Die Chroniken von Blarnia
begannen sich Essen in den Schlund zu schieben. Pete war so hungrig, dass er einen weggeworfenen Kronkorken verschluckte.
Im Festzelt gab es auch eine Bar, hinter der ein Satyr Drinks mixte.
»Weißt du, ich hatte die Kälte ebenso satt wie jedes andere sprechende Tier«, sagte ein Vielfraß, der dort hockte, »aber wenigstens hat es dadurch nicht so gestunken.«
»Ich bin froh, dass wir hier so weit oben sind.« Der Uhu neben ihm lachte und fragte dann verschwörerisch: »Meint ihr, an dem Gerücht, dass die Bären eine Orgie gefeiert haben, anstatt Winterschlaf zu halten, ist was dran?«
»Keine Ahnung«, sagte der Vielfraß, »ich war nicht eingeladen. Aber zuzutrauen wäre es ihnen.« Er schaute zu den Perversie-Kindern hinüber, die mit den Händen Essen aus den Warmhalteschalen schaufelten und sich in den Mund stopften. »Jetzt guckt euch diese haarlosen Affen an.«
Im Zelt gab es alle möglichen Leckereien: leicht gräulichen Schinken, gründlich zerpflücktes Roastbeef, verkohlte Kartoffelstückchen, Würstchen, die den ganzen Tag in lauwarmem Fett geschwommen hatten, kalten Haferbrei, in dem jemand seine Zigarette ausgedrückt hatte. Kurz gesagt, das Essen war vielleicht nicht besonders lecker, aber Hunger macht nachsichtig, und so hauten die Kinder rein wie die Wilden, die sie waren. Wie nicht anders zu erwarten, begann Loo schon bald nach Luft zu ringen.
Der Uhu setzte sein Scotchglas ab und watschelte zu dem Mädchen hinüber. Als sie gefährlich lavendelfarben anlief, stellte er sich hinter Loo in Position, um sie zu stützen, und der Vielfraß spurtete mit Höchstgeschwindigkeit auf sie zu. Der pelzige Samariter rammte Loo mitten in den Bauch, und mehrere Kilo komprimierter, von menschlichen Zähnen unberührter Lasagne spritzten auf den Rasen.
»Mff-ff«, machte Sue, und Pete pflichtete ihr bei.
»Keine Ursache«, sagten die Tiere unisono.
»Sollen wir mal nachsehen, ob der Asthma-Arschkriecher-Club sich schon ein bisschen gelichtet hat?«, fragte der Vielfraß.
»Nach dir«, sagte die Eule.
Asthma stand im Zentrum einer riesigen, wogenden Menge verschiedenster Kreaturen. Darunter waren Einhörner und Schweinhörner, ein Bulle mit dem Kopf einer Fliege, Dryaden und Najaden, Nomaden und Olympiaden. Es gab Schimpären, Zwölfen und sogar ein oder zwei Sphinxter.
Wenn man sich jedoch Asthma selbst so anschaute, fragte man sich, warum so viel Theater um ihn gemacht wurde: Er war bloß ein schwarzer Hauskater. Zwar ein überaus pelziger mit großen grüngelben Augen, aber ansonsten keine sonderlich beeindruckende Erscheinung. Sein Fell (welches er unaufhörlich putzte) war so dick, dass er von hinten so aussah, als trüge er eine dunkelgraue Pumphose. Und sein lächerlich tuntiger Schwanz, der stets aufgerichtet war, hing wie eine Rauchwolke über ihm. Asthma war kein reinrassiger Kater. Er war vielmehr eine derart wüste Kreuzung, dass er etwas merkwürdig aussah. Hinzu kam, dass er etwas klein geraten war.
Und doch umringten ihn alle und buhlten um seine Gunst. Denn Asthma selbst fand an seinem Aussehen nichts auszusetzen - und dass er sich in seinem Pelz so wohl fühlte, verlieh ihm eine Respekt gebietende Würde. (Außerdem munkelte man, er besäße übernatürliche Kräfte.) Zwei karamellfarben gescheckte Wüstenrennmäuse spielten zu Asthmas Füßen und neckten ihn wegen der ulkigen schwarzen Fellbüschel, die zwischen seinen Zehen hervorragten.
»Seht euch vor, sonst fresse ich euch«, scherzte Asthma. Kichernd stoben die Wüstenrennmäuse auseinander.
»Asthma! Asthma!«, riefen die Tiere. Jedes wollte seine Aufmerksamkeit erregen und war wild darauf zu beweisen, dass es ein treuerer Anhänger war als das Tier neben ihm. Zwischen einem Murmeltier und einer Winkerkrabbe brach ein kurzes Handgemenge aus, das von einem Ozelot beendet werden musste. Dann drohte ein weiblicher Zwergpinguin, sich umzubringen, wenn Asthma nicht für immer bei ihm bleiben würde.
»Aber ich bin doch bei dir«, erklärte Asthma.
»Ach«, sagte der Zwergpinguin und stolperte davon, um nach einem anderen Grund zu suchen, sich depressiv und theatralisch zu gebärden.
Es war unglaublich mit anzusehen, wie alle Bewohner Blarnias, die mutig genug waren, der Feisten Hexe die Stirn zu bieten, ihr Schicksal ergeben in die Hände ihres neuen Chefs legten. Manche hofften, er würde ihnen zu Reichtum und Macht verhelfen oder sie im Kampf gegen ihre Feinde unterstützen. Andere wussten von »einmaligen Gelegenheiten«
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