Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
ersten Fall von Ardig Hall suchte Femris nach Soldaten, und ich war einer von ihnen«, begann er. »Ich hatte gerade mein Auge verloren, was meine Geschichte unterstrich, dass ich nicht auf der Verliererseite stehen wollte. Femris’ damaliger Heermeister nahm mich an. Nach einer Weile hielt er es für eine gute Idee, mich als Spitzel arbeiten zu lassen. Da ich zu Ardig Hall gehört hatte, konnte ich die magische Barriere weiterhin durchschreiten, wie er wusste. Noïruns Plan ging damit auf, und ich konnte ungehindert zwischen beiden Seiten wechseln. So wusste Noïrun immer, welche Verräter in Femris’ Diensten standen, wenn ich sie auf der anderen Seite wiedertraf. Und ich versorgte den Heermeister der Dubhani mit ausreichend Informationen, die ihn nicht misstrauisch werden ließen, uns aber nicht schadeten.«
Rowarn wurde schwindlig. »Ich verstehe das alles nicht mehr«, flüsterte er. »Wem kann ich denn noch trauen?«
»Baumäffchen«, sagte Olrig sanft. »Das weißt du doch.« Dann packte er Rowarn und presste ihn an seine breite Brust. »Nun lass dich endlich begrüßen, Junge! Wir waren sehr in Sorge um dich, und ich bin glücklich, dich so wohlauf zu sehen, und temperamentvoll wie immer!«
Rowarn konnte sich noch nicht recht entspannen, doch allmählich setzte sich die Freude durch, Olrig und Noïrun gesund wiederzusehen. Die beiden sahen ziemlich verstaubt und müde aus, Rüstungen und Kleidung brauchten ordentliche Pflege, aber ansonsten waren sie in bester Verfassung.
Der Fürst schnitt ihm das Wort ab, als er sich verlegen entschuldigen wollte: »Du siehst prächtig aus, Rowarn.« Das Grün seiner Augen vertiefte sich, als er den jungen Ritter lächelnd, mit einem Ausdruck der Erleichterung, musterte. »Lasst uns ins Haus gehen, wo vermutlich bereits Bewirtung auf uns wartet. Meine staubige Kehle dürstet nach einem kühlen Schluck Bier, und dann wirst du uns alles erzählen, bis ins kleinste Detail.« Er ging mit dem Kriegskönig voran.
Als Rowarn ihnen folgen wollte, hielt Ragon ihn auf. »Rowarn. Alles, was ich in der Schlucht gesagt habe, war gelogen«, sagte er ernst. Dann hob er die Augenklappe, und Rowarn schluckte, als er die furchtbare Narbe sah. »Dies hier habe ich den Dubhani zu verdanken. Ich wurde damals kurz vor der Vernichtung von Ardig Hall gefangen und von einer Handvoll Warinen verschleppt. Sie folterten mich und rissen mir das Auge mit bloßer Hand aus, um ihren Sieg zu feiern und sich ein bisschen Spaß abseits der strengen Augen des Heermeisters zu gönnen. Noïrun kam in der Nacht hinter die feindlichen Linien. Ich weiß nicht, warum er das getan hat, und wie er mich fand. Er war ganz allein, und er tötete meine Peiniger im Verlauf weniger Herzschläge. Sie kamen nicht einmal zur Gegenwehr. Anschließend brachte er mich in Sicherheit und vertraute mich den besten Heilern an. Ich verdanke ihm mein Leben.«
Rowarn fühlte sich plötzlich schuldig. »Tut mir leid«, stieß er hervor.
»Unsinn«, sagte Ragon. »Wie hättest du es wissen sollen? Während unserer letzten Schlacht, kurz vor dem Ende, als Noïrun bereits erkannte, dass uns nur die Flucht bleiben würde, befahl er mir, auf dich zu achten. Er ahnte wohl schon, dass du in Gefangenschaft geraten würdest. Ich kam vor dir in der Splitterkrone an und habe dann darauf geachtet, dass dir kein Leid geschieht. Es tut mir leid, dass ich dich trotzdem schlagen und beschimpfen musste, aber besser ich als ein anderer. Ich durfte dir nichts sagen, das musst du verstehen.«
»Natürlich.« Das Bild fügte sich zusammen und klärte sich. Es stimmte. Immer, wenn es gefährlich wurde, war Ragon zur Stelle gewesen. Und solange Rowarn aufrichtig an den Verrat glaubte, waren sie beide sicher.
Dem jungen Ritter war elend zumute. Selbst im größten Chaos noch hatte Noïrun an ihn gedacht. Hatte dafür gesorgt, dass ein Freund in seiner Nähe war. Ragon hatte ein erhebliches Risiko auf sich genommen, wofür er ihm danken musste. Das wollte Rowarn auch tun. Eines Tages, sobald er in der Lage dazu war, ihm wieder unbefangen zu begegnen. »Warum tut Noïrun das?«, flüsterte er.
»Frag ihn das am besten selbst, Rowarn«, versetzte Ragon. »Er wird es dir nicht von sich aus sagen, solange du nicht darüber reden willst.«
»Und was glaubst du?« Rowarn sah Ragon direkt an.
»Ich weiß nicht, ob man dafür besondere Gründe braucht. Warum hat er unnötigerweise sein Leben riskiert und mich gerettet? Er kannte mich nicht einmal, ich
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