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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerber
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nicht«, sagte Sue. Doch der innere Zwang, der Loo dazu trieb, all ihre schlechten Ideen in die Tat umzusetzen, hatte sie bereits dazu veranlasst, sich an die Fersen des kleinen Katers zu heften. »Na gut, aber leise!«, sagte Sue. »Wir wollen ja nicht, dass er uns wieder ins Bett schickt.«
    In der Dunkelheit des Waldes war Asthma ziemlich schwer auszumachen. Die Augen der beiden Mädchen mussten sich erst daran gewöhnen, den kleinen weißen Fleck auf Asthmas Brust im Blick zu behalten. Tagsüber fiel er kaum auf, aber nachts leuchtete er wie ein winziges Elfenfeuer.
    Vor ihnen schlängelte sich der Kater langsam, ja geradezu widerwillig durchs Unterholz. »Immer muss ich sterben«, murrte er. »Es muss doch eine bessere Art geben, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.« Asthma blieb stehen und drehte ein Ohr zu den Mädchen um. Auch sie hielten inne. Eine lange Sekunde verging, dann rief Asthma nach ihnen.
    »Hallo, Kinder«, sagte er. »Warum folgt ihr mir?«
    »Woher wissen Sie, dass wir Ihnen folgen?«, fragte Loo.
    »Nun, zuerst war da dieser Radau im Giftsumach. Dann hat sich Loo im Maulwurfsloch den Knöchel verknackst. Dann ist Sue über den verfaulten Baumstamm gestolpert, in die kleine Schlucht gestürzt und hat geschrien, weil sie fast mit dem Gesicht auf diesem toten Tier gelandet wäre.
    Dann...« Den Mief, den die zwei jungen Menschen, die seit Anfang dieses Buchs nicht gebadet hatten, verströmten, ließ Asthma unerwähnt. Er war wirklich gütig.
    »Schon gut, wir haben’s kapiert«, sagte Sue. »Wo wollen Sie hin?«
    »Das kann ich euch nicht sagen. Aber voraussichtlich wird es...«, Asthma wollte gerade »gefährlich« sagen, aber dann fiel ihm ein, mit wem er sprach,»... ziemlich albern.«
    »Glauben Sie, dass jemand dabei verletzt wird?«, fragte Loo.
    »Nein«, schwindelte Asthma.
    »Auch nicht, wenn man sich ganz doll anstrengt?«, bohrte Loo nach.
    »Vermutlich nicht mal dann«, sagte Asthma. Mit einem kaum zu übersehenden Zwinkern signalisierte er Sue, dass sie besonders gut auf ihre kleine Schwester aufpassen sollte.
    Sue verstand den Wink. Aber das müsste sie im Lager doch auch. Also konnten sie ebenso gut etwas Interessantes dabei machen. »Dürfen wir mitkommen?«, fragte sie.
    Asthma zuckte mit den Schultern. »Dies ist ein freies Land - jetzt, wo ich hier bin. Aber ihr müsst versprechen, dass ihr umkehrt, wenn ich es euch sage.«
    »Na klar«, sagten die Mädchen. »Versprochen.«
    Asthma wusste, dass sie logen. Er konnte allen Lebewesen in die Seele sehen. Vielleicht war das der Grund, weshalb er so häufig deprimiert war. Was soll’s, dachte er. Es wird auch nicht schlimmer als ein gewaltlastiges Videospiel, und vielleicht lernen sie ja was dabei. »Dann sollten wir uns beeilen«, sagte Asthma. »Bis der Morgen anbricht, muss noch viel geschehen.«
    Obwohl es dunkel war, bahnte sich Asthma mühelos den
    Weg durch das immer noch tropfnasse Dickicht des Waldes. Die Menschen, die viel größer (und noch dazu tollpatschig) waren, gaben sich alle Mühe, Schritt zu halten. Immer wieder blieb Asthma stehen, schlang seinen Schwanz um seine Pfoten und wartete, damit sie wieder aufschließen konnten. Während sie so im Mondlicht einherwanderten, plauderten sie ein wenig miteinander.
    »Wenn Sie jede beliebige Gestalt annehmen können, warum sind Sie dann als mickrige kleine Katze nach Blarnia gekommen?«, fragte Sue.
    »Und warum nicht in einer hübscheren Farbe, zum Beispiel Rotbraun oder Schildpatt?«, fragte Loo.
    »Nichts für ungut«, fügte Sue hastig hinzu.
    Asthma lachte. »Ich nehm’s nicht persönlich«, sagte er. »Das Äußere ist nicht so wichtig. Guck dir Loo an...« Das Mädchen bekam bereits Ausschlag von dem Giftsumach, und die nässenden Schwären glitzerten im Mondschein. »Egal wie schorfig und abstoßend ihr Äußeres wird, im Innern bleibt sie dieselbe, und nur das zählt.« Asthma wartete, bis die beiden sich durchs Unterholz geschlagen und ihn wieder eingeholt hatten. »Ich habe daran gedacht, als etwas Großes, Starkes nach Blarnia zu kommen, zum Beispiel als gepanzerter Pottwal. Wäre das nicht cool gewesen? Aber dann wurde mir klar, dass die Leute das falsch verstehen könnten. Die Lebewesen hier sind extrem schlicht gestrickt. Man kann nicht von ihnen erwarten, dass sie überhaupt irgendetwas begreifen. Wenn ich etwa als ein gewaltiger, furchteinflößender Löwe zurückgekommen wäre, hätte es sein können, dass sie daraus schließen, es käme nur darauf an,

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