Die Chroniken von Mondoria. Das Artefakt (German Edition)
die Orte, wo die Teile der Krone verborgen lagen, ließen sich so definitiv nicht zu lokalisieren. Etwas enttäuscht klappte Snip das Buch zu, um sich den beiden verbleibenden Bänden zuzuwenden. Doch irgendwas machte ihn stutzig. Noch einmal schaute er sich den alten Folianten genau an. War nicht der hintere Buchdeckel dicker als der vordere? Er klappte das Buch wieder auf und verglich die jeweilige Höhe miteinander. Vorsichtig strich er dann mit den Fingern über die Innenseite des hinteren Buchdeckels und meinte etwas zu spüren. Ja, da steckte etwas drin. Dessen war er sich nun ganz sicher. Jemand hatte etwas in den Buchdeckel geschoben und dort versteckt. Vorsichtig schaute er sich um, ob irgendwer gerade zu ihnen herüber sah. Aber keiner würdigte sie eines Blickes. Unauffällig griff er in seine Jackentasche und holte ein winziges Messer heraus, das er mit seinem Ärmel weitgehend verdeckte. Mit der Spitze der Klinge ritzte er den Buchdeckel ein und hob ihn ein wenig an. Darunter steckte etwas. Sein Atem stockte. Mit zittrigen Fingern zog er ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus und ließ es augenblicklich in seinem Ärmel verschwinden. Dann klappte er das Buch endgültig zu und legte es zur Seite. Die anschließende Durchsicht der anderen beiden Bände ergab nichts Neues mehr. Somit blieb nur noch der Zettel, den sie entdeckt hatten. Bikka fragte ihn in diesem Moment, wie viel Zeit seit ihrem Eintreffen wohl vergangen sei. Eine nicht unwichtige Frage. Snip schätzte, dass es schon einige Stunden waren. Allmählich sollten sie aufbrechen. Zügig stellten sie die Bücher an ihre Plätze zurück und verließen die Bibliothek mit der inständigen Hoffnung, dass das noch ungelesene Papier die Hinweise enthielt, die sie so dringend benötigten. Auf dem Rückweg durch die Stadt genossen sie noch einmal die Eindrücke der großartigen Bauten. Wer wusste schon, ob sie jemals wieder die Gelegenheit bekommen würden, sie sich anzuschauen. In einem kleinen Laden unterwegs kauften sie sich schließlich noch verschiedene Karten von der Region. Dann passierten sie das Stadttor und kehrten schnurstracks zu ihren Gefährten zurück. Snip hätte zu gerne schon vorher einen Blick auf ihr Fundstück geworfen. Aber er wusste auch, dass sie zunächst einmal die Sicherheit ihres Versteckes aufsuchen sollten. Am Abend war es dann so weit. Mit zittrigen Händen faltete Snip das alte Stück Papier auseinander. Bikka und Nogg beobachteten ihn gespannt. Es schien sich um einen Brief zu handeln, verfasst in einer fremden Sprache mit merkwürdigen Schriftzeichen. Hastig zog Snip die magische Brille aus der Tasche und setzte sie auf die Nase. Dann begann er laut zu lesen.
Lieber Nan Gi!
Viele Monde sind vergangen, seit wir uns das letzte Mal gegenüber gestanden haben. Wir hatten eine glückliche Zeit, und ich denke gerne daran zurück. Bald schon werden wir wieder vereint sein und die Suche, die uns verbindet, zu einem guten Ende bringen. Meine Reise nach Yu Lian ist höchst erfolgreich verlaufen. Es hat lange gedauert, alle nötigen Informationen zu erlangen. Zahllose Schriften habe ich studiert, eine Vielzahl von weisen Menschen befragt. Doch allmählich fügte sich ein Teil ins nächste und das Bild entstand. So habe ich die große Freude und Ehre, dir heute mitteilen zu dürfen, dass ich alle vier Orte aus dem Lied identifiziert habe.
Der erste Ort ist der Turm des großen Magiers Surnir hoch im Norden in der Ödnis. Die Rune soll in den Katakomben darunter versteckt sein, die der Magier einst erbaute, geschützt von tödlichen Fallen und grausigen Monstern. Die zweite Rune ist versteckt im Tempel der Göttin Naigar auf der Insel Alisu im östlichen Meer. In dem Tempel – so heißt es – beten die Seeelfen ihre Göttin an. Und sie schützen den Tempel und seinen Schatz mit ihrem Leben. Die letzte Rune befindet sich im Grab eines gewissen Mach Na Dun. Nach meinen Informationen hat dieser Mach Na Dun vor langer Zeit in Gash gelebt, einer Stadt im Süden, die aber heute als Ruine da liegt. Irgendwo in ihrer Nähe soll sich auch das Grab befinden. Schließlich noch die Krone selbst. Sie wurde einst in den Tiefen eines Vulkans versteckt mitten in der tödlichen Wildnis südlich des Gaffel-Gebirges. Der besagte Vulkan soll den Namen Tombu tragen. Allerdings konnte ich ihn nicht exakt ausfindig machen.
Mit diesen Informationen sollten wir die Teile der Krone finden und sie wieder zusammensetzen können. Alles wird gut werden.
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