Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
wohin. Das ist das Vorrecht der weltlich Geborenen. Aber du kannst niemals weglaufen. Du bist in Ishtrus Traum, und du kannst ihn nicht verlassen, nur weil du dich schuldig fühlst oder schämst.«
Er langte über den Tisch, zog die einzelnen Bündel zu sich und band sie mit anderen Kräutern zu Sträußen zusammen. Genau so, wie er es von Schneemond gelernt hatte. »Wie viel weißt du über mich ... und Angmor?«
»Nur das, was ich sehe«, antwortete sie.
»Und was siehst du?«
»Ich kenne sein Gesicht. Ihr habt dieselben Augen.«
Er schluckte. »So eisglühend?«
»Natürlich nicht«, versetzte sie. »So außergewöhnlich.«
Rowarn zuckte zusammen, als Arlyn sich plötzlich über den Tisch streckte und ihre Hand auf seinen Arm legte. Ihre Berührung war weich, sie durchfloss ihn wie ein warmer Strom in eisiger Kälte. Wenn sie ihn doch nie mehr loslassen würde!
»Deine Haut hat den Glanz des Meeres«, flüsterte sie. »Dort, wo sich Sonne und dunkle Tiefe trennen.«
Sie zog die Hand zurück, stand auf und holte einen Korb, in den sie die Kräutersträuße legte. »Wann werdet ihr aufbrechen?«, fragte sie.
»Ich weiß noch nicht genau«, murmelte er. »In ein paar Tagen, nehme ich an. Wir sind schon viel zu lange hier.«
»Dann werde ich auch packen.«
»Du ... du willst mit?« Er fuhr hoch. »Aber Arlyn, das geht nicht!«
»Er hat mich darum gebeten«, erwiderte sie gleichmütig und stellte den Korb neben der Seitentür ab. Dann fing sie an, die Flaschen in die Regale zu sortieren.
»Angmor? Aber ... warum?«
»Weil er mich braucht«, sagte sie geduldig. »Während seiner Anfälle erleidet er inzwischen unerträgliche Schmerzen, die nur ich ihm lindern kann. Der Preis seiner Gabe: Er wird blind, Rowarn.«
Das machte ihn betroffen, und er sank wieder zurück, in sich zusammen. »Er sagte mir, dass es lediglich zeitweise ...«, setzte er an, doch sie schüttelte den Kopf.
»Das war einmal. Wenn er seine Gabe nicht mehr einsetzen würde, könnte das sein Augenlicht retten. Aber du weißt ebenso wie ich, dass er das nicht kann. Also werde ich ihn begleiten und versuchen, das Unvermeidliche so lange wie möglich hinauszuzögern.«
»Also gut.« Schon wieder so viele Dinge auf einmal, über die er nachdenken musste; kaum dass sich ein Knoten gelöst hatte. Rowarn wollte sich erheben, doch plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen, rutschte neben dem Schemel auf die Holzbohlen und klammerte sich verwirrt am Tischbein fest. Es kam ihm so vor, als befände er sich bei starkem Wellengang auf dem Meer. Alles drehte sich um ihn. Als er wieder versuchte, hochzukommen, schaffte er es nicht. »Was ist ...«, begann er verstört.
Arlyn schob nacheinander die Riegel vor die Türen und kam zu ihm. Sie kniete bei ihm nieder und sah ihn an. »Rowarn ...«, sagte sie leise. »Es wird Zeit, dass du mit mir sprichst.«
»Wo- worüber denn ...«, keuchte er. Seine Zähne fingen an zu klappern, der Schweiß brach ihm aus, und er bekam Schüttelfrost.
»Dein Zusammenbruch ist da«, antwortete sie sanft. »Es ist so weit. Lange genug mussten wir darauf warten. Ich glaube, nicht einmal Noïruns Wille ist so stark wie deiner.«
»Nein ... nein ...« Er versuchte wiederum aufzustehen, aber er hatte keine Kraft mehr in den Beinen. Vielmehr, sie waren gar nicht mehr da. Seine Augen flackerten. »Es ist nicht ... mir fehlt nichts ...«
»Ich habe gesehen, was Heriodon meiner Mutter antat«, unterbrach Arlyn. »Ich sehe in deinen Augen, was er dir zugefügt hat. Ich weiß, was du durchmachst. Aber wir können ihn gemeinsam aus deinem Kopf entfernen und seine Macht für immer verbannen. Du musst aufhören, dich dessen zu schämen. Rede mit mir darüber. Lass mich dir helfen.«
Er wollte sie abwehren, doch sie legte ihre feingliedrigen, gleichwohl kräftigen Hände an sein Gesicht und zwang ihn, sie anzusehen. » Jetzt .«
Rowarn schlotterte am ganzen Leib. Er starrte in ihre schwarzblauen Augen, sah, wie ihre goldene Pupille sich erweiterte, ihn einsaugte. Dann verlor er endlich die Beherrschung. Er schlang die Arme um Arlyn, klammerte sich zitternd an ihr fest, und alles strömte aus ihm heraus.
Als Rowarn wieder zu sich kam, lag sein Kopf in Arlyns Schoß gebettet. Er spürte ihre Fingerspitzen, die zart seine Stirn streichelten. Sie befanden sich immer noch in der Kräuterkammer, die Kerzen waren ein Stück weiter heruntergebrannt, und draußen lag der Himmel so grau da wie zuvor.
Er wusste nicht, wie viel
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