Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
schickte sich an, sich langsam rückwärts zu schieben. Schnellstmöglich wollte er zu den anderen zurückzukehren, um Bericht zu erstatten. In diesem Moment vernahm er ein leises Geräusch hinter sich und wirbelte herum. Ein weiterer Mensch, ein wahrer Hühne mit kahlem Schädel und leuchtend blauen Augen, stand nun direkt vor ihm und schaute ihn leicht belustigt an. „Na, was haben wir denn da?“, sagte er und stemmte die Hände in die Hüften. Bikka schaute völlig verblüfft aus der Wäsche. Dann reagierte er instinktiv, indem er sein Messer aus dem Gürtel riss. Immer noch auf dem Rücken liegend richtete er es auf den Menschen. Der machte einen flinken Schritt auf den Goblin zu und griff gekonnt nach seinem Handgelenk. Trotz seiner Größe verfügte er über eine enorme Schnelligkeit. Wie ein Schraubstock legten sich die Finger um das Handgelenk und drückten fest zu. Bikka stöhnte auf und ließ sein Messer fallen. Fast gleichzeitig schnellte die linke Hand des Hühnen hervor und packte auch den anderen Arm des Goblins. Ohne sich sichtbar anzustrengen, hob er Bikka hoch und klemmte ihn sich unter seinen Arm wie ein zappelndes störrisches Kleinkind. Der arme Goblin wusste überhaupt nicht, wie ihm geschah. So beladen trat der Mann über den Busch hinweg in den Schein des Feuers und verkündete laut: „Seht mal, was ich hier gefunden habe!“ Dabei hielt er den Goblin wie eine Trophäe hoch . Alle schauten ihn verblüfft an. Dann ertönte ein vielstimmiges und schallendes Gelächter, das Bikkas Ohren klingen ließ. Der Goblin fühlte sich fürchterlich: blamiert und gedemütigt. Zugleich hatte er nicht die geringste Ahnung, wie er die Menschen einzuschätzen hatte. Der Rothaarige stand nun auf und kam auf ihn zu. Neugierig schaute er sich den Wolfsreiter an und fragte ihn: „Was führt dich hierher?“ Bikka dachte krampfhaft nach. Er wusste nicht, was er sagen sollte: die Wahrheit oder irgendeine Lüge. Also schwieg er. „Na gut, wenn du nicht reden willst, dann müssen wir uns wohl was einfallen lassen, um deine Zunge zu lösen.“ Mit diesen Worten stieß er einen schrillen Pfiff aus. Die Hunde, die gerade noch friedlich geschlafen hatten, sprangen augenblicklich auf und kamen bellend angelaufen. „Magst du Hunde?“, wandte er sich wieder dem Goblin zu, „Die Hunde mögen dich bestimmt.“ Um die Bedeutung seiner Worte noch weiter zu unterstreichen, hielt der Hühne Bikka hoch über die Hundemeute. Die Tiere fletschten ihre kräftigen und spitzen Zähne. Dabei versuchten sie, zu ihm hochzuspringen, und schnappten gierig nach ihm. „Ich bin nur ein Wanderer, der sich in dieser Steppe verlaufen hat. Als ich euer Lagerfeuer gesehen habe, wollte ich nachsehen, was dort los ist.“ Bikkas Stimme überschlug sich fast vor Panik. Der Rothaarige grinste. Dann pfiff er ein anderes Signal und die Hunde zogen sich augenblicklich zu ihrem Schlafplatz zurück. Anschließend setzte der Hühne den Goblin ab. Der rieb sich die Handgelenke. Nach wie vor musterte der Rothaarige den Wolfsreiter mit skeptischem Blick. „Weißt du, Goblin, ich dachte, ihr Grünhäute tretet immer in größeren Gruppen auf. Und wer weiß, vielleicht wartet da in der Dunkelheit ja ein ganzer Stamm auf uns. Da würde ich doch gerne mal nachschauen. Nicht dass wir eine unliebsame Überraschung erwarten.“ Bikka rutschte das Herz in die Hose, als er die Worte des Rothaarigen vernahm. Lügen konnte er noch nie besonders gut. Das hatte sich hier wieder einmal bewahrheitet. Und nun brachte er auch noch seine Freunde in Gefahr. Der Rothaarige, der offenbar der Anführer der Gruppe war, besprach sich kurz mit den anderen Männern und gab einige Anweisungen. Dann sattelten sie ihre Pferde, banden den Goblin ebenfalls auf einem Pferd fest, griffen sich ihre Waffen, holten die Hunde und ließen sie die Spur des Goblins zurückverfolgen. „Auf geht’s!“, rief der Anführer, dann setzte sich die Gruppe in Bewegung.
Snip und die Orks warteten jetzt schon eine ganze Weile auf die Rückkehr ihres Freundes. Ein Feuer zu entzünden, hatten sie nicht gewagt. Rabb lief die ganze Zeit wie ein aufgeschrecktes Huhn hin und her und schaute immer wieder zu Nogg herüber. Er machte sich große Sorgen um seinen Freund. Der schlief zwar, wälzte sich aber immer wieder unruhig von einer Seite auf die andere. Snip dachte über die Erlebnisse der letzten Wochen nach und ließ sie noch einmal Revue passieren. Mehr als einmal schüttelte er seufzend mit dem Kopf.
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