Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
verrichten. Das viele Starkbier musste ja auch wieder raus. Dabei stieß er auf die bewusstlosen Soldaten und löste den Alarm aus. Die Informationen des Hauptmanns führten zu wilden Diskussionen. An Schlaf brauchten sie jetzt gar nicht mehr zu denken. Je mehr die Reisenden miteinander redeten, desto misstrauischer wurden sie. Ganz allmählich kamen Verdächtigungen in die eine oder andere Richtung auf, ohne dass es konkrete Hinweise gab. Insbesondere die Zwerge betrachteten Snip und seine Freunde mit Argwohn. Goblins galten bei ihnen als verschlagen und hinterlistig, was ja durchaus nicht so ganz aus der Luft gegriffen war. Bereits am nächsten Morgen machten alle einen deutlichen Bogen um die vier. Snip wusste, dass es keinen Sinn machen würde, ihre Unschuld zu beteuern. Hier ging es nicht um Argumente, sondern um Emotionen. Und die ließen sich nun mal nicht kontrollieren. Der Goblin hoffte nur, dass die Angst nicht mit ihnen durchging und sich direkt gegen ihn und seine Gefährten wenden würde. Je länger die Reise dauerte, desto größer würde die Gefahr werden. Das machte ihm ernsthafte Sorgen. Er würde sich etwas einfallen lassen müssen. Am besten wäre es wohl, den Verräter selbst zu überführen. Und so brütete er den ganzen zweiten Tag der Reise über einen Plan. Ansonsten gab es auch nicht viel zu tun unterwegs. Die Landschaft hatte sich nicht wirklich verändert, der Wind wehte unvermindert und wirbelte Sand und Staub durch die Luft und die Sonne brannte ihnen mit voller Kraft auf die verhüllten Köpfe. Am Abend erreichten sie eine weitere Wasserstelle. Wieder errichteten sie ihr Lager nach bewährtem Muster. Doch diesmal wollte sich keiner in der Nähe der Grünhäute niederlassen. So zogen die vier sich freiwillig zurück und breiteten die Decken so weit vom Rest der Gruppe aus, wie die Wagenburg es zuließ. Snip grinste dabei. Er hatte diese Reaktion vorausgesehen und seinen Plan darauf abgestellt. Bevor sie sich zur Ruhe legten, weihte er Bikka in seine Überlegungen ein. Dann holte er aus dem Gepäck ein kleines Fläschchen und träufelte ein paar Tropfen auf ein Stück trockenes Brot. Bikka nahm das Brot und führte es langsam zum Mund. Es roch streng und nicht sehr appetitlich. Mutig schob er es in den Mund, kaute und schluckte es herunter. Kaum war das Brot in seinem Magen angekommen, entfaltete das Extrakt seine Wirkung. Dem Wolfsreiter wurde ganz warm. Neue Kräfte kehrten in seine müden Glieder zurück und er wurde hellwach. Keine Spur mehr von Müdigkeit. Trotzdem legte er sich unter seine Decke und tat, als ob er schliefe. Bald war Ruhe im Lager eingekehrt. Die Wachen, die der Hauptmann verdoppelt hatte, zogen ihre Runden. Auch die anderen Mitreisenden hatten zusätzliche Wachen bestimmt, die immer wieder argwöhnisch zu ihnen herüberschauten . Bikka wartete eine ganze Weile, bis sich schließlich eine günstige Gelegenheit ergab. Die Soldaten patrouillierten einige Meter entfernt, keiner befand sich in ihrer Nähe, und auch von der anderen Seite des Lagers schaute gerade niemand zu ihnen herüber. Schnell rollte er sich zur Seite weg und kam unter einem der Wagen zu liegen. Dann robbte er sich hastig ein Stück weiter, bis er hinter einem Wagenrad ausreichend Deckung fand. Währenddessen schob Snip eine Tasche unter Bikkas Decke, so dass es aus der Entfernung den Anschein hatte, als ob der Wolfsreiter noch darunter läge. Dann begann die Zeit des Wartens. Stunden vergingen, aber nichts passierte. Die Soldaten zogen unbeirrt ihre Runden. Die Wächter aus den Reihen der Reisenden schienen mittlerweile eingenickt zu sein. ‚Amateure!’, dachte Bikka verächtlich. Noch eine Stunde verging. Bald würde es hell werden. Offenbar wagte der Verräter es diese Nacht nicht, etwas zu unternehmen. Gerade wollte der Wolfsreiter sich wieder auf den Rückweg zu seinem Lager machen, als er eine leichte Bewegung an einem der Wagen wahrnahm. Vermutlich hatte nur der Wind eine Plane bewegt, doch um sicher zu gehen, schlich er sich ein Stück näher heran. Vorsichtig schob er sich ein wenig unter dem Wagen hervor. Da sah er es: eine kleine Gestalt von der Größe eines Gnoms machte sich an dem Wagen zu schaffen. Aus einer Flasche füllte er etwas in das Wasserfass, das sich auf dem Wagen befand. Beim Wolfsreiter schrillten alle Alarmglocken. Seine Muskeln spannten sich an, dann erhob er sich auf alle Viere, um wie ein Wolf mit einem gewaltigen Satz auf das Wesen loszuspringen. Das Männchen zeigte
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