Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)
unsicherer Stimme hinzu: „Ich … ich geh dann schon mal zurück. Spätestens morgen sehen wir uns wieder.“
Pete nickte nur. Er hatte sich selbst noch mehr überrascht als Thobor. Nachdenklich schaute er Thobor nach und sah, wie dieser verständnislos den Kopf schüttelte und davontrottete. Wenn er jetzt, mit vierzehn Jahren, bereits so viel austeilen und auch einstecken konnte, was würde erst aus ihm werden, wenn er erwachsen war? Ja, was, wenn er zusätzlich hart trainierte und Kampftechniken lernte?
Er wusste, dass dies sein Weg war, um seine Eltern sehen zu können. Mit Sicherheit war es nur eine Frage der Zeit, bis er so weit war. Doch der Gedanke an sie ließ ihn wieder schwach werden. In dem Moment war er wieder der vierzehnjährige Junge, der sich nichts sehnlicher wünschte, als von seinen Eltern geliebt und umarmt zu werden.
Nicht jetzt, Pete!Nicht jetzt!
Die Zeit würde kommen. Er musste jetzt erwachsen werden und hart zu sich sein. So wie die Krieger hier. Ja, er musste ein Krieger sein, wie sein Vater es war.
Er raffte sich auf und ging zu den Steinen hinüber. Die sahen äußerst groß und massiv aus. Sie waren bestimmt viel zu schwer für einen Jungen mit seiner Statur.
Das sind eher Steine für Männer wie Thobor oder …
Bei dem Gedanken hielt er inne. Soeben hatte er sich erfolgreich mit Thobor gemessen. Er nahm all seinen Mut und seine Entschlossenheit zusammen und spuckte voller Tatendrang in die Hände. Erst suchte er sich den Stein aus, der am leichtesten aussah. Er ging in die Hocke, klammerte den Stein fest und hob ihn mit einem lauten „Huaa!“ hoch.
Er schaffte es zwar, den Stein hochzuheben, doch dies erforderte all seine Kraft. Wackelig drehte er sich um und setzte einen Fuß vor den anderen. Er dachte nur an den nächsten Schritt. Und noch ein Schritt und wieder ein Schritt.
Der Weg zum Fluss erschien ihm unendlich lange. Er schwitzte und stöhnte unter der schweren Last. Seine Knie wurden immer wackeliger und zitterten. Aber er würde niemals aufgeben. Lieber läge er unter dem Stein begraben als vor Thobor zugeben zu müssen, dass er die ihm aufgetragene Aufgabe nicht bewältigen konnte.
Erleichtert ließ er den ersten Stein neben dem Fluss in eine kleine Grube plumpsen. Er streckte seine Hände in die Höhe und drückte seinen Rücken durch.
Wenn das hier so weitergeht, sieht Thobor neben mir bald wie ein Zwerg aus!
Er lachte.
Er lachte über seine Schmerzen in den Fingern, den Beinen und im Rücken. Sein junger Körper rebellierte gegen die enormen Lasten, die er ihm zumutete. Dennoch schien sein Körper immer kräftiger zu werden und Dinge zu ertragen, die für ihn bisher schlicht unmöglich waren. Nicht nur für ihn, für alle Jungen seines Alters waren die Dinge, die er hier tat, eigentlich unmöglich.
Er wischte die Gedanken von sich und machte sich auf, die nächsten Steine zu holen. Er fragte sich, ob ihm diese Geschichte jemals jemand im Waisenhaus glauben würde. Marcy? Bestimmt nicht. Alfred? Der würde sich höchstens über ihn lustig machen. Viele andere kamen ihm da nicht in den Sinn. Freunde hatte er nie gehabt, er war schon immer als Träumer verschrien gewesen, der nur seine Steinschleuder liebte und so ein darauf abgebildetes Männchen mit einem Schwert werden wollte.
Wenn die nur wüssten.
Inzwischen war er wieder beim Steinhaufen angekommen. Entschlossen hob er den nächsten Stein hoch. Der war noch etwas schwerer und sogar etwas breiter als er selbst. Entschlossen setzte er wieder einen Fuß vor den anderen und legte auch diesen Stein schließlich in die Grube beim Fluss. Die Zeit verging schmerzhaft langsam. Doch Pete schleppte einen Stein nach dem anderen zur Grube, lud diesen ab, nur um gleich darauf den nächsten zu holen.
Als er den letzten Stein zufrieden in die Grube plumpsen ließ, begutachtete er stolz die getane Arbeit. Ein kleiner vierzehnjähriger Junge hatte soeben einen Steinhaufen, der eines jeden „Stärkster Mann der Welt“-Wettbewerbes würdig gewesen wäre, einige Hundert Meter transportiert. Irgendwie konnte er selbst noch kaum glauben, dass er es tatsächlich geschafft hatte. Er gewöhnte sich aber langsam auch daran, Dinge tun zu können, die er für absolut unmöglich gehalten hatte. Er würde einfach sein Bestes geben und alles, auch in seinen Augen Unmögliches, versuchen. Denn nur so konnte er herausfinden, wie viel er sich tatsächlich verändert hatte.
Pete hatte in all dem Eifer kaum bemerkt, dass die Sonne
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