Die Chroniken von Gonran 1: Stärke oder Tod (German Edition)
bald sehen kann. Jedoch verschiebt ihr diesen Zeitpunkt immer wieder. Jetzt ist nicht einmal klar, wann dies denn sein soll! Das sind meine Eltern, Bordan! Ich habe bisher alles mitgemacht und hart trainiert. Ihr müsst euch irgendwann an eure Worte halten!“
Bordan stand langsam vom Hocker auf und antwortete ruhig, wie er es immer tat, wenn Pete Fragen stellte: „Pete, Pete … Ich kann dich doch verstehen, dass …“
„Wenn du mich verstehen könntest oder auch nur wolltest, hätte ich meine Eltern längst gesehen. Meinen es du und deine Brüder überhaupt ernst? Oder wollt ihr nur, dass ich stark werde und für euch eure Feinde vernichte?!“
„Pete, du überschätzt dich, Junge. Du bist zwar schon stark, aber noch lange nicht bereit für den Krieg. Ich kann jedoch verstehen, dass deine Geduld langsam zu Ende geht.“
„Langsam?! Langsam?!“, schnaubte Pete ihn an.
„Nun gut, Pete, beruhige dich. Deine Eltern sitzen nach wie vor an der Grenze zu Turion fest. Es ist nicht so einfach, von dort wegzukommen mit all den Soldaten, die patrouillieren, den Kämpfen …“
„Aber wenn sie in eurem Gebiet sind, warum sollen sie nicht einfach zurückkommen können? Oder sich zurückschleichen? Sie müssen ja nicht durch irgendein Feindgebiet, sondern durch euren Wald! Wo ist das Problem, Bordan, wo!?“
Bordan hob verkrampft die Schultern und sagte: „Nun gut, kleiner Mann, ich spreche heute noch mit meinem Bruder Raron darüber und werde dir berichten, was er sagt.“
Pete nickte nur, drehte sich in Windeseile um und schlug die Tür hinter sich zu. Wutentbrannt stapfte er durch die schlammigen Straßen Gorons. Es schien ihm wie eine halbe Ewigkeit, bis er auf dem Übungsplatz ankam, wo bereits Thobor, Elon und Lonar auf ihn warteten.
„Pete! Beweg dich schnellstens hierher! Du bist zu spät! Los! Los! Schneller!“ Thobors Worte machten Pete nur noch wütender. Er schmiss wutentbrannt sein Fell auf den Boden, rannte zu ihm und stellte sich vor ihn.
„Zwanzig Runden mit dem großen Stein, auf geht’s!“, brüllte Thobor Pete an.
Pete zögerte erst etwas, entschloss sich dann aber dennoch, Thobors Befehl zu befolgen. Er packte den großen Stein, der breiter war als er selbst, hielt ihn hoch und begann loszustampfen. Seine Gedanken tobten in seinem Kopf. Er war sogar froh, die Strafe kassiert zu haben, damit er sich erst mal abreagieren und einen klaren Kopf bekommen konnte. So legte er eine Runde nach der anderen zurück, schwitzend, stampfend und innerlich am Zerbersten. Wie sehr er sich auch anstrengte, die Wut nahm eher zu als ab.
Gerade als er die ersten Schritte der achten Runde hinter sich gebracht hatte, sah er, wie sich von Weitem zwei Gestalten dem Übungsplatz näherten. Er hielt in seiner Bewegung inne und erkannte die Gestalt von Bordan. Die andere Gestalt konnte er nicht gleich zuordnen. Bei längerem Hinsehen und nachdem sich die Gestalten weiter genähert hatten, erkannte er die Umrisse von Raron.
Bordan hatte also Wort gehalten. Beide marschierten direkt auf Thobor zu und suchten erst gar nicht nach Pete. Er stand etwas überrascht da und beobachtete, was sie vorhatten. Als Thobor seinen Blick bemerkte, drehte auch er sich um und marschierte direkt auf Bordan und Raron zu. Sie trafen sich am Rand des Übungsplatzes und begannen wild gestikulierend zu sprechen. Pete konnte aus der Distanz kein Wort verstehen. So näherte er sich mit raschen Schritten der Männergruppe. Sobald er nah genug war, um etwas verstehen zu können, wandten sich alle drei ihm zu. Raron deutete mit einem Finger auf den Stein, den Pete vor lauter Neugierde ganz vergessen hatte abzulegen. Raron schenkte Thobor ein bestätigendes Nicken und sagte zu Pete: „Willst du den nicht erst mal ablegen?“
Pete schaute an sich herunter und erkannte erst jetzt, dass er den Stein noch immer trug. Er ließ ihn umgehend vor sich in den Dreck plumpsen. Erwartungsvoll schaute er auf Bordan, dann wieder auf Raron.
Raron sagte: „Bordan hat mir deinen Wunsch vorgetragen. Du bestehst darauf, deine Eltern zu sehen?“
Bordan musterte Pete mit durchdringenden Augen und verschränkte seine muskulösen Arme vor der Brust.
„Ja, genau. Ich trainiere nun schon lange hier, wie wir es abgemacht haben. Ihr hattet mir versprochen, dass ich meine Eltern sehen dürfe. Bisher habe ich sie nicht zu Gesicht bekommen. Jedes Mal wird der Zeitpunkt verschoben aus den unterschiedlichsten Gründen. Nun können meine Eltern nicht von der Front
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