Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
eine Stelle, an der die Überquerung des Gebirges zumindest theoretisch möglich sein sollte. Und gefährlich dürfte es dort allemal werden, nicht nur wegen der Witterung und dem unwegsamen Gelände. Es hausten auch üble Kreaturen in den Bergen, die ein paar Goblins durchaus als kleinen Imbiss zwischendurch zu schätzen wussten. Dennoch stellte dies den einzigen Weg dar, den die Wolfsreiter kannten. Und weil die Zeit ein wenig drängte, konnte Snip nicht nach einer besseren Alternative suchen. Er musste sich seiner Verantwortung als Anführer stellen und jetzt eine Entscheidung treffen. Das bedeutete: Dieser Pass war nun notgedrungen ihr Weg. Der Goblin-Häuptling hatte darauf bestanden, die drei mit allem Nötigen für ihre Reise auszustatten. Und Bikka bot sich an, sie zum Pass zu führen, was sie dankbar annahmen. So konnte ihre Reise also weitergehen. Snip verabschiedete sich vom Häuptling der Wolfsreiter und von einigen anderen und versprach, irgendwann einmal wiederzukommen. Dann stieg er auf sein Pferd und folgte Bikka, der langsam voranritt. Die Orks ritten kurz dahinter. Der Weg durch den Wald verlief ohne größere Zwischenfälle. Der Wolfsreiter führte sie abseits vom Weg über Schleichpfade und Abkürzungen, und gegen Abend hatten sie den Waldrand erreicht. Hier schlugen sie ihr Nachtlager auf. Am nächsten Morgen verließen sie den Wald. Vor ihnen zeichneten sich leichte Hügel ab, die allmählich zum Gebirge hin anstiegen. Am Horizont thronten die majestätischen Berge mit ihren schneebedeckten Gipfeln. Ihr Ziel. Bei Snip machten sich gemischte Gefühle breit. Doch es würde ohnehin noch drei bis vier Tage dauern, bis sie die Berge erreichten. Die Gegend hier war kaum bewohnt. Es gab ein paar kleine menschliche Siedlungen. Dazu zogen von Zeit zu Zeit marodierende Banden von Gnollen oder Orks umher. Direkt am Fuße des Gebirges befand sich eine größere Stadt, in der Menschen und Zwerge vom Bergbau lebten. Dort gab es auch eine kleine Garnison mit wenigen Soldaten. All dem sollten sie aber ohne weiteres aus dem Weg gehen können und unbehelligt zum Pass gelangen. Je weniger Spuren sie unterwegs hinterließen, desto besser erschien es ihnen.
Gegen Nachmittag des dritten Tages konnten sie das Gebirge direkt vor sich liegen sehen. Der schmale Weg, den Tirzipp als Pass bezeichnet hatte, ließ sich mit dem bloßen Auge nicht erkennen. Doch Bikka versicherte ihnen, dass er da sei. Im Schutz eines großen Felsens richteten sie ihr Nachtlager her und versuchten, noch ein wenig Ruhe zu bekommen. Am nächsten Tag würde ihr Aufstieg beginnen. Das hieß zugleich, dass der Zeitpunkt gekommen war, sich von Bikka zu verabschieden. Snip bedauerte das sehr; denn er verstand sich ausgesprochen gut mit dem Wolfsreiter. In den wenigen Tagen, die sie sich jetzt kannten, waren sie Freunde geworden. So setzte sich Snip beim Frühstück neben den Wolfsreiter, um etwas zögerlich „Auf Wiedersehen!“ zu sagen. Doch Bikka winkte ab. „Ich habe mich entschieden, euch weiter zu begleiten.“, erklärte er dem verdutzten Snip. “Aber was werden deine Leute dazu sagen und vor allem dein Vater?“, entgegnete ihm der Goblin. Bikka schaute ihn mit ernster Mine an: „Ich habe meinem Vater schon bei der Abreise einen Brief da gelassen, in dem ich ihm alles erkläre. Das hier ist die Chance, von der ich schon immer geträumt habe: ein echtes spannendes Abenteuer. Da kann ich doch nicht einfach im Wald bleiben. Ich hoffe nur, ihr wollt mich auch dabei haben.“ Snip fiel ein Stein vom Herzen. Am liebsten hätte er den Wolfsreiter umarmt, aber das gehörte sich für Krieger nicht. Also nickte er nur und strahlte über das ganze Gesicht. Der Weg hinauf auf den Berg erwies sich als äußerst mühselig. Teilweise nur fünfzig Zentimeter breit, konnten keine zwei Personen nebeneinander auf ihm reiten. In weitläufigen Windungen führte er den Berg stetig empor. Einige Stellen ließen sich gut zu passieren, andere wiederum erwiesen sich als extrem steil oder waren mit losen Steinen übersät, so dass die Pferde leicht ins Rutschen gerieten. So stiegen sie immer wieder von ihren Tieren ab und führten sie am Zügel weiter. Bikka ritt voraus. Dahinter folgte Snip. Die beiden Orks bildeten die Nachhut. Je höher sie kamen, desto kälter und windiger wurde es. Es roch bereits nach Schnee. Die Reiter hielten kurz an, um die Fellkleidung anzuziehen, die sie von den Wolfsreitern bekommen hatten. Langsam kehrte ein wenig Wärme in ihre
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