Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
fragen: »Bin ich der einzige Tölpel, der nichts bemerkt?«
Noïrun schüttelte lächelnd den Kopf. »Nur die Garde, die du als Schar kennst und die mich begleitet hat, wusste während der Reise Bescheid. Morwen hat sich zwar als Gardistin verraten, aber du konntest natürlich noch nicht die Zusammenhänge erkennen. Selbst innerhalb dieses Lagers ist es nur wenigen bekannt, dass Noïrun und der Heermeister identisch sind. Ich ließ den Heermeister bisher nur ab und zu in der Schlacht auftreten, stets mit Helm und geschlossenem Visier. Aber jetzt soll Femris es ruhig wissen.« Er hob den Becher und trank ihn in einem Zug leer. »Ich bin froh, dass wir diese Reise so gut und erfolgreich überstanden haben und endlich hier sind. Es ist wie eine Heimkehr für mich.«
Rowarn schenkte ihm nach. »Aber ... warum bist du selbst auf Rekrutensuche gegangen?«
»Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Wir sind in einer verzweifelten Lage, Rowarn«, antwortete der Fürst. »Mein Wort verleiht einer Bitte um Unterstützung mehr Gewicht. Und durch Königin Ylwas letzten Willen war ich ohnehin verpflichtet, nach Inniu zu gehen. Nun haben wir Verstärkung, und das gerade rechtzeitig. Wenn wir Glück haben, können wir Femris den Splitter abnehmen, bevor seine eigene Verstärkung eingetroffen ist. Hoffen wir, dass die Zwerge sie unterwegs wenigstens aufhalten und dezimieren konnten. Jedenfalls durfte niemand wissen, dass der Heermeister während der letzten Zeit überhaupt nicht anwesend war. Weder unsere Seite noch die des Feindes.«
Rowarn schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. »Ich bin ... immer noch wie erschlagen.«
Noïrun warf sich einige weitere Beeren in den Mund. »Ich dachte, es freut dich, so gut mit dem Heermeister zu stehen. Damit dürften alle Befürchtungen auf einen Schlag wie weggeblasen sein.«
Da musste Rowarn doch lachen, und Noïrun stimmte in sein Gelächter ein.
Gleich darauf wurde der Fürst wieder ernst. »Uns wird nur eine kurze Ruhepause gegönnt. Wir müssen bald handeln.« Er nahm die Beine vom Tisch und beugte sich vor. »Kommen wir gleich zu einer Sache, die ich nicht aufschieben will, Rowarn. Ich möchte dir gern ein Kommando geben.«
Rowarn war platt. »Mir? Jetzt schon?«
»Ja. Eine Einheit von hundert Mann, die du dir selbst zusammenstellst. Reiterei. Bilde sie für spezielle Einsätze aus.« Der Fürst schenkte sich selbst den dritten Pokal ein und Rowarn den zweiten. Dann belud Noïrun einen Teller mit diversen Kleinigkeiten und griff zu.
So weit war Rowarn noch nicht, obwohl ihm der Magen knurrte. Aber zuerst musste er über eine Menge Dinge nachdenken. »Danke für das Vertrauen«, sagte er leise.
»Dachtest du, ich hätte keinen Hintergedanken, als ich dir meine ganze Aufmerksamkeit in einer besonderen Ausbildung widmete?« Der Fürst nagte einen kalten Hühnerschenkel ab und spülte mit Wein nach. »Sei nicht naiv, Rowarn. Du bist bei den Velerii aufgewachsen, in dir musste mehr stecken als in anderen, das war mir von Anfang an klar. Und du hast dich als äußerst talentiert und vor allem sehr anpassungsfähig erwiesen. Nicht zuletzt verdanken Morwen und auch ich dir unser Leben. Dabei bist du noch keine einundzwanzig. So gut war nicht mal ich in dem Alter, obwohl ich es inzwischen immerhin bis zum Heermeister gebracht habe.« Er grinste ein wenig schief. »Offensichtlich bin ich ein besserer Krieger als Herrscher, denn als Fürst habe ich ziemlich versagt, wenn man es genau nimmt.« Er stieß einen kurzen, trockenen Laut aus. »Fürst Ohneland, fürwahr, ein edler Titel.«
Rowarn war nicht nach Scherzen zumute, auch wenn sie auf Noïruns Kosten gingen. Er war völlig durcheinander. Aber er wusste auch, dass der Fürst eine Entscheidung erwartete, und zwar sofort. »Wenn ich offen sprechen darf ...«
Noïrun hob die Brauen. »Natürlich.«
»Ich möchte kein Kommando«, sagte Rowarn. Er hatte sich diesen Satz vorher genau überlegt und war fest entschlossen, ihn ruhig und gelassen vorzubringen. »Jetzt noch nicht. Stattdessen möchte ich ... einen Platz in deiner Garde.«
Nun war es an Noïrun, erstaunt zu sein.
Rowarn fuhr fort: »Der Ehrenplatz an deiner linken Seite gebührt Olrig. So vermessen würde ich niemals sein, darum zu bitten. Aber ich bitte um die rechte Seite.«
» Neben mir«, sagte Noïrun.
»Ja«, antwortete Rowarn.
»Wo nicht einmal Morwen steht, die hart um ihren eigenen Platz kämpfen musste und ihn erst vor einem Jahr erhielt.«
»Ja«,
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