies bestimmt schon die ganze Zeit kommen sehen, aber Ed Perversie war nicht so helle wie Sie. Erst jetzt dämmerte ihm allmählich, warum die Königin sich so für ihn und seine Geschwister interessierte, und die Angst schnürte ihm den Magen zusammen. Er war froh, dass die anderen nicht mitgekommen waren. Ed schaute in die Schublade und entdeckte einen Satz furchterregender Instrumente mit Elfenbeingriffen.
    »Hier ist nichts«, log er.
    »Ach, was soll’s«, sagte die Königin und schleuderte ganz nonchalant das Hähnchen über ihre Schulter. Fiesegrim flitzte hinterher, und Ed musste sich schwer zusammenreißen, um es ihm nicht gleichzutun. »Dann esse ich dich eben auf die rustikale Art: mit Gabel und Fingern.« Wieder einmal zog sie ihre lange, goldene Gabel aus ihren weiten Gewändern. »Wo sind die anderen? Hängen die vielleicht noch irgendwo zum Dörren? Ich weiß, auf die Art geht eine Menge Fleisch verloren, aber das Aroma... Mjam!« Sie schnalzte mit den Lippen.
    Wie Sie sicher wissen, ist es immer kränkend, als etwas Essbares betrachtet zu werden. Eds Nackenhaare stellten sich auf, und die Empörung verlieh ihm neuen Schwung. Dieses Mal würde er auf jegliches Argumentieren verzichten. Wenn ich schon gefressen werde, dachte Ed, schmecke ich ihr vielleicht weniger gut, wenn ich ihr vorher die Wahrheit an den Kopf werfe. »Es gibt keine anderen«, sagte er trotzig. »Fressen Sie mich, wenn Sie wollen, aber ich habe Ihre geheimen Absichten von Anfang an

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